Eine vorherige Ausbildung des Personals nach der GebReinAusbVO gibt es im betreffenden Betrieb nicht.

Eine vorherige Ausbildung des Personals nach der GebReinAusbVO gibt es im betreffenden Betrieb nicht. (Foto: © senkaja/123RF.com)

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Gebäudereiniger siegt vor Gericht: Kein Handwerk

Ein Betrieb verlangte die Löschung aus der Handwerksrolle, weil er das Gebäudereiniger-Gewerbe nicht handwerksmäßig betreibe, sondern als Industriebetrieb. Vor Gericht hatte er damit Erfolg.

Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin stand einem Gebäudereiniger die Löschung aus der Handwerksrolle zu. Er übe sein Gewerbe nicht handwerksmäßig aus, befanden die Richter.

Entscheidendes Indiz war für die Richter dabei eine kurze Anlernzeit von ein bis drei Wochen zur Ausübung einfacher Tätigkeiten. Das VG folgte damit dem Bundesverwaltungsgericht, das diese Differenzierung zwischen wesentlichen und unwesentlichen Tätigkeiten schon bei Kosmetikern und Make-Up-Artists gemacht hatte. Ein in Anlage B zur Handwerksordnung (HwO) aufgeführtes zulassungsfreies Gewerbe kann auf eigenen Wunsch damit aus der Handwerksrolle gelöscht werden, weil dieses nicht handwerksmäßig betrieben wird, urteilte das Berliner VG. 

Der Fall

Eine GmbH und Co. KG war in der Handwerksrolle für das zulassungsfreie Handwerk "Gebäudereiniger" eingetragen und Mitglied der Handwerkskammer Berlin. Gegenstand des Betriebs war ursprünglich die Reinigung von Gebäuden und Freiflächen. Im Juli 2019 meldete der Inhaber dieses Gewerbe ab. Gleichzeitig meldete er ein neues Gewerbe an, dessen  Gegenstand "Sonstige Reinigungsarbeiten, gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung, Hotelservice, Betriebsart Industrie" waren. Der Betrieb wurde 2020 parallel Mitglied der IHK Berlin. Als Wirtschaftszweige des Unternehmens sind in der Bestätigung der IHK angegeben: "Sonstige Reinigung a.n.g. und Vermittlung von Arbeitskräften".

Am 6. Februar 2020 beantragte die GmbH die Löschung aus der Handwerksrolle, weil sie ihre Tätigkeit zum Industriebetrieb geändert habe. Die typischen Gebäudereinigungsarbeiten wie Baureinigung, Arbeiten in großen Höhen, Fassadenreinigung, Glas- und Rahmenreinigung, Außenreinigung, Winterdienste, Reinigung von Verkehrsmitteln sowie Desinfektion und Schädlingsbekämpfung sei nicht ihr überwiegendes Tätigkeitsfeld, diese biete sie nicht mehr an.

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Stattdessen übernehme sie Hoteldienstleistungen und Conciergetätigkeiten, Servicetätigkeiten wie die Herrichtung und Kontrolle von Gästezimmern, Hol- und Bringdienste, Servicearbeiten in der "Public Arena", Stewarding-Tätigkeiten und Küchendienste, Minibar-Service sowie Inventur. Damit machten Service- und Dienstleistungen den hauptsächlichen Teil ihrer Tätigkeit aus. Überwiegend würden kurzfristig angelernte oder ungelernte Mitarbeiter beschäftigt, die leicht austauschbar und nicht besonders qualifiziert seien, argumentierte die GmbH. Die Voraussetzungen für eine Eintragung in der Handwerksrolle lägen demnach nicht mehr vor, so dass ein Anspruch auf Löschung bestehe.

Die Handwerkskammer Berlin wies die Löschung zurück. Dagegen klagte der Betriebsinhaber.

Das Urteil

Er hatte vor Gericht Erfolg. Das Verwaltungsgericht Berlin verpflichtete die Handwerkskammer, den Betrieb aus der Handwerksrolle zu löschen. Die Voraussetzungen für die Eintragung lägen nicht mehr vor, weil der Betrieb weder ein zulassungsfreier Handwerksbetrieb noch ein handwerksähnliches Gewerbe nach § 18 Abs. 1 Satz 1 HwO sei. Er übe zwar das Gewerbe eines Gebäudereinigers aus, weil er auch einer Tätigkeit nachgehe, die für das Gebäudereiniger-Handwerk wesentlich sei, so das Urteil.

Das Unternehmen werde aber "nicht handwerksmäßig betrieben". Die bloße Nennung seiner Gewerbetätigkeit in der Anlage B Abschnitt 1 sei nur ein Hinweis für die Zugehörigkeit zum zulassungsfreien Gewerbe. Ob ein Betrieb handwerksmäßig arbeite, richte sich nach seinem Gesamtbild.

Handwerk bei mindestens mittlerem Schwierigkeitsgrad

"Eine handwerksmäßige Betriebsform zeichnet sich dadurch aus, dass die Arbeitsleistung im Betrieb durch – ggf. mit Hilfsmitteln unterstützte – qualifizierte Handarbeit erzielt wird und fachgerecht und einwandfrei nur bei Beherrschung der in handwerklicher Schulung erworbenen Kenntnisse und Handfertigkeiten erzielt werden kann", so das Urteil im Wortlaut. "Die für die ausgeübte Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse und die dafür nötige Handfertigkeit müssen mindestens einen mittleren Schwierigkeitsgrad aufweisen; zur Konkretisierung des Erfordernisses eines mindestens mittleren Schwierigkeitsgrades kann die Dauer der Anlernzeit für eine einwandfreie Ausübung der Tätigkeiten des jeweiligen Betriebes herangezogen werden. Anknüpfend an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat der Gesetzgeber bei der Einführung von § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 HwO Tätigkeiten als lediglich einfach angesehen, die in einem Zeitraum von bis zu drei Monaten erlernt werden können."

Kurze Anlernzeit als Kriterium für einfache Arbeit

Das VG Berlin sieht in dem vorliegenden Fall keine handwerkliche Arbeit. "Nach diesem Maßstab werden die von der Klägerin angebotenen Reinigungsleistungen nicht handwerksmäßig erbracht, selbst wenn diese kaum Maschinen einsetzt, sondern ihre Beschäftigten vorwiegend körperlich tätig werden", erklärt das Urteil wörtlich. "Denn auch wenn ein Kriterium zur Abgrenzung der "Handwerklichkeit" von der "industriellen Tätigkeit" Art und Umfang des Einsatzes von Maschinen im weitesten Sinne sein kann, ändert dies im konkreten Fall nichts daran, dass die hierbei zu verrichtenden Tätigkeiten zur Reinigung von (Hotel-)Zimmern leicht zu erlernen sind. Mit einer unwidersprochen gebliebenen und auch lebensnah erscheinenden Anlernphase zur Verrichtung dieser Reinigungstätigkeiten durch die im Übrigen leicht austauschbaren Beschäftigten von nur ein bis drei Wochen liegt diese Zeit noch
deutlich unter der vom Bundesverwaltungsgericht für maßgeblich gehaltenen unteren Grenze von drei Monaten. Eine vorherige Ausbildung des Personals nach der GebReinAusbVO findet im Betrieb der Klägerin nicht statt. Die einfachen Reinigungstätigkeiten werden in einem äußerst überschaubaren Aufgabenkreis erbracht, ohne dass hierfür besondere Handfertigkeiten vonnöten sind."

Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 25. Juni 2024, Az. 4 K81.23 

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Text: / handwerksblatt.de

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