Kia EV6: Koreanischer Schnell-Lader
Mit dem neuen Kia EV6 präsentieren die Koreaner ihren ersten Stromer, der schnell laden kann und auch lange Reisen nicht scheut. Wie sich der futurische Fünftürer bewährt, klärt der Test.
Wer bei Kia auf der Suche nach alternativen Antrieben ist, wird schnell fündig. So bietet die koreanische Hyundai-Tochter neben Hybriden und Plug-in-Hybriden auch eine Reihe an rein elektrisch betriebenen Modellen an. Jüngster Zugang unter den Stromern ist der neue Kia EV6. Er ist der erste Kia, der auf der neuen rein elektrischen E-GMP-Plattform steht und mit 800 Volt-Systemleistung seine Batterien wieder sehr schnell befüllt.
Dank seiner schnellen Ladetechnik bunkert der Kia in nur 20 Minuten Strom für rund 400 Kilometer und kommt mit einer vollen Ladung bis zu 528 Kilometer weit. Daher eignet sich der Koreaner auch für die Langstrecke und spielt in der Champions League auf dem Niveau eines Porsche Taycan oder den Modellen von Tesla ganz weit oben mit. Nur nicht beim Preis. Der ist mit gerade einmal 37.807 Euro (alle Preise netto) beim Kia schließlich um einiges günstiger als bei seiner ebenfalls eilig ladenden Konkurrenz. Zieht man noch die Umweltprämie von insgesamt 9750 Euro ab, wechseln für den erschwinglichen EV6 sogar nur noch 28.057 Euro über den Ladentisch.
Der Koreaner kommt bis knapp über 500 Kilometer weit
Der Kia EV6 ist ein erschwingliches Elektroauto. Foto: © KiaAngeboten wird der coupéförmige Koreaner, der mit dem Schwestermodell Hyundai Ioniq 5 übrigens baugleich ist, in verschiedenen Leistungsklassen. Während das günstige Basismodell mit einem 125 kW (170 PS) starken Elektromotor im Heck sowie einem 58 kWh Akku startet, liegt der Preis für unseren Testwagen bei 44.445 Euro, beziehungsweise knapp 34.700 Euro nach Abzug des Umweltbonus. Im Upgrade enthalten sind neben einem serienmäßigen Allradantrieb mit gleich zwei E-Motoren außerdem noch eine Leistungssteigerung auf 239 kW (325 PS) sowie ein größeres Speicherdepot mit einer Kapazität von 77,4 Kilowattstunden.
Die maximale Reichweite der kräftigeren Variante liegt bei 506 Kilometern. Um es jedoch vorwegzunehmen: Diesen Wert haben wir bei unserem Wintertest nicht geschafft, da die bekanntermaßen kühlen Temperaturen am Aktionsradius der Batterien zehren. Im Schnitt lag die Reichweite unseres Testwagens zwischen 350 und 390 Kilometern, was aber aufgrund der frostigen Jahreszeit noch völlig in Ordnung ist. Unter solchen widrigen Bedingungen haben letztendlich alle Elektrofahrzeuge, auch die von anderen Mitbewerbern, zu leiden.
Veganer Innenraum mit jeder Menge Platz
Die Sitze tragen tierfreis Leder, am Cockpit gibt es recycelte Getränkeflaschen. Foto: © KiaIn seinem Innern präsentiert sich der Kia nachhaltig. Die Sitze sind nicht nur bequem, sondern auch mit tierfreiem Leder bespannt und das Cockpit trägt Dekorelemente aus recycelten PET-Flaschen. Das schont nicht nur die Ressourcen, sondern sieht außerdem recht schick aus. Der Fahrer blickt auf zwei hochauflösende 12,3 Zoll-Bildschirme, die zu einer optischen Einheit zusammengefasst sind. Während der linke Monitor alle wichtigen Informationen wie Geschwindigkeit und Restreichweite darstellt, dient der rechte für das Multimediasystem. Schön, dass Kia hierbei noch an genügend Schalter gedacht hat und die Funktionen, wie inzwischen oftmals üblich, nicht ins Display verfrachtet hat. Bedient wird das Infotainment gewissermaßen über ein virtuelles Bedienfeld, das sich eine Etage darunter befindet. Dabei ändern sich die einzelnen Funktionen per Knopfdruck, entweder für Radio oder Navigation oder um die Klimaeinstellungen aufzurufen. An die logisch aufgebaute Unterteilung hat man sich schnell gewöhnt und die Handhabung erweist sich im Alltag als einfach.
Außerdem bietet der Koreaner ein geräumiges Raumangebot für die Passagiere und rund um die scheinbar freischwebende Mittelkonsole gibt es darüber hinaus reichlich Ablagemöglichkeiten. Zwar fällt der Kofferraumboden aufgrund der im Fahrzeugboden positionierten Akkus recht flach aus, doch nimmt der Kia immerhin 490 Liter an Gepäck mit. Legt man die Rücksitzlehnen um, erweitert sich der Stauraum auf 1.300 Liter. Ein weiteres kleines Staufach befindet sich unter der vorderen Motorhaube. In dem kleinen "Frunk", der bei unserem Allradler gute 20 Liter fasst, kann mühelos das Ladekabel oder Kleinkram verstaut werden. Bei der heckgetriebenen Variante des EV6 gibt es sogar mit 52 Litern etwas mehr Stauraum. Einzig die geringe Zuladung von nur 440 Kilo fällt für einen vollwertigen Fünfsitzer allerdings etwas zu gering aus.
Reichlich Fahrerassistenten, einer ist jedoch übermotiviert
Genug Schalter und Knöpfe lerleichtern im Kia die Bedienung. Foto: © KiaDer EV6 setzt sich mit teils wegweisenden Assistenzsystemen in Szene. Zum reichhaltigen Sicherheitsangebot zählt unter anderem auch ein besonderer Toter-Winkel-Warner: Setzt der Fahrer zum Spurwechsel den Blinker, übertragen Kameras in den Außenspiegeln das Bild auf das digitale Kombiinstrument. Dadurch erkennt man sehr schnell, ob sich fremde Fahrzeuge gerade im toten Winkel befinden. Selbst ganz enge Parklücken sind für den Koreaner ebenfalls kein Problem. Der Kia rollt einfach mittels Fernbedienung ganz galant in sie hinein und natürlich auch wieder hinaus – ohne dass der Fahrer überhaupt hinterm Lenkrad sitzen muss.
Dank dem sogenannten Highway Driving Assist fährt der EV6 zudem teilautonom, beispielsweise auf der Autobahn. Aktiviert der Fahrer den adaptiven Tempomat, hält der Kia automatisch den Abstand zum Vordermann ein und wechselt nach dem Betätigen des Blinkerhebels automatisch die Spur. Das funktioniert in der Praxis prima. Bleibt der Fahrer hingegen in seiner Fahrspur, verliert der übereifrig agierende Lenkassistent die Orientierung und eiert permanent zwischen den Fahrbahnmarkierungen hin und her wie ein Leichtmatrose auf dem Landgang. Dabei kann es empfindlichen Gemütern auch schon mal übel werden. Hier sollte Kia mit einem Software-Update nochmals nachbessern, genauso wie bei der Sprachsteuerung, die Kommandos oftmals nicht versteht und anschließend darum bittet, die Fenster zu schließen, obwohl sie im leise surrenden Kia nicht geöffnet wurden.
Der Kia bereitet viel Fahrspaß
Der Kia fährt sich auch außerhalb der Stadtgrenzen handlich und agil. Foto: © KiaKeine Abstriche müssen dagegen in Sachen Fahrspaß gemacht werden. Trotz seines hohen Gewichts von knapp 2,1 Tonnen fährt sich Kias Stromer ausgesprochen handlich. Die Lenkung folgt präzise ihrem auferlegten Kurs und das Fahrwerk verfügt trotz großer 19 Zoll Räder über einen angenehmen Abrollkomfort. Bei Bedarf geht´s mit dem Kia auch richtig temperamentvoll zur Sache. Die Kraftentfaltung ist schon enorm, da das gewaltige Drehmoment von 605 Nm der beiden Elektromotoren schon ab der ersten Umdrehung zur Verfügung steht.
Bei Bedarf sprintet der Allrad-EV6 in nur 5,2 Sekunden auf Tempo und beindruckt mit einem vehementen Durchzugsvermögen. Die Höchstgeschwindigkeit ist dagegen auf 185 km/h begrenzt. Dann setzt die Bordelektronik einen schützenden Riegel vor, um die elektrische Reichweite nicht unnötig weiter zu strapazieren. Aber was verbraucht der Kia im Schnitt? Die Koreaner geben 17,2 kWh pro 100 gefahren Kilometer an. Bei unserem Test unter vorherrschend kalten Temperaturen und ruhiger Fahrweise waren es dagegen 19,8 kWh. Was einen aber auch nicht wirklich verwundert, da die vielen eingeschalteten Verbraucher mit unter anderem Heizung, Licht und Gebläse nicht nur die Reichweite negativ beeinflussen, sondern auch den Verbrauch.
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Text:
Guido Borck /
handwerksblatt.de
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