Entwurf für das Bürokratieentlastungsgesetz IV liegt vor
Das Justizministerium hat den Referentenentwurf für das vierte Gesetz zur Entlastung der Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie veröffentlicht. Das Handwerk ist enttäuscht. Das Gesetz bringe so keinen spürbaren Bürokratieabbau.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Bürokratiewahnsinn im Handwerk
Das lange vom Handwerk geforderte vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG, Gesetz zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie) nimmt Formen an. Das Bundesjustizministerium hat jetzt den Referentenentwurf für das BEG IV vorgelegt. Laut Ministerium liegt das Entlastungsvolumen bei etwa 682 Millionen Euro jährlich. Der Gesetzentwurf ist Teil des von der Bundesregierung auf ihrer Kabinettsklausur in Meseberg beschlossenen Entbürokratisierungspakets.
"Wir entlasten unsere Unternehmen spürbar von Bürokratie. Denn sie brauchen Abhilfe vom Bürokratie-Burn-out, das sie seit Jahren plagt. Genau daran setzt unser Meseberger Entbürokratisierungspaket an. Damit entlasten wir unsere Unternehmen um mehr als drei Milliarden Euro pro Jahr. Das BEG IV ist Teil dieses Pakets, mit dem wir vor allem gegen die Zettelwirtschaft vorgehen", sagt Justizminister Marco Buschmann (FDP). Er kündigt an, dass der Bürokratieabbau mit dem BEG IV nicht abgeschlossen sei: "Wir werden weiter mit Hochdruck daran arbeiten, Bürgern und Unternehmen das Leben in Deutschland leichter und unbürokratischer zu gestalten."
Stellschrauben neu justieren
Der Koordinator für bessere Rechtsetzung und Bürokratieabbau, Benjamin Strasser, ergänzt: "Der Abbau von Bürokratie verlangt, viele Stellschrauben neu zu justieren. Jedes Ressort der Bundesregierung, aber auch die Länder und Kommunen sind hier gefordert." Bürokratieabbau brauche nicht nur vielfältige Lösungen, sondern auch einen Mentalitätswechsel, besonders auf der Vollzugsebene. Mit dem Gesetzentwurf greife die Regierung einen Teil der Vorschläge aus der im vergangenen Jahr durchgeführten Verbändebefragung auf.
Diese Maßnahmen sind im Gesetzentwurf enthalten
- Aufbewahrungsfristen werden verkürzt: Die handels- und steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege wie Rechnungskopien, Kontoauszüge und Lohn- und Gehaltslisten sollen von zehn auf acht Jahre verkürzt werden. Die Unternehmen können die Belege daher früher als bisher entsorgen und sparen dadurch erhebliche Aufbewahrungskosten.
- Hotelmeldepflicht wird abgeschafft: Die Hotelmeldepflicht für deutsche Staatsangehörige soll abgeschafft werden.
- Schriftformerfordernisse werden reduziert: Im Bürgerlichen Gesetzbuch sollen Schriftformerfordernisse (wie unterschriebener Brief) zur Textform (etwa E-Mail) herabgestuft oder ganz abgeschafft werden, soweit dies angemessen und sachgerecht ist. So soll im Zivilrecht u. a. das Vereinsrecht geändert werden: Mitglieder müssen künftig nicht mehr schriftlich einem Beschluss zustimmen, der ohne Mitgliederversammlung gefasst wurde, sondern können ihre Zustimmung auch in Textform (etwa per E-Mail) erklären. Im Wirtschaftsrecht sollen ebenfalls Erleichterungen kommen: Im GmbH-Recht soll etwa klargestellt werden, dass im Falle der Beschlussfassung der Gesellschafter außerhalb einer Versammlung eine Abgabe der Stimme in Textform genügt, wenn sämtliche Gesellschafter einverstanden sind. Zudem sollen Schriftformerfordernisse im Schuldverschreibungsgesetz sowie im Depotgesetz aufgehoben werden.
- Öffentliche Versteigerungen auch online möglich: Die Möglichkeiten, öffentliche Versteigerungen durchzuführen, sollen erweitert werden. Künftig sollen sie wahlweise auch online per Live-Stream oder in hybrider Form (vor Ort und online) stattfinden können.
- Reisepässe bei der Flugabfertigung sollen künftig digital ausgelesen werden.
- Die Äußerungsfrist bei Öffentlichkeitsbeteiligungen in Zulassungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung, in denen aufgrund von Änderungen des Vorhabens eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit erforderlich ist, soll verkürzt werden können.
Das Handwerk reagiert enttäuscht auf die Veröffentlichung des Gesetzentwurfs. Er bleibe weit hinter den Erwartungen zurück. "In dieser Form leistet er leider keine ausreichende Abhilfe. Das Bürokratieentlastungsgesetz IV kommt viel zu spät und wird trotz des rechnerischen Entlastungsvolumens im Betrieb vor Ort nicht ankommen", erklärt Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks.
"Der Frust im Handwerk ist groß"
Es sei nicht nachzuvollziehen, dass viele Vorschläge, die das Statistische Bundesamt im Rahmen der Verbändeabfrage als leicht umsetzbar eingestuft habe, im Entwurf fehlen. "Längst ist die Bürokratiebelastung, die Belastung durch Dokumentationen und Nachweise, keine lästige Nebensache im Alltag, sondern ein struktureller Zukunftsfaktor im Handwerk." Für viele Handwerker sei die immer größer werdende Belastung der Hauptgrund, sich nicht selbstständig zu machen oder den langjährigen Betrieb aufzugeben.
"Entlastung ist für Handwerksbetriebe dringend notwendig. Der Frust bei den Betrieben ist groß und das Vertrauen in die Gestaltungsfähigkeit der Politik schwindet. Das müssen Politik und Verwaltung endlich verinnerlichen und die Entschlackung der Überregulierung ernsthaft vorantreiben", fordert Schwannecke. "Wenn von Bürokratie-Burn-out gesprochen, zugleich aber kein wirksames Gegenmittel zur Verfügung gestellt wird, zeigt das einmal mehr, dass es kein Erkenntnis-, sondern ein ernstzunehmendes Umsetzungsproblem gibt."
DHB jetzt auch digital!Einfach hier klicken und für das digitale Deutsche Handwerksblatt (DHB) registrieren!
Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
Kommentar schreiben