Stärke gegen Handicap
Garten- und Straßenbau-Unternehmer Werner Lüttmann in Recke setzt auch auf Menschen mit Behinderungen – so wie auf Mergim Noshaj.
Stein für Stein entstehen unter seinen Händen Auffahrten, Einstellplätze und Gartenwege. Pflastern ist Mergim Noshajs Stärke. Nur kann der 33-Jährige mit Wurzeln im Kosovo kaum hören und noch schlechter sprechen. Angeboren. Aber Mergim Noshaj ist einer, sagt sein Chef Werner Lüttmann, der mitanpackt. Stift und Block ersetzen oft das Sprechen, manchmal hilft auch eine WhatsApp.
Es sind die starken Seiten, auf die das Unternehmen im Garten- und Landschaftsbau bei all seinen heute 55 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern setzt. Lüttmann hat den Betrieb zusammen mit seiner Frau Ruth in Recke in fast drei Jahrzehnten aufgebaut: mit vielen Ideen und hoher Qualität für die Kunden. Und das Handwerksunternehmen vertraut seit über zwanzig Jahren auch auf die Stärken von Menschen mit Handicaps.
Sechs Mitarbeiter mit Schwerbehinderung
Mergim Noshaj hat schon seine Ausbildung bei Lüttmann gemacht. Der Unternehmer ist gelernter Blumen- und Zierpflanzengärtner und hat einen Doppelmeister im Garten- und Landschafts- sowie Straßenbau. Ein früherer Kreisbauhof ist heute die Firmenzentrale. "Die Auftragslage ist gut", sagt Werner Lüttmann. Sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Schwerbehinderung bilden die Integrationsabteilung des Unternehmens.
Dass Mergim bei der Arbeit nicht mithalten kann, hat Lüttmann nicht erlebt. Wenn Meister und Techniker Guido Ostendorf morgens die Teams zusammenstellt, achtet er auf Ausgewogenheit: Wo Handicaps die Arbeit einschränken, setzt er Kolleginnen und Kollegen unterstützend ein. "Teamfähig müssen alle unsere Leute sein, das ist wichtig."
"Gelebte Inklusion im Arbeitsleben"
Von "gelebter Inklusion im Arbeitsleben" spricht da Claudia Stremming, betriebswirtschaftliche Unternehmensberaterin für Integrationsprojekte in Westfalen-Lippe bei der Handwerkskammer in Münster. Ihre Unterstützung ist eine der Hilfen, die es für Integrationsfirmen gibt, die für Menschen mit Handicaps einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz schaffen. Über die Landschaftsverbände werden diese Betriebe in Nordrhein-Westfalen mit Mitteln aus der Ausgleichsausgabe oder aus Mitteln des Bundesprogramms AlleImBetrieb (AIB) unterstützt.
Die Integrationsfirmen können Nachteilsausgleiche oder auch Investitionszuschüsse erhalten, wenn sie Menschen mit Behinderung beschäftigen. Diplom-Kauffrau Stremming stellt besonders heraus: "Wer eine Integrationsabteilung gründet, hat die Möglichkeit, engagiertes Personal zu akquirieren."
Für Werner Lüttmann ist der Einsatz von Menschen mit Behinderungen auch eine wirtschaftliche Entscheidung, die sich langfristig trage, sagt er. Weil die Mitarbeiter seltener den Arbeitsplatz wechselten, sich sehr für ihre Arbeit engagierten und die Branche lange Erfahrung mit der Beschäftigung von älteren Menschen und Menschen mit Behinderung habe. Als dritten Grund führt der Firmenchef den sich verschärfenden Fachkräftemangel an. Zwar bildet Lüttmann regelmäßig junge Menschen aus. Ob sich aber auch in Zukunft genügend Fachleute, wie Pflasterer Mergim Noshaj, finden werden, ist nicht mehr sicher. "Wir brauchen immer Leute", sagt Werner Lüttmann, "die zu uns passen."
Werner Hinse
Kontakt bei der Handwerkskammer Münster:
Ansprechpartnerin bei der Handwerkskammer Münster ist Claudia Stremming, betriebswirtschaftliche Unternehmensberaterin für Integrationsprojekte in Westfalen
Tel.: 0251/ 5203-433
claudia.stremming@hwk-muenster.de
Termin:
LWL-Messe der Integrationsunternehmen: Über 100 Integrationsunternehmen in Westfalen-Lippe aus allen Branchen stellen sich und ihre Arbeit am 1. März in Münster zum vierten Mal auf einer öffentlichen Messe in der Halle Münsterland vor. Von 9 bis 17 Uhr gibt es kostenlos Informationen, wie Handwerk und Inklusion in Einklang kommen.
Foto: Thorsten Arendt/LWL
Text:
Rainer Fröhlich /
handwerksblatt.de
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