NRW: Schwächere Konjunktur nach Rekordjahr
Nach dem Rekordjahr 2018 erwartet Handwerk.NRW einen leicht gedrosselten Konjunkturmotor. Die Wirtschaftsleistung wuchs 2018 um fünf Prozent, 2019 sollen es vier Prozent werden.
Das Handwerk in Nordrhein-Westfalen hat ein Rekordjahr 2018 verbucht. "Die konjunkturelle Stimmung hat ausweislich der Halbjahresumfragen in allen 7 Kammerbezirken mit einem Geschäftsklima von 140 Punkten im Frühling und 136 Punkten im Spätjahr ein historisch einmaliges Niveau erreicht", erläuterten der Präsident der Dachorganisation Handwerk.NRW, Andreas Ehlert, und deren Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Hans Jörg Hennecke eine eindrucksvolle Jahresbilanz vor Journalisten. Der Wirtschaftsbereich gehe von einem Umsatzplus in Höhe von nominal 5 Prozent aus.
Hervorragende Stimmung wird durch Bauwirtschaft getragen
Die "hervorragende Stimmung" werde unverändert maßgeblich von der Bauwirtschaft getragen. Bauunternehmen und Straßenbau legten alleine im dritten Quartal bundesweit um zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal zu, in Nordrhein-Westfalen sogar um 27 Prozent. Das Handwerk spricht von einem "Wüst-Effekt". Ehlert: "Denn vor allem in den Straßenbau ist in den letzten beiden Jahren markant investiert worden". Neben dem bekannten Personalmangel komme es hier inzwischen teilweise zu Materialengpässen. Bauhauptgewerbe und Ausbaugewerbe stehen für etwa die Hälfte des Umsatzes im Handwerk.
Mehr Beschäftigte, Auszubildende & Betriebe
Die Landeshandwerksvertretung rechnet darüber hinaus für das abgelaufene Jahr nach vorläufigen Zahlen mit einem leichten Beschäftigungszuwachs und einem milden Anstieg der neu abgeschlossenen AusbildungsverhäItnisse. "Ein Mehrfaches wäre jeweils notwendig, um das Auftragsvolumen zeitnah bedienen zu können. Es bleibt dabei, das Handwerk hat in den letzten Jahren nur unterdurchschnittlich von der Expansion der Erwerbstätigkeit profitiert", ordnete Ehlert die Situation auf dem handwerklichen Arbeitsmarkt im Land ein.
Leicht angewachsen ist auch die Zahl der Handwerksbetriebe, um 226 Betriebe auf nun 190.239. 54 Prozent der Firmen gehören aktuell dem sogenannten Vollhandwerk an - den 41 Handwerksberufen, die für eine selbstständige Unternehmensführung eine abgeschlossene Meisterprüfung voraussetzen. Die meisterqualifizierten Betriebe binden knapp 70 Prozent der Beschäftigten im Handwerkssektor und erwirtschaften rund 90 Prozent des Umsatzes. Den stärksten Zuwachs bei den Betriebszahlen registrierte der Kosmetikerberuf; den größten Rückgang verzeichnete die Fliesenlegerbranche (minus 257), "die in den Jahren nach der verfehlten Novelle der Handwerksordnung im Jahr 2004 bei Gründern ohne ausreichende Qualifikationsbasis besonders beliebt, entsprechend aufgebläht und von starker Fluktuation betroffen war", kommentierte Ehlert den Befund.
Deutliches Plus auch in 2019
Im günstigsten Fall sei für das nordrhein-westfälische Handwerk im Jahr 2019 ein nominales Umsatzplus von 4 Prozentpunkten erreichbar. Die Perspektiven seien aber mit einigen Unsicherheiten behaftet, sagt der Spitzenverband. Brexit, Handelskonflikt und Ungewissheiten hinsichtlich der Euro-Stabilität und der Schuldensituation im Euro-Raum sorgten für größere Unwägbarkeiten als in den Vorjahren. "Die allgemeinen Wachstumsprognosen sind korrigiert, die letzten beiden Quartale liefen gesamtwirtschaftlich nicht rund. Teure Sozialreformen auf Bundesebene erhöhen überdies das Fixkostenrisiko der Unternehmen", begründete Ehlert die Zurückhaltung bei der Prognose. Es sei nun wichtig, dass die Politik umsteuere und mehr für bessere Standortbedingungen tue, zum Beispiel durch wirksame Steuer- und Bürokratieentlastungen für Unternehmen und Beschäftigte.
Text:
Michael Block /
handwerksblatt.de
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