Heitere Gesellschaftssatire
Das Handwerk sitzt in vielerlei Hinsicht mit im Boot, wenn 2019 der Komponist Jacques Offenbach 200 Jahre alt wird. In Köln würdigt man ihn mit mehr als 200 Veranstaltungen und einem Buch.
Kennen Sie "Die Rose von Saint-Flour"? Nein? Oder "Die Hanni weint – der Hansi lacht"? Auch nicht? Sehr schlecht! Denn in diesen Operetten von Jacques Offenbach finden Sie Handwerker in Hauptrollen. Einen Schuhmacher und einen Kupferschmied in der ersten, einen Müller in der zweiten.
2019 können Sie Ihre Bildungslücke füllen, denn Köln feiert den 200. Geburtstag von Jacques Offenbach mit über 200 Veranstaltungen in der Stadt und über ihre Grenzen hinaus. Den Auftakt machte eine Offenbachiade als Neujahrskonzert des Gürzenich Orchesters in der Kölner Philharmonie am 6. Januar. Und wenn Sie gern auf dem heimischen Sofa schmökern, empfehlen die Gründer der im Dezember 2015 entstandenen Kölner Offenbachgesellschaft ein gerade erschienenes, sehr kurzweiliges Buch über den Komponisten.
Sein Vater war Buchbinder
Aber nun erstmal der Reihe nach: Jacques Offenbach wurde 1819 in Köln als Sohn eines jüdischen Buchbinders geboren. Vater Isaac hatte eine erhebliche musikalische Bildung und so viele Fertigkeiten, dass er zunächst als Geiger in Kneipen und auf Veranstaltungen aufspielte, bevor er eine Buchbinderei eröffnete, um seine kleine Familie zu ernähren. Ganz sein lassen konnte er Musik trotzdem nicht, sein damaliger Arbeitsalltag als Handwerker mündete denn auch in das Singspiel "Der Schreiner in seiner Werkstatt".
Als Jakob zur Welt kam, lebte der Vater bereits wieder von der Musik, komponierte, gab Unterricht und wurde Kantor in seiner jüdischen Gemeinde. Auch seinen Kindern bot er Musikunterricht, Jakob lernte zunächst Geige und entdeckte dann seine Liebe zum Cello. Hausmusik war in der Familie selbstverständlich, auch Musik in den Kneipen und Cafés der Stadt wurde für Jakob zur Regel.
Platz am Konservatorium in Paris
Für eine bessere Ausbildung verschaffte Isaac Offenbach seinem Sohn Jakob und dessen Bruder Julius schließlich Plätze im Konservatorium in Paris. Dort fasst Jakob Offenbach Fuß, nennt sich Jacques und heiratet eine katholische Spanierin, für die er konvertiert. Er spielt als Cellist in Orchestern und komponiert Operetten, Salonstücke für Celli und vieles mehr. Zeitweilig kehrt er nach Köln zurück und unternimmt viele Reisen ins nahe und ferne Ausland, verbringt aber seinen Lebensabend wieder in Paris.
Ein wenig bekannter Sohn der Stadt
Ein großer Sohn der Stadt Köln ist Jacques Offenbach, "aber leider zu wenig bekannt", bedauert Franz-Josef Knieps, den Lesern dieser Zeitung gut bekannt als Bäcker- und Konditormeister und langjähriger Handwerkskammerpräsident. Im Kölner Kulturausschuss tätig, erfuhr Knieps bereits 2015 vom Jubiläumsjahr und dass es in Köln keine Offenbachgesellschaft gab. "Wir haben schnell eine gegründet", erinnert er sich, "und begonnen, ein Jubiläumsjahr vorzubereiten."
Der Musikliebhaber kannte Offenbachs Musik "in einem überschaubaren Rahmen mit nicht viel mehr als der Baccarole und dem Can Can", schmunzelt er. Seine Beziehung zu Offenbach sei erst in den letzten zwei Jahren so richtig gewachsen.
Leichtigkeit in den Kompositionen
"Vor allem die Leichtigkeit in seinen Kompositionen habe ich schätzen gelernt." 2016 organisierte die Gesellschaft dann fünf Aufführungen im Volkstheater am Rudolfplatz, in denen zehn Musiker, eine Sängerin und zwei Sänger einen Querschnitt der bekanntesten Stücke Offenbachs präsentierten. Unter dem Titel "Ich Offenbach" moderierte Herbert Feuerstein die sehr gut besuchten Vorstellungen.
Ganz der Konditormeister, hat Knieps zudem gemeinsam mit der Meisterschule in der Kölner Handwerkskammer eine Offenbach-Nougat-Praline kreiert, die es im Kölner Café Riese bereits zu kaufen gibt.
Kurzweiliges Buch über den Komponisten
Große Verdienste hat sich Knieps auch um das Buch "Jacques Offenbach – Meister des Vergnügens" erworben. Die Idee, ein solches Werk zu schaffen, hatte man im Vorstand entwickelt. Knieps knüpfte die Verbindung zur Verlagsanstalt Handwerk und fand in dem Autor Heiko Schon einen idealen Partner. Heiko Schon kennt sich aus in diesem Genre, schrieb er doch bereits das Buch "Verachtet mir die Meister nicht" mit dem Untertitel "Das Handwerk auf der Opernbühne" in der Reihe "Geschenkbuch".
Mit dem humorigen Offenbach-Buch aus der Feder des ausgewiesenen Musikexperten erschließt sich dem Leser die ganze Welt Jacques Offenbachs, beileibe nicht nur seine Musik. Da gibt es Kapitel "Jacques Offenbach und die Spuren am Rhein", "Jacques Offenbach und die Frauen" oder "Jacques Offenbach und der Schwips". Immer werden dazu Werke skizziert – keines der 101 Bühnenwerke des Komponisten lässt Schon aus –, mit ihrem Inhalt, ihrem Hintergrund und ihren stärksten Nummern. Der Leser lernt auf amüsante Weise viel über Offenbach, sein Leben, seine Geisteshaltung und seine Kompositionen.
Leben in drei Welten
Deutlich wird sein Leben zwischen den Welten des Rheinlands, Frankreichs und des Judentums – zuweilen eines zwischen allen Stühlen. Und plastisch wird seine Kunst, die stets mit Witz und Ironie, aber auch mit Tiefgang und Gesellschaftskritik daherkommt. Da zeigen sich Offenbachs rheinische Wurzeln. "Die Samen, die in Paris keimten, kommen aus Köln", ist Schon überzeugt.
Mit einer Offenbachiade gaben Franz-Xavier Roth und das Gürzenich Orchester den Auftakt. Foto: © Holger TalinskiIn Köln sind alle wichtigen Kulturschaffenden mit im Boot, um ein spannendes Jubiläumsjahr zu gestalten, die Oper, das Gürzenich Orchester, der WDR, die Philharmonie. Aber auch das Hänneschen, das Divertissementchen und die kleinen Theater. Selbst die Kölner Lichter bringen ihr Feuerwerk zu Melodien Offenbachs, und der Karneval macht auch mit. Denn der spielte in Offenbachs Kölner Zeiten eine große Rolle. "Am Schluss des Jahres 2019 werden wir einen Schlüssel übergeben", verrät Knieps. "Wir werden ihn in Anwesenheit von Oberbürgermeisterin Henriette Reker, dem Bonner Oberbürgermeister Ashok-Alexander Sridharan und vielen Gästen auf einem Schiff und mit einem Einakter von Offenbach nach Bonn bringen. Denn dort eröffnet man dann das Beethovenjahr 2020."
Alle Infos zum Kölner Offenbach-Jahr finden Sie auf der Homepage.
Text:
Dr. Bettina Heimsoeth /
handwerksblatt.de
Kommentar schreiben