Triales Studium: Dreifach gelernt hält besser
Die HWK zu Köln bringt mit dem trialen Studium berufliche und akademische Bildung unter einen Hut. In etwa 4,5 Jahren kann man den Gesellenbrief, Meisterbrief und Bachelor of Arts machen.
Der demografische Wandel ist im vollen Gange. Die Altersstruktur der Bevölkerung verändert sich – immer weniger junge Menschen stehen immer mehr älteren Menschen gegenüber. Auch das Handwerk bekommt das zu spüren. In manchen Gewerken suchen die Betriebe bereits jetzt händeringend nach Nachwuchs. Fachkräftemangel droht. Neue Ideen sind gefragt, um mehr junge Menschen für das Handwerk zu begeistern.
Die Handwerkskammer zu Köln hatte eine: Um neue Führungskräfte auszubilden und bereitzustellen, bietet sie als einzige Kammer in Deutschland ein sogenanntes triales Studium Handwerksmanagement an. Damit können junge Leute in etwa 4,5 Jahren den handwerklichen Ausbildungsabschluss (Gesellenbrief), Weiterbildungsabschluss (Meisterbrief) und einen akademischen Ausbildungsabschluss (Bachelor of Arts) im Handwerksmanagement unter Dach und Fach bringen.
Leistungsstarke Jugendliche gesucht
"So verbinden wir die Vorteile der beruflichen und akademischen Bildung", erklärt Michael Brücken: "Wir wollen leistungsstarke Jugendliche ins Handwerk holen und es mit neuen Karrierewegen attraktiver machen", so der Studien- und Weiterbildungsberater der Kammer zu Köln. Mit leistungsstarken Jugendlichen meint er Schulabgänger mit Fachhochschulreife oder Abitur.
Einen dieser Abschlüsse müssen Bewerber für ein solches Studium mitbringen. Mitbringen sollten sie auch einen Handwerksbetrieb, der unter den besonderen Bedingungen einen Ausbildungsvertrag mit ihnen schließt. Und das ist nicht immer einfach. "Es gab auch Interessenten, die keinen Betrieb gefunden haben. Wir helfen gerne bei der Suche und sprechen auch mit den Unternehmen." Im Augenblick legt die Kammer ein Verzeichnis mit Firmen an, die bereit sind mitzumachen.
Ausbildung und Studium starten synchron
Insgesamt bietet die Kammer das Studium für 19 verschiedene Gewerke an (siehe Infokasten). Aber auch für andere Gewerke gebe es im Einzelfall eine Lösung. "Wir versuchen, so gut es geht, auf die Bedürfnisse der Bewerber einzugehen", versichert Brücken. Wenn alles passt und auch das interne Auswahlverfahren überstanden ist, kann es losgehen. Ausbildung und Studium starten synchron.
Im Rahmen der Ausbildung verbringen die Teilnehmer die Arbeitswochen größtenteils im Betrieb. Hinzu kommen die Tage in der Berufsschule und in der überbetrieblichen Ausbildung. Parallel findet das Studium an jedem zweiten Freitagabend und Samstagvormittag statt. Im akademischen Bereich arbeitet die Kammer mit der Fachhochschule des Mittelstands (staatlich anerkannt), einer privaten Einrichtung, zusammen.
Fernziel Betriebsübernahme
Die Ausbildung erfolgt in der Regel innerhalb von 2,5 Jahren. Es geht aber auch schneller. Das beweist Isabelle Lubig; sie hat die Ausbildung zur Bäckerin innerhalb des Studiums schon nach 1,5 Jahren hinter sich gebracht. Ein Infoschreiben der Kammer zum Studium im väterlichen Betrieb hat sie auf den Geschmack gebracht: "Das klang sehr interessant. Ich habe dann direkt einen Beratungstermin vereinbart", erinnert sich die 20-Jährige.
Jetzt ist sie mittendrin. Die höhere Belastung durch das komprimierte Lernen auch an Wochenenden ist für sie kein Problem. "Man muss nur ein Ziel vor Augen haben und sein eigener Motivator sein." Nach dem Studium möchte sie raus aus dem elterlichen Unternehmen, um "mal über den Tellerrand zu schauen". Ob sie dabei bei ihrem jetzigen Handwerk bleibt oder etwas Neues ausprobiert, weiß sie noch nicht. Fernziel bleibt aber die Übernahme des Betriebs ihres Vaters. Doch so weit ist es noch nicht.
Kosten und Kontakt
Das triale Studium kostet durchschnittlich etwa 20.000 Euro (inklusive Studiengebühren und Kosten für die Meisterfortbildung, Stand 2012). Monatlich sind demnach rund 400 Euro zu zahlen. Interessenten erhalten mehr Informationen (auch über Fördermöglichkeiten) bei der Handwerkskammer zu Köln. Dort können sich auch Betriebe melden, die im Rahmen des Studiums einen Ausbildungsplatz zur Verfügung stellen möchten.
Michael Brücken, Tel.: 0221/ 2022749; E-Mail: bruecken@hwk-koeln.de
Kein Studium von der Stange
Zuerst geht es in die Meisterfortbildung. Sie folgt nahtlos auf die Ausbildung und dauert im Normalfall weitere zwei Jahre – auch hier läuft parallel der akademische Teil. Am Ende warten die Meisterprüfung und eine wissenschaftliche Arbeit für den Bachelor-Abschluss.
"Wer ein solches Studium macht, weiß danach, was Arbeit ist", betont Brücken. Wenig Chancen für Faulenzer also. Auch die Handwerkskammer zu Köln hat ihre Hausaufgaben gemacht und zwei Jahre für die Vorbereitungen gebraucht. "Wir mussten eine Hochschule als Partner suchen, danach Synergien aufdecken und den Lehrplan aufstellen. Das triale Studium ist eben alles andere als ein Studium von der Stange."
Die Handwerkskammer zu Köln bietet das triale Studium für insgesamt 19 Gewerke an:
- Augenoptiker
- Bäcker
- Dachdecker
- Elektrotechniker
- Feinwerkmechaniker
- Fliesenleger
- Friseure
- Informationstechniker
- Installateure und Heizungsbauer
- Karosseriebauer
- Kraftfahrzeugtechniker
- Konditoren
- Maler und Lackierer
- Maurer und Betonbauer
- Metallbauer
- Straßenbauer
- Tischler
- Zahntechniker
- Zweiradmechaniker
Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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