Achtung: Fallstricke bei der Leiharbeit
Die sogenannte Leiharbeit hat in Deutschland Hochkonjunktur – auch im Handwerk. Aber Vorsicht! Es lauern Risiken, besonders für den Betrieb, der den Leiharbeitnehmer beschäftigen will.
Unzählige Unternehmen, wozu auch eine Vielzahl von Handwerksbetrieben gehört, machen Gebrauch von der scheinbar günstigen Gelegenheit, Arbeitnehmer mit überschaubaren rechtlichen Risiken einzustellen. Leiharbeitnehmer versprechen, jedenfalls auf den ersten Blick, dem neuen Arbeitgeber eine clevere Variante, vakante Stellen vorübergehend zu besetzen, ohne dabei die üblichen Risiken einer befristeten oder unbefristeten Einstellung eingehen zu müssen.
Das hinter der Leiharbeit steckende Prinzip ist dabei eigentlich zunächst vergleichsweise einfach: Der Begriff des Leiharbeitnehmers steht als Oberbegriff für alle Formen der sogenannten Arbeitnehmerüberlassung nach Paragraf eins des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG). Hintergrund dieses schon im Jahre 1972 erlassenen und 1995 dann weitestgehend neu gefassten Gesetzes war die Idee, Arbeitgeber vermehrt zur Schaffung von neuen Arbeitsplätzen zu motivieren, und zwar unter Ausschaltung der üblichen vertraglichen Risiken.
Kein Vertrag zwischen Entleiher und Arbeitnehmer
Rechtlich betrachtet funktioniert das Ganze dann so, dass der zukünftige Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag mit einer Leiharbeitsfirma abschließt, die ihrerseits dann einen sogenannten Überlassungsvertrag mit dem Entleiher des Arbeitnehmers schließt, bei dem der Arbeitnehmer dann auch tatsächlich arbeiten soll. Einen Arbeitsvertrag zwischen dem Arbeitnehmer und dem Unternehmen, bei dem er später beschäftigt wird, besteht folglich gar nicht!
Der Arbeitnehmer wird damit bei genauer Betrachtung bei einem Unternehmen tätig, mit dem er gar keinen Vertrag hat – er wird an dieses Unternehmen eben nur von der Leiharbeitsfirma verliehen mit der Folge, dass auch keine arbeitsvertraglichen Probleme (wie zum Beispiel Lohn, Kündigung, Urlaub oder sonstige Streitthemen) zwischen Arbeitnehmer und Unternehmen auftreten können. Insoweit muss sich der Arbeitnehmer alleine mit der Leiharbeitsfirma auseinandersetzen. Wie gesagt, aus Sicht des Unternehmens eine scheinbar sichere Variante, einen neuen Arbeitnehmer für den Betrieb zu gewinnen.
Entleiherbetrieb hat Rechte
Beachten sollte man indes zum einen, dass im Verhältnis des Leiharbeitnehmers zu seinem Betrieb (mit dem er eigentlich keinen Arbeitsvertrag hat!) – entgegen landläufiger Meinung – gleichwohl rechtliche Verbindungen bestehen, und zwar solche, die sich auf die konkrete Erbringung der Arbeitsleistung beziehen. Insbesondere muss sich der Betrieb um die Arbeitssicherheit (!) kümmern und vor allem steht dem Betrieb das Weisungsrecht nach Paragraph 106 der Gewerbeordnung gegenüber dem Leiharbeitnehmer zu: Der Betrieb kann also über Ort, Zeit und Inhalt der Arbeit selbst bestimmen.
Zum anderen sollte man als Unternehmer, der einen Leiharbeitnehmer beschäftigt oder beschäftigen möchte, unbedingt noch die folgenden beiden Regeln beachten: Für den Vertrag zwischen der Leiharbeitsfirma und dem entleihenden Betrieb ist die Schriftform zwingend erforderlich (Paragraf 12 AÜG). Nach dem Vertrag ist der Verleiher verpflichtet, dem Entleiher einen Arbeitnehmer zu überlassen, während das Unternehmen das vereinbarte Entgelt an die Leiharbeitsfirma zahlt. Die Leiharbeitsfirma ihrerseits schließt mit dem Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag (Parargraf 11 AÜG) und zahlt aus diesem an den Arbeitnehmer den zwischen ihnen vereinbarten Lohn.
Gleiche Arbeitsbedingungen
Unter anderem bei dieser Lohnzahlung gilt aber das sogenannte Equal-Pay-Prinzip, das bedeutet, dass der Leiharbeitnehmer zu den gleichen Arbeitsbedingungen beschäftigt werden muss wie die sonstigen Arbeitnehmer im jeweiligen Betrieb. Der (entliehene) Arbeitnehmer darf also nicht weniger verdienen als die anderen Arbeitnehmer im Betrieb. Und: Hiervon darf nur dann abgewichen werden, wenn ein gültiger Tarifvertrag eine entsprechende Regelung enthält.
Wird gegen dieses Prinzip verstoßen, drohen der Leiharbeitsfirma dramatische Rechtsfolgen: Nach Paragraf 10 AÜG muss bei einem Verstoß gegen das Equal-Pay-Prinzip der rückständige Lohn vollständig (!) nachbezahlt werden. Im Übrigen kommt bei Verletzung der Vorschriften des AÜG ein – Achtung! – unbefristetes Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Unternehmen (!) zustande, bei dem der Leiharbeitnehmer beschäftigt ist.
Fazit: Bei der Verpflichtung eines Leiharbeitnehmers sollte man grundsätzlich und sehr genau darauf achten, dass die gesetzlichen Vorschriften des AÜG eingehalten werden. Wer das nicht tut, läuft Gefahr, einen (eigentlich ja gerade nicht gewollten) unbefristeten Vertrag mit dem neuen Arbeitnehmer zu schließen, während die Leiharbeitsfirma sogar mit Nachzahlungen in enormer Höhe rechnen muss, falls sie dem Arbeitnehmer weniger Lohn zahlt, als die übrigen Arbeitnehmer im Betrieb erhalten.
Neues Urteil zur Leiharbeit:
Leiharbeitnehmer dürfen nicht auf Dauerarbeitsplätzen eingestellt werden. Das entschied jetzt das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg. In dem konkreten Fall beabsichtigte der Arbeitgeber, auf Dauer eingerichtete Arbeitsplätze mit befristet eingesetzten Leiharbeitnehmern zu besetzen. Der Betriebsrat verweigerte seine Zustimmung. Die Richter wiesen den Antrag des Arbeitgebers zurück. Nach ihrer Auffassung hat der Betriebsrat seine Zustimmung zu Recht verweigert. Der Betriebsrat kann seine Zustimmung zu einer personellen Maßnahme dann verweigern, wenn die Maßnahme selbst gegen ein Gesetz, einen Tarifvertrag oder eine sonstige Norm verstößt.
Ein Verstoß gegen das seit dem 1. Dezember 2011 neu gefasste Arbeitnehmerüberlassungsgesetz liegt vor, wenn die Arbeitnehmerüberlassung nicht nur vorübergehend erfolgt. Auch wenn das Gesetz eine zeitliche Höchstdauer der Arbeitnehmerüberlassung nicht regelt und dem Arbeitgeber daher ein Einsatz von Leiharbeitnehmern im Interesse einer flexiblen Arbeitsgestaltung weitgehend erlaubt ist, darf der Einsatz nicht auf Dauerarbeitsplätzen erfolgen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das LAG hat die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht zugelassen. (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 19. Dezember 2012 (Az.: 4 TaBV 1163/12)
Der Autor Winfried Schwabe ist Rechtsanwalt in Köln.
Text:
Winfried Schwabe /
handwerksblatt.de
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