Aufbauplan für Europa nach Corona
Die Europäische Kommission hat einen Aufbauplan vorgeschlagen, um die Schäden der Corona-Pandemie zu beheben. Mit einem neuen Instrument will sie 750 Milliarden Euro bereitstellen.
Angesichts der Corona-Pandemie und der damit verbundenen großen wirtschaftlichen Folgen hat die Europäische Kommission ihr Arbeitsprogramm für das laufende Jahr angepasst und einen Aufbauplan vorgelegt. Wegen der Pandemie hat die Kommission einige für das laufende Jahr geplante politische Maßnahmen verschoben. Das gilt sowohl für Initiativen des Green Deals (wie beim Klimapakt, der EU-Strategie zur Anpassung an den Klimawandel oder der Strategie für ein nachhaltiges Finanzwesen) als auch für die Digitalisierungsstrategie (Aktionsplan für digitale Bildung, Weißbuch zur künstlichen Intelligenz) und die Wirtschaftspolitik (Mindestlöhne).
"Die für eine Reihe von Initiativen anvisierten leichten Verzögerungen spiegeln die Notwendigkeiten wider, Lehren aus der Krise zu ziehen‚ dem Konsultationsprozess die ihm gebührende Zeit einzuräumen oder den Grundsätzen der besseren Rechtsetzung Rechnung zu tragen", schreibt die Kommission. Priorität haben nun Strategien für eine intelligente Sektorenintegration‚ für eine Renovierungswelle oder für nachhaltige und intelligente Mobilität.
Aufbauplan soll die Schäden der Corona-Krise beheben
Das neue Instrument Next Generation EU soll suf drei Säulen aufbauen. Foto: © Europäische KommissionDer von der Kommission vorgeschlagene Aufbauplan soll dazu dienen, durch die Corona-Krise entstandenen Schäden zu beheben. Kernstück des Plans ist ein neues Instrument mit dem Namen "Next Generation EU". Hiermit will die Kommission Kredite in Höhe von 750 Milliarden Euro aufnehmen, um den EU-Haushalt vorübergehend im Zeitraum von 2021 bis 2024 zu verstärken. Dieses Geld wird auf verschiedene Programme verteilt (siehe Grafik).
Die Rückzahlung aus künftigen EU-Haushalten soll frühestens 2028 und spätestens 2058 beginnen. Damit auch kurzfristig zusätzliche Mittel verfügbar sind, hat die Kommission vorgeschlagen, den mehrjährigen Finanzrahmen für 2014 bis 2020 zu ändern und so weitere 11,5 Milliarden Euro bereitzustellen. Außerdem ist eine Aufstockung des langfristigen Haushalts der EU für den Zeitraum 2021 bis 2027 auf 1,1 Billionen Euro geplant. Hinzu kommt das bereits beschlossene Corona-Hilfspaket zur Krisenbewältigung über 540 Milliarden Euro.
Gesunden Unternehmen helfen
"Öffentliche Investitionen spielen eine entscheidende Rolle für einen ausgewogenen und nachhaltigen Aufbau", betont die Kommission. Sie sieht deswegen mehr als 80 Prozent der Mittel des Instruments Next Generation EU für die Unterstützung öffentlicher Investitionen und wichtiger Strukturreformen vor, die die Folgen der Corona-Krise abmildern sollen. "Es sind dringend Maßnahmen erforderlich, um die Wirtschaft anzukurbeln und die Voraussetzungen für einen Aufbau zu schaffen, der durch private Investitionen in Schlüsselsektoren und -technologien vorangetrieben wird", so die Kommission.
Sie schätzt den Investitionsbedarf allein im Zeitraum 2020 bis 2021 auf mindestens 1,5 Billionen Euro und rechnet mit vielen Unternehmen, die unter "Finanzdruck" stehen werden und schlägt daher ein neues Solvenzhilfeinstrument vor‚ um gesunden Unternehmen zu helfen, die jetzt durch die Krise gefährdet sind. Es soll noch in diesem Jahr einsatzfähig sein. Um mehr Investitionen in Bereichen wie nachhaltige Infrastruktur und Digitalisierung zu mobilisieren, will sie das Programm "InvestEU" stärken.
Corona-Hilfspaket zur KrisenbewältigungCorona: Rettungspaket über 540 Milliarden Euro aus Europa
Handwerk begrüßt den Beschluss des EU-Corona-Hilfspakets
Kleine und mittlere Unternehmen mitnehmen
Das ist der von der EU-Kommission erstellte Fahrplan für das große Aufbauprogramm. Foto: © Europäische Kommission"Das von der EU-Kommission vorgelegte angepasste Arbeitsprogramm greift zwar grundsätzlich wichtige Arbeitsfelder auf", kommentiert Holger Schwannecke. "Es sollte sich jetzt jedoch noch stärker auf die Maßnahmen konzentrieren, die Betrieben dabei helfen, ihr Kerngeschäft möglichst schnell wieder hochzufahren“, so der Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks. Einen erfolgreichen Neustart der europäischen Wirtschaft werde es nur geben, wenn die 24 Millionen kleinen und mittleren Unternehmen mitgenommen werden. "Sie sind es, die diesen Neustart gestalten und schultern müssen. Belastende Maßnahmen müssen mehr denn je unterbleiben." Stattdessen müssten Betriebe entlastet werden. "Überflüssige Bürokratie muss abgebaut werden oder besser noch darf gar nicht erst entstehen. Richtige Initiativen wie das One in, one out-Prinzip dürfen nicht weiter auf die lange Bank geschoben werden."
Der ökologische Umbau der Wirtschaft im Rahmen des Green Deals sei grundsätzlich zu begrüßen. "Für das Handwerk bieten sich hier Chancen besonders in der Kreislaufwirtschaft oder auch in der angekündigten Renovierungswelle. Damit der Investitionsspielraum für das langfristige Ziel der Klimaneutralität erhalten bleibt, muss alles getan werden, um eine tiefe und lang anhaltende Rezession zu vermeiden“, fordert Schwannecke. Wichtig sei darüber hinaus, dafür zu sorgen, dass sich die Corona-Krise möglichst wenig auf die Arbeitsmärkte auswirkt. "Die europaweite Einführung von Mindestlöhnen, die Anwendung ganzer Tarifgitter auf entsandte Mitarbeiter oder auch Maßnahmen zur Entgelttransparenz müssen angesichts dieser Herausforderung zurückgestellt werden."
Die neue Finanzierungsperiode von 2021 bis 2027 müsse der systemrelevanten Rolle des Handwerks Rechnung tragen. Schwannecke: "Von Ausbildung über Digitalisierung bis hin zu Innovation: Die Investitionen und Fördermittel müssen dort ankommen, wo unsere Unternehmerinnen und Unternehmer sie benötigen, um den Normalbetrieb wiederherzustellen." Dazu bedürfe es möglichst günstiger Finanzierungsbedingungen sowie einfacher, flexibler und vor allem bürokratiearmer Antragswege. Die außerordentlichen Maßnahmen des neuen Haushaltsvorschlags müssten jedoch unbedingt befristet bleiben und anlassbezogen ausgestaltet werden. "Eine dauerhafte Vergemeinschaftung von Schulden in der EU kann nicht das Ziel sein."
Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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