Zeitmanagement: Gut ist oft besser als perfekt
Fühlen Sie sich gerade wie im Hamsterrad? Das Telefon steht nicht still, im Kalender ist keine freie Minute und die Familie kennt Sie nicht mehr? Zeitmanagement-Tipps für Chefs im Handwerk.
Die Informationsflut, die heute jeden Tag auf uns zukommt, ist kaum noch zu bewältigen. Dazu kommt eine noch nie dagewesene Auftragslage in vielen Branchen des Handwerks.
Wer da noch den Überblick behalten möchte und auch noch Zeit für Familie und Hobbys übrig haben will, dem helfen ein paar einfache Tricks aus dem "Zeitmanagement". Wir haben bei Office-Coach Ina Grombach nachgefragt, die schon viele Mittelständler und Handwerksbetriebe zum Thema Zeitmanagement und Büroorganisation beraten hat.
Handwerksblatt: Was sind die größten Zeitfresser im Arbeitsalltag:
Ina Grombach: Ein Überfluss an Informationen, der Versuch zu viel auf einmal zu tun, stetige Unterbrechungen, Nicht-Nein-Sagen-Können oder auch Perfektionismus sind die größten Zeitfresser. Eine Aufgabe, die in einer Stunde zu erledigen ist, kann so leicht doppelt so lange dauern. Die gute Nachricht: Ist uns dieses Verhalten bewusst, können wir gegensteuern. Die schlechte Nachricht: Wir nehmen nicht alle Zeitfresser wahr. Wer zum Beispiel ein Perfektionist ist, merkt vielleicht gar nicht, dass das es manchmal einfach Zuviel des Guten ist.
Handwerksblatt: Woran kann ich feststellen, dass ich mich verzettele?
Grombach: Wer das Gefühl hat, dass er sein Arbeitsverhalten optimieren sollte, dem hilft eine Analyse. Beobachten Sie eine Woche lang Ihr Arbeitsverhalten und notieren Sie genau, welche Ina Grombach ist Trainerin und Office Coach www.grombach-office-coaching.deAufgaben Sie an einem Tag ausführen und wie lange Sie daran arbeiten wollen. Am Ende bewerten Sie, ob Zeiteinsatz und Ergebnis Ihren Zielen entsprechen und wo Sie etwas ändern möchten. Dabei helfen drei Fragen: Verbessert mein Wissen in dieser Sache meine Entscheidungskompetenz? Verbessert es meinen Umgang mit meinen Aufgaben oder verbessert es meine Laune? Können Sie keine Frage mit Ja beantworten, dann sollten Sie dieses Thema aktuell und für die Zukunft aus Ihrem Alltag eliminieren!
Handwerksblatt: Wie gelingt es einem, Prioritäten klar und sinnvoll setzen?
Grombach: Ziele und Aufgaben bestimmen unseren Zeitplan. Je klarer Ziele formuliert sind, desto einfacher gelingt es, Wichtiges vom Unwichtigen zu unterscheiden. Hier hilft die "Smart-Methode". S steht für S spezifisch, M für messbar - A für attraktiv, R für realistisch und T für terminiert. Wesentlich ist auch, sich immer wieder Zeit zu nehmen, um Ziele genau zu definieren oder anzupassen. Fragen Sie sich: Ist diese Tätigkeit wichtig im Hinblick auf meine Ziele? Prioritäten setzen heißt auch auswählen, was liegen bleiben soll!
Handwerksblatt: Wie bringt man Struktur in den Arbeitsalltag? Gibt es bewährte Methoden?
Grombach: Hier helfen zum Beispiel elektronische Kalender, die man mit Kollegen und anderen Personen teilen kann – mobil und im Büro. So sind alle informiert und Arbeiten können einfach delegiert werden. Ein aufgeräumter Arbeitsplatz trägt dazu bei, Ablenkungen zu vermeiden und das Gefühl zu behalten, die Abläufe im Griff zu haben. Und wichtig ist auch, sich insbesondere unter Zeitdruck zuverlässig an seiner Planung zu orientieren. Und es hilft, wenn man nicht nur den Anfang, sondern auch das Ende der Arbeit festlegt.
Handwerksblatt: Erklären Sie doch mal das Pareto Prinzip …
Grombach: Das Pareto Prinzip besagt, dass wir vielfach mit 20 Prozent des Einsatzes schon 80 Prozent des Ergebnisses erreichen. Gut ist oft besser als perfekt.
Handwerksblatt: Stichwort Termine - was kann man da beeinflussen?
Grombach: Effizientes Terminmanagement bedeutet zum Beispiel, dass man Termine, wenn möglich, selbst vorschlägt und vergibt. Und dass man seinem Gegenüber auch gleich mitteilt, wieviel Zeit man hat, beziehungsweise wie lange der Vorgang dauert. Effizient ist oft "Verdächtige" Termine kurz vor die Mittagspause oder kurz vor Feierabend gelegt werden, da die Beteiligten an einem pünktlichen Ende interessiert sind.
Handwerksblatt: Und wie reagiere ich am besten auf Unvorhergesehenes?
Grombach: Täglich kommen neue Aufgaben dazu – das ist normal. Vielfach fehlt ein Puffer im Tagesplan. Eine Regel im Zeitmanagement empfiehlt nur 60 Prozent des Tages zu verplanen, um Das Direkt-Prinzip:
- Direkt entscheiden!
- Direkt löschen!
- Direkt erledigen!
- Direkt ablegen!
- Direkt terminieren!
- Direkt notieren!ausreichend Zeit für neue und unvorhergesehene Aktivitäten zu haben. Ein Grundprinzip dabei sollte sein, dass man zu Beginn eines Vorgangs vollständige Informationen einfordert. Mit offenen Fragen lässt sich schnell ermitteln, ob die Anfrage direkt erledigt werden sollte oder Zeit hat. Beispiel: Seit wann ist der Schaden bekannt? Was haben Sie bereits unternommen? Bis wann genau benötigen Sie welche Unterlagen? Bitte liefern Sie detaillierte Unterlagen zum Projekt… Nur mit ausreichenden Details gelingt eine Einschätzung der Priorität.
Handwerksblatt: Sollte der Betriebsinhaber sich auch mal ausklinken, damit er Luft für kreative Ideen und die Weiterentwicklung des Unternehmens hat?
Grombach: Schaffenspausen, Kreativität brauchen wir, um am Unternehmen zu arbeiten. Fortbildung, Teamentwicklung, Marketing und Controlling sind wesentliche Unternehmeraufgaben. Für diese wichtigen Aufgaben gilt es regelmäßige Zeiten im Kalender einzuplanen – um nachfolgend mit guten Ideen und einem motivierten Team Zeit zu sparen. Ich rate dazu, bereits am Anfang des Jahres festzulegen, welche Fortbildungen für den Chef und die Mitarbeiter sinnvoll sind.
Handwerksblatt: Ist es sinnvoll, immer eine "Offene Tür" zu haben?
Grombach: Für Kunden und Mitarbeiter ist es positiv, wenn der Chef jederzeit ansprechbar ist. Nur er wird dabei zu kurz kommen. Die Tür eines Vorgesetzten sollte zu sein, wenn er ein Gespräch führen oder konzentriert arbeiten will. Feste Zeitblöcke für konzentrierte Beschäftigung sind hilfreich. In einer ungestörten Stunde erledigen Sie das Doppelte von dem, was Sie in einer gestörten Stunde zuwege bringen.
Handwerksblatt: Thema E-Mails und Smartphone: Muss man als Chef wirklich immer erreichbar sein? Und jede Mail immer sofort beantworten?
Grombach: Ständige Erreichbarkeit hat negative Auswirkungen auf Ihr Zeitmanagement und führt vielfach schon zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Planen und kommunizieren Sie feste Effizientes Terminmanagement:
Termine selbst vorschlagen / vorgeben (nach Ihrem Zeitplan)!
Teilen Sie Ihrem Gegenüber gleich mit – wieviel Zeit Sie haben/der Vorgang dauert.
"Verdächtige" Termine an kurz vor die Mittagspause oder kurz vor Feierabend…Zeiten, in denen Sie für Kunden und Mitarbeiter zur Verfügung stehen. So kanalisieren Sie Anfragen, Abstimmungen und gemeinsame Erledigungen. Auch Abwesenheitszeiten und störungsfreie Zeiten, die Ihrem Umfeld transparent gemacht werden – bringen Sie zu einer zielführenden Zeiteinteilung. Hier ist Disziplin wichtig. Halten Sie vereinbarte Zeiten und Termine ein. Und lassen Sie sich nicht durch jede ankommende E-Mail aus der aktuellen Arbeit herausreißen. Deaktivieren Sie die Benachrichtigungsfunktion und bearbeiten Sie ihre Mails gebündelt dreimal täglich. Der Posteingang sollte geleert werden. Entscheiden Sie direkt, was mit der E-Mail zu tun ist: zum Vorgang speichern oder terminieren, etwa in einem Unterordner "Bearbeiten". So entsteht Übersicht – auch im Team. Nichts wird vergessen. Sie können einen Vorgang nach dem anderen bearbeiten.
Handwerksblatt: Wie lernt man delegieren?
Grombach: Teamarbeit spart Zeit und schafft Motivation! Geben Sie Ihren Mitarbeitern alle Informationen und genug Freiraum für eigene Entscheidungen. Die Mitarbeiter können für den Chef zur Belastung werden, wenn sie unselbständig arbeiten, wegen jeder Kleinigkeit rückfragen, sich bei ihm rückversichern oder an ihn rückdelegieren wollen.
Aufgabeneffizienz
- Tagesplanung & Wochenplanung mit festen Zeiten für regelmäßige Arbeiten
- Regelmäßige Aufgaben zu regelmäßigen Zeiten.
- Beginnen Sie mit den 3 größten Aufgaben für den Tag.
- Fügen Sie später kleine Aufgaben hinzu.
- Erledigen Sie unangenehme Aufgaben zu Beginn des Tages.
- Bringen Sie Aufgaben zu Ende – mindestens zum Teilschritt.
- Erledigen Sie gleichartige Tätigkeiten im Block.
- Erledigen Sie Aufgaben gleichen Inhaltes am Stück (projektbezogen).
- Biorhythmus beachten – nicht alles geht zu jeder Zeit…
- Erstellen Sie vollständige nachvollziehbare Notizen.
- Tragen Sie wichtige Informationen vorab zusammen – bevor Sie handeln.
Das Mittel gegen Zeitdruck: Der Tausch-Trick!
Probieren Sie mal, wie es sich anfühlt, wenn Sie Erledigungen positiv benennen. Drei Beispiele:
Sie sagen: "Ich muss noch dringend die Rechnungen erstellen."
Sagen Sie stattdessen: "Ich möchte heute in Ruhe die Rechnungen erledigen."
Sie sagen: "Ich brauche noch ganz schnell einen Kaffee."
Sagen Sie stattdessen: "Ich trinke jetzt erst mal meinen Kaffee."
Sie sagen: "Ich habe eine Aufgabenliste, daran muss ich mich halten."
Sagen Sie stattdessen: "Meine Aufgabenliste hilft mir, den Überblick zu behalten."
Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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