"Brandenburg ist hervorragend positioniert"
Im DHB-Interview spricht Sebastian Saule, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Land Brandenburg GmbH (WFBB), über das Investitionsgeschäft und die Bedeutung von Energiekosten.
DHB: Herr Saule, die WFBB hat im Geschäftsjahr 2022 ein Rekordergebnis bei der Schaffung von neuen Arbeitsplätzen erzielt. Herzlichen Glückwunsch dafür. Maßgeblich war Tesla für die Steigerung verantwortlich. Der Autobauer hat vorerst seinen Personal-Ausbaustand erreicht. Vor diesem Hintergrund: Wie ist das aktuelle Jahr bisher gelaufen, was Arbeitsplätze und Investitionsvolumen anbelangt?
Sebastian Saule: Das Investitionsgeschäft läuft weiter auf hohem Niveau. Der Standort Brandenburg ist im internationalen Standort-Wettbewerb hervorragend positioniert. Das hat auch mit der Entscheidung von Tesla zu tun, sich mit der europäischen Gigafactory in Brandenburg anzusiedeln, aber das ist nicht der alleinige Grund. Vielmehr hat Brandenburg bei Tesla unter Beweis gestellt, dass Zulassungs- und Genehmigungsverfahren zügig ablaufen können. 861 Tage von der Verkündung der Ansiedlungsentscheidung bis zum Start der Produktion – das kann sich doch wirklich sehen lassen. Demzufolge interessieren sich auch Unternehmen aus anderen Branchen für Brandenburg. Unsere Ansiedler haben sehr gut zu tun. Was dann nachher unter dem Strich tatsächlich auf der Habenseite steht, wird sich am 31. Dezember zeigen, wenn wir Bilanz für das Jahr 2023 ziehen. Zugleich spüren wir bei den ansässigen Unternehmen Zurückhaltung etwa im Innovationsgeschäft oder bei der Erschließung neuer Märkte. Das hat mit Unsicherheit über den weiteren Fortgang globaler Entwicklungen zu tun. Ganz konkret etwa gilt das für Schwedt. Dort sind die Unternehmen im Umfeld der PCK bereit für die Transformation. Das haben wir in einer gemeinsamen Befragung mit der IHK Ostbrandenburg und der Stadt gespiegelt bekommen. Die Unternehmen sagen aber zugleich, dass sie mehr Klarheit über die Rahmenbedingungen benötigen, um zu neuen Ufern aufzubrechen.
Zur PersonZur Person: Nach Abschluss seines Jurastudiums übernahm Sebastian Saule 1998 zunächst leitende Positionen bei der IHK für die Pfalz in Ludwigshafen und der Deutsch-Australischen Handelskammer in Sydney. Danach arbeitete er für die Berlin Partner GmbH, ehe er 2015 als Geschäftsführer zur heutigen WFBB wechselte.
DHB: Könnten Sie uns vielleicht einen Blick hinter die Kulissen gewähren? Über welche Größenordnung von Anfragen reden wir hier?
Sebastian Saule: Wir haben spannende Investitionsprojekte in allen Größenordnungen in der Bearbeitung. Dazu zählen durchaus große Kaliber internationaler Unternehmen. Aktuell steht die Wirtschaftsförderung im Wettbewerb um 28 große Ansiedlungsprojekte aus der Industrie. Ich bitte um Verständnis, dass ich an dieser Stelle keine Namen nenne. Diskretion und Vertraulichkeit sind unabdingbar für erfolgreiche Wirtschaftsförderung.
Zugleich aber freuen wir uns auch darüber, dass der Brandenburger Mittelstand wächst. So hat die APUS GmbH mit 67 Beschäftigten in Strausberg gerade eine Test- und Endmontagehalle zur Entwicklung und Fertigung von Wasserstoff-Flugzeugen eröffnet – Stichwort emissionsarmes Fliegen. Das sind positive Signale und zeigen deutlich auf, dass sich der innovative Mittelstand als starkes Rückgrat der Brandenburger Wirtschaft positiv entwickelt.
DHB: Neben verfügbaren Flächen und Fachkräften spielen die Energiekosten eine wichtige Rolle bei der Ansiedlung. Brandenburg liegt vorne beim Thema Erneuerbare Energien. Gleichzeitig aber sorgt das auch für hohe Energiekosten im Land. Welche Erfahrungen machen Sie im Austausch mit Investoren?
Sebastian Saule: In der Tat spielt die reale Verfügbarkeit von erneuerbaren Energien eine zentrale Rolle bei Ansiedlungen. Für die Unternehmen ist darüber hinaus der effiziente Einsatz von Energie wichtig. Hier bieten wir mit der Beratung zum Aufbau eines Energiemanagements eine maßgeschneiderte Dienstleistung. Kraft-Wärme-Kopplung, Solardach-Anlagen, gezieltes Monitoring – all das sind Themen, die in unseren Gesprächen mit Investoren eine bedeutende Rolle einnehmen.
DHB: Das Land Brandenburg entwickelt sich zu einem Zentrum für die Batterieindustrie. Kann man schon prognostizieren – angenommen, alle Ansiedlungsprojekte laufen erfolgreich – welchen Anteil an der Wertschöpfung des Landes diese Industrie beisteuern wird?
Sebastian Saule: Wie heißt es so schön bei Prognosen? Sie sind schwierig, insbesondere wenn sie die Zukunft betreffen. Daher halten wir uns hier zurück. Was wir aber aufgrund einer Studie zu diesem Thema fundiert wissen, ist, dass in Brandenburg bereits 33 Unternehmen mit zusammen rund 9.300 Arbeitsplätzen in der Wertschöpfungskette Batterie tätig sind. Weitere Investitionen mit zusammen rund 3.500 Arbeitsplätzen sind in Vorbereitung oder im Bau. Hinzu kommen neun Forschungseinrichtungen mit engem Bezug zur Batterie. Und was wir ebenfalls fundiert wissen: Die hohe Dynamik im Aufbau dieses Segments ist enorm. Wir reden hier über einen Zeitraum von knapp fünf Jahren, in dem sich dieser Aufwuchs vollzogen hat. Wir als Wirtschaftsförderung werden alles tun, um diesen Erfolg zu verstetigen – etwa mit unserer Stabstelle Anwendung Wasserstoff- und Elektromobilität, die Unternehmen beispielsweise zum Aufbau eines klimaneutralen Fuhrparks berät.
DHB: Andere Bundesländer gehen beim Thema Batterie auch in die Vollen: Altech plant in Schwarze Pumpe zwei Werke, Li-Cycle hat in Magdeburg eine der größten Recyclinganlagen für Lithium-Ionen-Akkus in Europa in Betrieb genommen. Wie wird Ihrer Meinung nach der Wettbewerb in diesem Sektor aussehen? Wird der Kuchen groß genug für alle sein?
Sebastian Saule: Davon gehen wir aus. Denn es geht ja nicht ausschließlich um Batterien für die Elektromobilität, sondern wir brauchen Batterien auch für andere Segmente der Energiewende. Die Batteriestudie zeigt, dass sich Ostdeutschland insgesamt zu einem Treiber auf dem Gebiet der Batterieindustrie in Deutschland entwickelt hat. Vor allem mit Berlin und Sachsen hat Brandenburg zwei Nachbarn, die ebenfalls über starke Batteriekompetenzen verfügen. Mit den Wirtschaftsförderungen in beiden Ländern arbeiten wir eng zusammen. Denn länderübergreifende Kooperationen bergen großes Potenzial. Auch das zeigt die Studie auf.
DHB: Brandenburgs Anteil am bundesweiten Bruttoinlandsprodukt liegt dennoch bei überschaubaren 2,3 Prozent. Hat die Ausrichtung auf die eben skizzierten Zukunftsfelder das Potenzial, dies zu ändern?
Sebastian Saule: Das Potenzial ist zweifelsohne vorhanden. Brandenburgs Wirtschaft ist 2022 um 3,3 Prozent gewachsen. Das war das stärkste Wachstum eines Flächenlandes bei einem bundesdeutschen Durchschnitt von 1,8 Prozent überhaupt. Allein dies zeigt, welche Dynamik in diesen Zukunftstechnologien steckt. Zugleich ist es immer wieder wichtig bei diesen bundesdeutschen Vergleichen zu beachten, woher Brandenburg kommt. Wir haben hier wie alle ostdeutschen Länder nach der deutschen Einheit einen dramatischen wirtschaftlichen Umbruch durchlebt. Vor diesem Hintergrund ist so ein rasanter Aufstieg doppelt erfreulich.
DHB: Zum Zukunftspreis: Mit über 100 Bewerbungen wurde ein neuer Höchstwert seit 2015 erreicht und das in einem schwierigen Umfeld. Wie bewerten Sie das Interesse?
Sebastian Saule: Das finde ich richtig gut. Und der hohe Zuspruch überrascht mich nicht. Denn der Zukunftspreis lenkt den Blick nach vorn. Er bietet eine Bühne für viele Unternehmen, die sich den Herausforderungen stellen und die Lösungen entwickeln, kurzum: die die Zukunftsfähigkeit der brandenburgischen Wirtschaft als Ganzes stärken. Für die Unternehmen, die diese Themen erfolgreich anpacken, ist der Preis eine verdiente Belohnung. Und damit wirkt er als Motivation für diejenigen, die gerade darüber nachdenken, sich auf den Weg zu machen und ihr Unternehmen zukunftsfest auszurichten.
DHB jetzt auch digital!Einfach hier klicken und für das digitale DHB registrieren!
Text:
Michel Havasi und Karsten Hintzmann /
handwerksblatt.de
Kommentar schreiben