Künftig können Auftraggeber auch beim BGB-Bauvertrag Änderungen einseitig  anordnen.

Künftig können Auftraggeber auch beim BGB-Bauvertrag Änderungen einseitig anordnen. (Foto: © Tatiana Badaeva/123RF.com)

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"Beim Anordnungsrecht wird’s schattig!"

Im Gespräch mit Rechtsanwalt Alexander Kostka, Geschäftsführer der Bauverbände Westfalen, geben wir einen Ausblick auf wichtige Änderungen, die das neue Bauvertragsrecht mit sich bringt.

Das heftig umkämpfte "Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung" wirft seine Schatten voraus: Ab dem 1. Januar 2018 gilt es für alle neu geschlossenen Verträge. Rechtsanwalt Alexander Kostka, Geschäftsführer der Bauverbände Westfalen, erklärt die wichtigsten Neuerungen.

DHB: "Roter Teppich fürs Handwerk", so betitelt die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 28. März 2017 die Reform des Bauvertragsrechts und der kaufrechtlichen Mängelhaftung. Hat die Politik dem Handwerk den roten Teppich ausgerollt?
Kostka: Nein, es war umgekehrt. Das Baugewerbe hat die Reform des BGB-Werkvertragsrechts genutzt, um die Politik für Verbesserungen zu gewinnen. Allem voran ist die Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung zu nennen. Künftig haftet der Verkäufer bei mangelhaftem Material dem Handwerker  gegenüber auch für die Aus- und Einbaukosten, unabhängig von einem Verschulden. Diese verschuldensunabhängige Haftung ist im deutschen Recht eine absolute Rarität. Das ist ein Erfolg für das Handwerk. Über diesen roten Teppich sind wir gern gegangen.

DHB: Die künftige Haftung, heißt es aber, sei nicht "AGB-fest". Was bedeutet das?
Kostka: Wir erwarten, dass die Hersteller und Händler in ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen einen Haftungsausschluss aufnehmen. Das zwingt uns zu einer Klärung vor Gericht, weil der Gesetzgeber darauf verzichtet hat, festzulegen, dass eine Änderung der kaufrechtlichen Haftung durch AGB unzulässig ist. Das meint man mit "AGB-Festigkeit". Ich bin aber zuversichtlich, dass die Durchsetzung des neuen Handwerkerrechts vor den Gerichten gelingen wird.

DHB: Wo liegen weitere Schwerpunkte der Reform?
Kostka: Im Werkvertragsrecht. Das ist vor allem für die Bauwirtschaft bedeutend. Wir bekommen etwa kleinere Änderungen bei der Abnahme und den Abschlagszahlungen, und wir bekommen mit dem "Bauvertrag" und dem "Verbraucherbauvertrag" zwei spezialgesetzliche Vertragstypen, die es vorher im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) gar nicht gab. Wir haben zwar schon immer vom "Bauvertrag" gesprochen, aber als Gesetz gab es ihn nicht. Jetzt ist er im BGB definiert mit einer Reihe neuer Regeln. Zum Beispiel braucht es im BGB-Bauvertrag künftig eine prüffähige Rechnung, allerdings ohne die 30-tägige Prüffrist, wie sie die VOB/B noch vorsieht. Das wird auch in die VOB/B hineinwirken, zum Vorteil der Auftragnehmer. Es gibt Licht und Schatten. Die neue Möglichkeit der Abnahme zum Beispiel wird dem Bau guttun. 

DHB: Was hat es mit der neuen, zusätzlichen Regelung zur Abnahme auf sich?
Kostka: Der Unternehmer setzt dem Kunden eine Frist zur Abnahme. Das kennen wir: Oftmals hört man dann vom Auftraggeber nichts mehr, vor allem wenn es zuvor Streit gab. Der Auftraggeber rührt sich nicht. Der Handwerker klagt darauf seine Vergütung ein, ohne zu wissen, welche Mängelrügen vor Gericht nachgeschoben werden. So ein Prozess ist ein Griff in die Wundertüte. Das neue Gesetz zwingt den Auftraggeber, sich zu äußern. Er muss die Abnahme erklären oder wenigstens einen Mangel rügen. Tut er das nicht innerhalb der Frist, gilt das Werk als abgenommen.

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DHB: Was passiert, wenn der Auftraggeber einen Mangel rügt?
Kostka: Dann hilft die neue "Zustandsfeststellung". Das entspricht in etwa dem Recht auf eine förmliche Abnahme. Das heißt, der Unternehmer fordert den Auftraggeber auf, den Mangel gemeinsam anzuschauen. Bleibt der Auftraggeber dem Termin fern, stellt der Unternehmer allein den Zustand fest. Beschädigt anschließend ein Folgegewerk seine Arbeiten, ist er aus der Haftung raus. Das hat praktische Relevanz: Denken wir nur an eine Beschädigung des Bodenbelags durch den nachfolgenden Maler oder andere Gewerke. Die neue Abnahme und die Zustandsfeststellung verlagern diese Gefahr künftig auf den Bauherren.

DHB: Was hat es mit dem neuen Anordnungsrecht auf sich?
Kostka: Jetzt wird’s schattig. Künftig darf der Auftraggeber auch im BGB-Bauvertrag Änderungen anordnen, wie wir es aus der VOB/B kennen. Der Unternehmer muss zwingend ein Nachtragsangebot vorlegen. Kommt ein Einvernehmen über das Angebot nicht innerhalb von 30 Kalendertagen zustande, kann der Bauherr die Änderung anordnen – und der Auftragnehmer muss dem folgen.

DHB: Wo bleibt die Vergütung?
Kostka: Auch ohne Einigung über den Nachtrag kann der Handwerker Abschlagszahlungen fordern, und zwar in Höhe von 80 Prozent seines Angebotes über die geänderte Leistung. Dieser Anspruch ist übrigens AGB-fest und darf nicht ausgeschlossen werden! Unklar ist, was bei Leistungskürzungen und Minderleistung passiert. Wickeln wir das dann als Teilkündigung ab, wie bisher, oder über das neue Anordnungsrecht? Das Anordnungsrecht bietet da Vorteile. Der Gesetzgeber hat nämlich noch eine Leitplanke eingezogen: Beide Parteien können in einem gerichtlichen Eilverfahren die Höhe der Vergütung klären lassen. Das kennt die VOB/B nicht. Hier bietet das neue BGB eine Abkürzung. Schon während der Bauphase kann eine Klärung herbeigeführt werden. Positiv ist dabei die bundesweite Einführung von Baukammern bei den Landgerichten. Das forderte das deutsche Baugewerbe seit Jahren. Bauprozesse werden gestrafft, wenn speziell zuständige Richter entscheiden.  

Checkliste: Welche Neuerungen bringt das Bauvertragsrecht?

Eine Auswahl nach Stichworten:

Abnahmefiktion

Der Unternehmer kann nach Fertigstellung des Werks dem Bauherrn eine angemessene Frist zur Abnahme setzen. Verweigert dieser die Abnahme, ohne einen Mangel zu nennen, oder schweigt er,, dann gilt nach Fristablauf die Abnahme als erteilt. Die Fiktion entfällt, wenn der Besteller fristgerecht auch nur einen Mangel rügt. Verbraucher müssen hierauf in Textform hingewiesen werden, am besten gleich mit dem Abnahmeverlangen.

Anordnungsrecht

Künftig darf der Auftraggeber auch im BGB-Bauvertrag Änderungen anordnen. Der Auftragnehmer muss zwingend ein Nachtragsangebot vorlegen. Ohne Einigung über den Nachtrag kann der Handwerker bis zur weiteren Klärung Abschlagszahlungen in Höhe von bis zu 80 Prozent der geänderten Leistung fordern. Dieser Anspruch darf nicht ausgeschlossen werden.

Baubeschreibungspflicht

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Beim Neubau und bei dementsprechend erheblichen Umbaumaßnahmen mit Verbrauchern (Verbraucherbauvertrag) muss der Auftragnehmer einen verbindlichen Fertigstellungstermin nennen. Steht der Beginn der Baumaßnahme noch nicht fest, muss die Dauer der Baumaßnahme angegeben sein. Hinzu kommen Informations- und Dokumentationspflichten. Die Eigentümergemeinschaft Haus und Grund gibt hierzu in Kürze mit dem Zentralverband Deutsches Baugewerbe einen aktualisierten Schlüsselfertigbauvertrag heraus.

Verbraucherbauvertrag

Der gesetzliche Anspruch auf Sicherheitsbürgschaft für den Werklohn ist hier ausgeschlossen. Der Unternehmer kann aber das Recht auf diese Sicherheit in seine AGB aufnehmen. Bis zu 100 Prozent des Werklohnes sind jedoch nur ohne Abschlagszahlungen absicherbar. Sofern es Abschlagszahlungen gibt, darf diese Bürgschaft maximal die Höhe haben, die der nächsten Abschlagszahlung entspricht oder 20 Prozent des Werklohns.

Die gesetzliche Bauhandwerkersicherungshypothek ist davon nicht berührt.

Widerrufsrecht

Ab 2018 haben Verbraucher beim Neubau und bei dementsprechend erheblichen Umbaumaßnahmen ein Widerrufsrecht, wie wir es für andere Dienstleistungen kennen, allerdings mit ein paar Abweichungen: Das Widerrufsrecht gilt hier unabhängig von der Situation des Vertragsschlusses. Das gesetzliche Muster der Widerrufsbelehrung weicht vom bekannten Verbraucherwiderruf außerhalb geschlossener Geschäftsräume ab. "Das ist nicht anwenderfreundlich", mein Rechtsanwalt Alexander Kostka, "allerdings ist es über diesen gesetzestechnischen Sonderweg gelungen, dass im Verbraucherbauvertrag bei Widerruf immer Wertersatz zu leisten ist – aber eben nur dort, nicht bei anderen Verbraucherverträgen."

Zustandsfeststellung

Verweigert der Bauherr die Abnahme, kann der Unternehmer dessen Mitwirkung an einer gemeinsamen Zustandsfeststellung verlangen und dazu einen Termin festsetzen. Nimmt der Bauherr nicht teil, stellt der Auftragnehmer alleine den Zustand fest. Danach entfällt seine Haftung für Folgeschäden.

Text: / handwerksblatt.de

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