NRW-Handwerk erklimmt neue Höchstwerte
Das abgelaufene Jahr war für das Handwerk in NRW erneut erfolgreich, und die Geschäfte scheinen auch weiterhin gut zu laufen. Der Fachkräftemangel erweist sich immer mehr als Wachstumsbremse.
Im achten Jahr in Folge wartet das nordrhein-westfälische Handwerk mit "herausragenden Zahlen" auf. Dieses Fazit zog Andreas Ehlert, Präsident von Handwerk NRW, auf der Jahrespressekonferenz in Düsseldorf. So ist der Geschäftsklimaindex im Vergleich zum Herbst 2016 um drei Prozentpunkte auf 130 gestiegen. Eine hohe Wachstumsrate verzeichnete dabei vor allem der gewerbliche Bedarf. Die Branchen Gesundheit und personenbezogene Dienstleistungen büßten dagegen leicht ein. Der Umsatz aller Handwerke in NRW dürfte 2017 bei 122 Milliarden Euro liegen. Dies wäre ein Plus von drei Prozent. Mit derselben Steigerungsrate rechnet Ehlert auch für das laufende Jahr.
Andreas Ehlert, Präsident von Handwerk NRW und der Handwerkskammer Düsseldorf; Foto: © Ingo Lammert Als "Wermutstropfen" bezeichnete er die stagnierenden Beschäftigtenzahlen. Weder im vorigen noch im nächsten Jahr dürfte die Zahl der Mitarbeiter wachsen und damit bei 1,1 Millionen verharren. "Der Fachkräftemangel wirkt bei uns als Wachstums- und Beschäftigungsbremse. Die Betriebe können nicht alles leisten, was sie könnten." Erfreulich sei der deutliche Anstieg bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverhältnissen. Landesweit sei ein Plus von knapp vier Prozent auf 30.000 zu verzeichnen. Mit Blick auf die Schulabschlüsse sei eine Trendwende zu beobachten. Zunehmend fangen Abiturienten eine Lehre im Handwerk an. Ihr Anteil an den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen habe im vergangenen Jahr zwischen 20 und 30 Prozent gelegen.
Erfolgreiche Integration nur durch gelungene Bildungspolitik
Zur positiven Entwicklung am Ausbildungsmarkt haben auch die Flüchtlinge beigetragen. Die Zahl der Auszubildenden im ersten Lehrjahr aus den acht wichtigsten Herkunftsländern habe sich im vorigen Jahr gegenüber 2015 mehr als verfünffacht: von 339 auf 1.985. Damit alle Beteiligten sicherer planen können, regte Ehlert an, die Asylverfahren zu beschleunigen und schnell die Bleibeperspektive zu klären. Die Betriebe bräuchten mehr Unterstützung. Um dem Unterricht in der Berufsschule zu folgen und die Ausbildung erfolgreich abzuschließen, müssten sich die Sprachkenntnisse der Flüchtlinge verbessern. Die Standards in der Ausbildung dürften nicht abgesenkt werden. Am Ende des Qualifizierungsweges müsse es heißen: kein Abschluss ohne Arbeitsmarkttauglichkeit. "Der Erfolg der Integration wird sich über die Bildungspolitik entscheiden", steht für Ehlert fest.
Viel zu tun in der beruflichen Bildung
Bei der beruflichen Bildung macht der Präsident von Handwerk NRW "großen Handlungsbedarf" aus. Sie sei in der Vergangenheit eher stiefmütterlich behandelt worden. Die Berufskollegs und die überbetriebliche Lehrwerkstätten bräuchten eine "herausragende Ausstattung". Auch die Einführung des Azubi-Tickets werde man beharrlich verfolgen. Zudem müsse der Unterrichtsausfall und der Fachlehrermangel an den allgemein bildenden und beruflichen Schulen beseitigt werden. Als weiteres Thema der Landespolitik nannte er den Strukturwandel. "Wenn es zu einer großen Ruhrgebietskonferenz kommt, erwarten wir, dass wir dabei sind und uns einbringen können." Der Ruf nach noch mehr Subventionen und noch mehr politischem Interventionismus helfe nicht weiter. Vielmehr müssten mittelständische Strukturen aufgebaut und gestärkt werden.
Steuern müssen gesenkt werden
Auf der Jahrespressekonferenz ging Ehlert auch auf die Bundespolitik ein. Von der neuen Regierung in Berlin erwartet er, dass mehr in die berufliche Bildung investiert wird. Dabei sei aber fraglich, ob die Aufhebung des Kooperationsverbots die richtige Lösung sei. Der Präsident von Handwerk NRW verspricht sich mehr davon, dass mehr Steuermittel in den Bundesländern verbleiben. In der Fiskalpolitik verlangt er ein klares Signal, die Steuerbelastung zu senken. "Leistungsbereite Fachkräfte und Mittelständler dürfen nicht weiter geschröpft werden", forderte Ehlert.
Auch die Sozialsysteme müssten tragfähig gemacht werden. Die Bürgerversicherung lehnt er ab. Klare Regelungen forderte er in Sachen Dieselfahrzeuge. "Viele Betriebe würden gerne ihren Fuhrpark erneuern und emissionsärmere Fahrzeuge anschaffen. Aber dafür brauchen wir nicht nur entsprechende Angebote der Industrie, sondern auch Rechtssicherheit seitens der Politik." Die drohenden Fahrverbote für moderne Dieselfahrzeuge, von denen viele auf Drängen der Politik erst angeschafft wurden, seien Gift. Verlässliche Eckdaten wünscht sich Ehlert auch bei der Gebäudesanierung und für den Wohnungsbau. Sein abschließender Appell: "Wir erwarten keine Subventionen oder Schutzräume, sondern verlässliche Rahmenbedingungen."
Text:
Bernd Lorenz /
handwerksblatt.de
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