Handwerk kritisiert: Die Grundrente ist ungerecht
Das Handwerk hält die geplante Grundrente für ungerecht. Der Verzicht auf eine Bedürftigkeitsprüfung konterkariere den Leistungsgrundsatz, so der ZDH.
Die Bundesregierung hat sich auf einen Kompromiss zur Grundrente geeinigt und einen entsprechenden Gesetzentwurf verabschiedet. Rund 1,3 Millionen Rentner, die mindestens 33 Jahre gearbeitet und dabei unterdurchschnittlich verdient haben (über die gesamte Zeit höchstens 80 Prozent des Durchschnittsverdienstes im Jahr), sollen künftig von der Grundrente profitieren. Nach Angaben der Bundesregierung gilt das für viele Menschen und besonders für Frauen in Ostdeutschland.
Mit einer automatischen Einkommensprüfung (die Grundrente muss nicht beantragt werden) soll festgestellt werden, wer Anspruch auf die Rente hat. Einkommen wird angerechnet, wenn es den Freibetrag von 1.250 Euro für Alleinlebende und 1.950 Euro für Paare übersteigt.
Maßgeblich ist das zu versteuernde Einkommen. Kapitalerträge und ausländische Einkünfte werden ebenfalls angerechnet. Einkommen über 1.250 Euro (1.950 Euro bei Paaren) wird zu 60 Prozent, Einkommen über 1.600 Euro (2.300 Euro bei Paaren) wird voll angerechnet.
Geschätzte Kosten von 1,4 Milliarden Euro
Die Einführung der Grundrente ist für den 1. Januar 2021 geplant. Die Kosten werden für 2021 auf 1,4 Milliarden Euro geschätzt. Die erforderlichen Mittel will die Regierung durch eine Anhebung des allgemeinen Bundeszuschusses zur Rentenversicherung aufbringen. Der soll ab 2021 um 1,4 Milliarden Euro erhöht werden, damit die Beitragszahler nicht belastet werden.
Damit wird die Grundrente vollständig aus Steuermitteln finanziert. Um das gegenzufinanzieren, ist eine neue Finanzmarkttransaktionssteuer vorgesehen. Allerdings ist noch unklar, ob eine solche Steuer im kommenden Jahr erhoben wird.
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hält das Konzept für ungerecht: "Auch der nun vom Bundeskabinett verabschiedete überarbeitete Grundrentenkompromiss ist kritisch zu sehen", sagt Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer."Um den Kreis der Anspruchsberechtigten etwas einzuschränken wurde zwar noch an einigen kleinen Stellschrauben gedreht, wie etwa bei der Einkommensanrechnung. Auf eine Bedürftigkeitsprüfung wird allerdings weiter verzichtet. Das schafft neue Ungerechtigkeiten."
Das Handwerk vermisst ein konkretes Finanzierungkonzept
Jeder Beitrags-Euro eines Versicherten, der keine Grundrente beanspruchen kann, würde künftig zu deutlich geringeren Rentenansprüchen führen als der Beitrags-Euro eines Versicherten, der die Grundrente bekommt, erklärt Wollseifer. Das widerspreche dem Leistungsgrundsatz, nach dem sich die Höhe der Rente nach den zuvor eingezahlten Beiträgen richtet.
Bedenken hat Wollseifer auch im Hinblick auf die Finanzierung: "Zwar sollen die Beitragszahler nicht zusätzlich belastet, sondern der Steuerzuschuss für die Rente entsprechend erhöht werden. Ein detailliertes Finanzierungskonzept dafür liegt bisher jedoch nicht vor."
Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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