Ein Dreirad mit Transportbox und elektrischer Tretunterstützung schafft vieles weg. Im Falle des netto 5.289,82 Euro kostenden Calderas One von S-Blocs liegt die Zuladung inklusive Fahrer bei rund 150 Kilo.

Ein Dreirad mit Transportbox und elektrischer Tretunterstützung schafft vieles weg. Im Falle des netto 5.289,82 Euro kostenden Calderas One von S-Blocs liegt die Zuladung inklusive Fahrer bei rund 150 Kilo. (Foto: © brose-ebike.com)

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Zwei-, drei- und vierrädrig: Per Lastenrad zum Kunden

Im innerstädtischen Bereich flitzen immer mehr Lastenräder auf Straßen und Fahrradwegen. Auch Gewerbetreibende haben die flotten Flitzer als Alternative für die Fahrt zum Kunden entdeckt. Wir haben uns umgeschaut, was es auf dem Markt so gibt.

Nein, FDP-Chef Christian Lindner sieht es nicht als Lösung der Verkehrsprobleme "im schneereichen Schwarzwald". Das hatte er noch im November 2021 gesagt, als die Grünen über Förderungen in Milliardenhöhe nachgedacht hatten. 1.000 Euro pro Exemplar waren im Gespräch, den Grünen wie Lindner ging es ums Lastenrad. Das wird mit Sicherheit nicht alle die Umweltprobleme lösen, aber für den ein oder anderen Einsatzzweck im innerstädtischen Verkehr oder für Kurzstrecken könnte das durchaus taugen – und somit auch zur Umweltentlastung beitragen. Lastenräder eignen sich, wie der Name schon sagt, für den Transport von schweren und/ oder voluminösen Lasten, die sich mit einem herkömmlichen Fahrrad kaum oder gar nicht transportieren ließen.

Unbestritten ist: Lastenfahrräder sind angesagt, mit und ohne Elektroantrieb. Und das nicht erst, seitdem die Grünen die Kaufprämie gefordert haben. Was dabei übersehen wird: Schon seit Jahren fördern Kommunen, Land oder auch der Bund dieses Transportmittel mit unterschiedlichsten Programmen, aber mit dem Milliarden-Vorschlag der Grünen hatten die Lastenräder nun endgültig die Aufmerksamkeit der Massenmedien.

Lastenräder: In Großstädten beliebt

Selbst schwere Gegenstände wie etwa ein Wäschetrockner lassen sich mit einem Lastenrad sicher und lokal emissionsfrei transportieren. Foto: © pd-f.de / Kay TkatzikSelbst schwere Gegenstände wie etwa ein Wäschetrockner lassen sich mit einem Lastenrad sicher und lokal emissionsfrei transportieren. Foto: © pd-f.de / Kay Tkatzik

Dabei brummt das Geschäft bereits. Kurier- und Lieferdienste zählen ebenso zu den Kaufinteressenten wie Kleinunternehmer oder Familien, die ein Lastenrad beispielsweise auch als Ersatz für einen Zweitwagen nutzen. Und sei es nur für den praktischen Transport des Nachwuchses, bevor es selbst aufs Fahrrad steigen kann. Bereits jetzt sollen etwa drei Prozent der Bundesbürger ein Lastenrad oder einen Fahrradanhänger nutzen. In Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnern sollen es sogar fünf Prozent sein.

Die Vorteile der Lastenräder: Sie sind wendig, weitgehend unabhängig von Parkplätzen und können auch Fußgängerzonen und andere für Autos gesperrte Gebiete erreichen und befahren. Zudem können sie positive Effekte auf das Firmenimage und die Gesundheit der Mitarbeiter haben. Und sie helfen bei der Senkung von Treibhausgasemissionen. Im Schnitt soll ein Lastenrad rund 400 Kilogramm CO2 jährlich einsparen. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt stellte 2016 in einer Studie fest, dass acht bis 23 Prozent gewerblicher Fahrten mit einem elektrifizierten Lastenrad statt mit herkömmlichen Pkw zurückgelegt werden können.

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Keine Nachteile bei der Fahrzeit

Einspurige Lastenräder wie dieses vom Hersteller Xtracycle sind nicht breiter gebaut als normale Fahrräder. Das wirkt sich beim Schieben und Passieren von Engstellen positiv aus Foto: © pd-f.de / Arne BischoffEinspurige Lastenräder wie dieses vom Hersteller Xtracycle sind nicht breiter gebaut als normale Fahrräder. Das wirkt sich beim Schieben und Passieren von Engstellen positiv aus Foto: © pd-f.de / Arne Bischoff

In einem Praxistest nahmen sowohl kleine Handwerksbetriebe und Baufirmen wie auch kommunale Verwaltungen, Pflegedienste, Agenturen und Betriebe anderer Wirtschaftszweige teil, und zwar sowohl in der Stadt wie auch im ländlichen Bereich. Dabei zeigte sich, dass die Nutzung eines Lastenfahrrads bei Entfernungen bis zu drei Kilometer kaum Nachteile bei der Fahrzeit bringt. Addiert man viele solcher kürzerer Einzelfahrten, können so sogar Tagesfahrleistungen von 30 bis 40 Kilometer zusammenkommen.

Bereits jetzt können sich die Hersteller nicht über mangelnde Nachfrage beklagen. Sogar Lastenräder mit Elektroantrieb zu Preisen von mehreren tausend Euro haben monatelange Lieferfristen. Selbst in den winterlichen Monaten nehmen Kunden für die zwei-, drei- oder vierrädrigen Transportfahrzeuge lange Wartezeiten hin. Dabei spielt es nur eine untergeordnete Rolle, dass manche Kommunen Kunden, egal ob Privatleute oder Gewerbetreibende, beim Kauf Zuschüsse gewähren. Denn für viele Käufer stellen die Lastenräder ein Bekenntnis zu nachhaltiger Lebensführung und zur Entlastung vom innerstädtischen Autoverkehr dar. Cargobikes sind schließlich umweltfreundlich und platzsparend. Außerdem sind sie vergleichsweise günstig und im beruflichen Alltag ebenso wie in der Freizeit nutzbar. Dabei ist die Idee hinter den Lastenrädern nicht wirklich neu. Lastenräder gab es bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts. Seinerzeit nutzte etwa die US-amerikanische Post spezielle Räder für die Zustellung von Brief- und Warensendungen. Und in Deutschland radelten Fahrradkuriere von Kommune zu Kommune, Bäcker lieferten damit die Brötchen aus. Zwischenzeitlich gerieten die Packesel unter den Rädern in Vergessenheit, bis ihnen die Elektromobilität zu einer Renaissance verhalf. Vor allem beim Anfahren ist die elektrische Unterstützung willkommen, außerdem natürlich an den Steigungen nicht nur in Bergregionen.

Mit zwei, drei oder vier Rädern

Mit der Emma 700 bietet Blaupunkt ein Lastenfahrrad in Form eines Trikes mit elektrischer Tretunterstützung. Die Emma 700 lässt sich als Faltrad platzsparend lagern und kompakt transportieren. Nettopreis: 2.512,61 Euro. Foto: © bpautomotive.deMit der Emma 700 bietet Blaupunkt ein Lastenfahrrad in Form eines Trikes mit elektrischer Tretunterstützung. Die Emma 700 lässt sich als Faltrad platzsparend lagern und kompakt transportieren. Nettopreis: 2.512,61 Euro. Foto: © bpautomotive.de

Lastenräder gibt es mit zwei, drei und vier Rädern. Unter den zweirädrigen – also den einspurigen und damit schmalen Bikes – sind die möglicherweise bekanntesten die sogenannten "LongJohn"-Modelle. Long, also relativ lang, ist vor allem der Radstand. Das kommt von einer relativ tief liegenden Ladefläche zwischen Lenker und einem meist kleinen Vorderrad, was zu einem günstigen niedrigen Schwerpunkt beiträgt. Bis rund 100 Kilogramm Nutzlast können die Räder transportieren. Als Zubehör gibt es beispielsweise Kindersitze oder abschließbare Transportboxen, in denen sich beispielsweise Werkzeug für Wartungsarbeiten unterbringen lässt. Über ein Gestänge werden die Lenkbewegungen aufs Vorderrad übertragen. So bleibt der Wendekreis trotz der Gesamtlänge der Räder verhältnismäßig klein. Relativ bequem lassen sich die Modelle mit einer Vollfederung fahren, welche die durch Fahrbahnunebenheiten verursachten Stöße dämpft und wegfedert. Das Flatbed, also ein Tieflader, ist eine spezielle Spielart des LongJohn-Bikes. Die Ladefläche liegt noch tiefer, selbst mit voluminösem Gepäck lässt sich das Lastenrad mit seinem niedrigen Schwerpunkt relativ einfach beladen. Zum Transport des Nachwuchses taugt ein Flatbed allerdings eher nicht.

Kippstabil sind die dreirädrigen Varianten. Bei ihnen liegt die Ladefläche vorne zwischen den Vorderrädern. Sie lassen sich recht gemütlich fahren und sind daher in Kombination mit Kindersitzen speziell bei Familien recht beliebt. Leicht schräg gestellte Vorderräder verbessern Stabilität und Manövrierbarkeit, das Cargo-Bike lässt sich sogar ein wenig in die Kurve neigen. Zwar sind manche Modelle nicht länger als ein herkömmliches Fahrrad und nicht breiter als der Lenker eines Mountainbikes. Dennoch bleibt als prinzipieller Nachteil eines Dreirads sein gegenüber einem Zweirad größerer Platzbedarf im Stand. Eine platzsparende Lösung könnte ein Longtail, auch Backpacker genannt, sein. Das sieht auf den ersten Blick aus wie ein konventionelles einspuriges Fahrrad oder E-Bike mit einem verlängerten Gepäckträger und etwas nach hinten versetztem Hinterrad. Auf oder am großen Gepäckträger finden Packtaschen oder Kindersitze Platz, bis zu rund 200 Kilogramm können diese Räder tragen. Zwischenlösungen sind Midtail-Räder, bei denen das Bike in seiner Grundform erhalten bleibt und um einen etwas verlängerten Gepäckträger mit einer Zuladung von bis zu 60, 70 Kilogramm ergänzt wird.

Bikes für Betriebsinhaber

In vielen Fällen kann ein Lastenrad das Auto ersetzen. Etwa das Bring von Bayk aus Regensburg mit dem FlexBox Kofferaufbau von Humbaur. Der bietet Platz für eine Europalette. Nettopreise: Ab 8.058,82 Euro für das Bike, ab 1.336,13 Euro für die Cargobox. Foto: © HumbaurIn vielen Fällen kann ein Lastenrad das Auto ersetzen. Etwa das Bring von Bayk aus Regensburg mit dem FlexBox Kofferaufbau von Humbaur. Der bietet Platz für eine Europalette. Nettopreise: Ab 8.058,82 Euro für das Bike, ab 1.336,13 Euro für die Cargobox. Foto: © Humbaur

Adressieren die genannten Beispiele vor allem private Nutzer, so gibt es auch einen wachsenden Bedarf für gewerbliche Lastenräder. Neben den klassischen "Bäckerrädern" mit einem Korb über dem Vorderrad werden verstärkt auch Dreiräder oder Vierräder mit einer großen Ladefläche zwischen den Hinterrädern offeriert. Für diese Bikes gibt es Transportboxen mit rund einem Kubikmeter Laderaum. Modelle mit vier Rädern, etwa Rikschas zum Personentransport, werden etwa in Berlin oder anderen Großstädten auch gerne für touristische Fahrten genutzt, mit Transportboxen übernehmen sie Zustelldienste auf der letzten Meile. Das klassische Kastenrad mit einer Box für den Transport von Kindern oder Fracht hat drei Räder, mittlerweile gibt es auch zweirädrige Varianten. Der Kasten ist in der Regel vor dem Lenker montiert, damit wird die Last nicht gezogen, sondern eher geschoben. Eine tief zum Boden hin befestigte Transportbox sorgt für einen niedrigen Schwerpunkt und so auch für ein relativ stabiles Fahrverhalten.

Das ist nicht immer selbstverständlich – und absolut nicht unwichtig im Straßenverkehr. Nicht nur deswegen sollte man vor dem Kauf unbedingt eine Probefahrt machen. Zwei- oder dreirädrige Lastenräder unterscheiden sich im Fahrverhalten. Schon alleine wegen ihrer Bauart bieten Drei- und Vierräder meist einen stabileren Stand. Allerdings kann das Lenken für ungeübte Fahrer eine Herausforderung darstellen. Gewöhnen müssen sich diese oft auch an den größeren Kurvenradius und das höhere Gewicht. Wird ein Dreirad schnell bewegt, kann das äußere Vorderrad in Kurvenlage schon einmal abheben. Damit steigt die Gefahr umzukippen, vor scharfen Kurven sollte man also langsam fahren und eventuell etwas abbremsen. Bei Dreirädern mit einer Vorderachse mit Neigetechnik ist das Kurvenverhalten meist besser. Sie sind zwar sehr fahrdynamisch, agil und wendig in Kurven, fordern von ihrem Fahrer aber auch einiges an Übung. Bei den dreirädrigen und dreispurigen Transportern mit Neigetechnik legen sich die Räder beim Richtungswechsel wie bei einem üblichen einspurigen Fahrrad in die Kurve. Bei den zweirädrigen Kastenräder kann es während der Fahrt schon mal wackelig werden. Vor allem dann, wenn die Ladung nicht gleichmäßig verteilt oder nicht gut gesichert ist. Und auch die Länge will bei einem zweirädrigen Lastenrad im Straßenverkehr immer bedacht sein.

Elektrischer Antrieb auf dem Vormarsch

Die Fahrradtasche E-Mate hat Hersteller Ortlieb speziell für das Mitführen von Ersatzakkus beim E-Bike konzipiert. Mittig gibt es ein gepolstertes Akkufach, rundherum ist Platz fürs Tagesgepäck. Foto: © pd-f.de / ortlieb.comDie Fahrradtasche E-Mate hat Hersteller Ortlieb speziell für das Mitführen von Ersatzakkus beim E-Bike konzipiert. Mittig gibt es ein gepolstertes Akkufach, rundherum ist Platz fürs Tagesgepäck. Foto: © pd-f.de / ortlieb.com

Gerade beim Lastenrad setzt sich der batterieelektrische Antrieb immer mehr durch. Rund drei Viertel aller im Jahre 2020 verkauften 103.000 Lastenräder waren nach Angaben des Zweirad-Industrie-Verbands (ZIV) E-Bikes. Sie wiegen zwischen 30 und 60 Kilogramm und schaffen recht problemlos eine Spitzengeschwindigkeit von 25 km/h. Der elektrische Antrieb bedeutet für den Fahrer eine spürbare Entlastung von der Arbeit an der Kurbel und sorgt auch für eine größere Reichweite. Ohne E-Motor ist man mit einem Lastenbike am besten im flachen Land aufgehoben. Wird es bergig oder ist schwerere Last zu transportieren, wird man die Unterstützung durch den E-Motor schnell zu schätzen wissen.

Da die Lastenräder anders als klassische Fahrräder oft in Europa und nicht in Asien gefertigt werden, sind die Preise meist höher. Hinzu kommen die Kosten für den E-Antrieb, der bei einem Lastenrad sinnvoll ist. Auch die Komponenten wie Bremsen, Reifen oder Schaltung sind oft speziell für die höhere und ungleichmäßigere Belastung in Cargovarianten optimiert. Und entsprechend teuer. Wobei der Preis aktuell für die meisten Kunden eher eine untergeordnete Rolle spielt. Denn die Branche leidet derzeit wie viele anderen auch an durch Corona bedingten Lücken in den Lieferketten. Mit ein Grund dafür, warum das Angebot derzeit recht deutlich hinter der Nachfrage zurückbleibt.

HintergrundHintergrund Ein einfaches Lastenrad kostet, gewissermaßen als Einsteigermodell, ab etwa 1.500 Euro. Für ein qualitativ höherwertiges Lastenrad muss man etwa ab 2.500 Euro investieren. Für ein Lastenrad mit dem empfehlenswerten E-Antrieb legt man zwischen 2.500 und 5.000 Euro auf den Tisch – einige Modelle sind auch noch teurer. Wer sich mit einem Cargo-E-Lastenrad in die Kurve legen will, muss dafür ab rund 3.500 Euro zahlen. Je nach Wohnort gibt es teils Fördergelder der Stadt in unterschiedlicher Höhe – dafür aber ist die frische Luft umsonst!

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Text: / handwerksblatt.de

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