Mietkürzung wegen Lockdowns: Widersprüchliche OLG-Urteile
Ein Gewerbemieter durfte seine Miete wegen des staatlichen Lockdowns um die Hälfte reduzieren, sagt das Oberlandesgericht Dresden. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat am selben Tag das Gegenteil entschieden.
Derselbe Mieter, derselbe Sachverhalt, zwei Oberlandesgerichte, zwei Meinungen: In Dresden bekam der Mieter recht, in Karlsruhe der Vermieter. In beiden Fällen ging es um die Kürzung der Miete wegen des Lockdowns.
OLG Dresden: Miete kürzen
Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden entschied am 24. Februar 2021 (Urteil Az. 5 U 1782/20), "eine Reduzierung der Kaltmiete um 50 Prozent ist gerechtfertigt, weil keine der Parteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt oder sie vorhergesehen hat". In dem entschiedenen Fall sei es angemessen, die Belastung gleichmäßig unter den Vertragspartnern zu verteilen.
Das Gericht gab damit der Händlerkette KiK teilweise recht, die ihre Miete für die Filiale in Sehma im April 2020 nicht gezahlt hatte, weil sie vom 19. März bis 19. April 2020 ihr Geschäft wegen der sächsischen Corona-Schutzverordnung nicht öffnen konnte. Die Richter werten die staatliche Schließung von Geschäften als eine "Störung der Geschäftsgrundlage", so dass eine Anpassung des Vertrages zu erfolgen habe. Es sei angemessen, die damit verbundene Belastung gleichmäßig auf beide Parteien zu verteilen.
Der Vermieter hat laut Bild-Zeitung bereits angekündigt, zum Bundesgerichtshof (BGH) in Revision zu gehen.
OLG Karlsruhe: Volle Miete zahlen
Auch bei dem Urteil des OLG Karlsruhe vom selben Tag (Az. 7 U 109/20) geht es um KiK und die Monatsmiete für April 2020. Hier bekam jedoch der Vermieter recht. Eine coronabedingte Schließung begründet nach Ansicht der Richter keinen Sachmangel, der einen Mieter zur Minderung der Miete berechtigt. Die Nutzung der Mieträume als Verkaufs- und Lagerräume sei weiterhin möglich.
Das Gericht wies allerdings darauf hin, dass der Wegfall der Geschäftsgrundlage grundsätzlich in Betracht kommen könne. Dies setze jedoch voraus, dass die Zahlung den Mieter in seiner Existenz vernichten oder zumindest schwerwiegend beeinträchtigen könne und auch die Interessenlage des Vermieters eine Vertragsanpassung erlaube. Hierfür müssten die Umstände des Einzelfalls geprüft werden. Dabei seien unter anderem der Rückgang der Umsätze, mögliche Kompensationen durch Onlinehandel oder durch öffentliche Leistungen, ersparte Aufwendungen zum Beispiel durch Kurzarbeit sowie fortbestehende Vermögenswerte durch weiterhin verkaufbare Ware zu berücksichtigen.
Solche besonderen Umstände habe die Mieterin nicht ausreichend geltend gemacht. Das OLG hat die Revision zum BGH zugelassen.
Neue gesetzliche Regelung einbeziehen
Durch die angekündigte Revision erhält eine neue Regelung höchstrichterliche Beachtung, die erst am 17. Dezember 2020 in Kraft trat: der Gesetzgeber hat jetzt klargestellt, dass mit der Pandemie die Geschäftsgrundlage, die beim Vertragsabschluss galt – also die Nutzung der Gewerberäume –, entfällt. Gewerbliche Mieter sind jetzt in einer besseren Position, wenn sie mit Vermietern oder Verpächtern über eine Vertragsänderung sprechen wollen. Also auch darüber, ob sich die Höhe der Miete oder Pacht anpassen lässt.
Gerichte hatten in Prozessen um Mietminderungen wegen des Lockdowns bislang sehr unterschiedlich geurteilt. Daher wurde diese neue Regelung eingeführt. Nun ist der Bundesgerichtshof gefragt, eine grundsätzliche Linie in die uneinheitliche Rechtsprechung zu bringen.
GewerbemietverträgeLesen Sie hier > Zehn Fragen und Antworten zum Gewerbemietrecht
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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