Ein nicht zugelassener Baustoff ist ein Mangel
Eine Leistung ist schon dann mangelhaft, wenn das verwendete Material keine bauaufsichtliche Zulassung hat. Ein Schaden muss noch nicht mal eingetreten sein.
Wärmedämmverbundsysteme sind immer wieder ein Zankapfel vor Gericht. Sogenannte nicht geregelte Bauprodukte müssen entweder eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung, ein bauaufsichtliches Prüfzeugnis oder eine Zustimmung im Einzelfall besitzen, damit der Unternehmer sie überhaupt verwenden darf. Das sagen die Bauordnungen der Länder. Fehlt diese Zulassung, kann allein das ein Mangel der gesamten Leistung des Handwerkers sein – für den er dann haften muss.
Hintergrund ist: Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Az. VII ZR 134/12) erklären Auftragnehmer bei Abschluss des Vertrages stillschweigend, dass sie die einschlägigen Gesetze und allgemein anerkannten Regeln der Technik einhalten. Deshalb ist eine Leistung bereits dann mangelhaft, wenn den verwendeten Baustoffen ein Nachweis ihrer Gebrauchstauglichkeit fehlt, den sie nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik benötigen. Denn die stillschweigend vereinbarte Beschaffenheit ist dann nicht eingehalten. Ein Schaden muss hierfür (noch) nicht eingetreten sein.
WDVS hatte keine Zulassung
Das kann für den Auftragnehmer teuer werden, wie ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart zeigt. Was war passiert? Die Auftraggeberin rügte verschiedene Mängel am Außenputz, vor allem diverse Abplatzungen an unterschiedlichen Stellen. Da die Werkleistung von der Auftraggeberin noch nicht abgenommen wurde, hätte der Auftragnehmer vor Gericht beweisen müssen, dass seine Leistung mangelfrei ist. Dazu hätte er für das von ihm verbaute Wärmedämmverbundsystem eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung vorlegen müssen. Das konnte er aber nicht. Das Gericht (Az. 10 U 46/14) verurteilte den Auftragnehmer zur Zahlung eines Kostenvorschusses von über 230.000 Euro für die voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten.
Ähnlich hat auch das Landgericht Mönchengladbach in einem Fall entschieden, in dem den verwendeten Dachplatten die CE-Kennzeichnung fehlte (Az. 4 S 141/14). Das Gericht betonte dabei, dass es unerheblich ist, ob das Bauprodukt an sich die Voraussetzungen für die Kennzeichnung oder die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung erfüllen würde. Es kommt nach der Rechtsprechung einzig und allein darauf an, ob die formellen gesetzlichen Voraussetzungen tatsächlich eingehalten sind!
Auch ohne eine besondere Vereinbarung verspricht der Auftragnehmer also bei Vertragsschluss stillschweigend die Einhaltung der Gesetze und der allgemein anerkannten Regeln der Technik. Entspricht die Werkleistung diesen Vorgaben nicht, liegt regelmäßig ein Mangel vor. Dafür genügt es, dass Bauprodukte ohne allgemeine baurechtliche Zulassung verwendet wurden.
Ausdrücklicher Hinweis hilft
Achtung: Jeder Unternehmer sollte bereits bei Vertragsschluss das verwendete Material konkret bezeichnen und auf eventuell fehlende Zulassungen ausdrücklich hinweisen! Aber auch hierbei ist äußerste Sorgfalt angebracht. Der BGH stellt (über-)hohe Anforderungen an Auftragnehmer: So ist laut den Karlsruher Richtern eine Leistung selbst dann mangelhaft, wenn eine bestimmte Beschaffenheit ausdrücklich vereinbart und eingehalten wurde, sie aber von den allgemein anerkannten Regeln abweicht und dies für den fachunkundigen Auftraggeber nicht hinreichend deutlich gemacht wurde (Az. VII ZR 134/12).
Das Urteil wörtlich: „Eine solche Vereinbarung [der Beschaffenheit] kann nicht dahin ausgelegt werden, dass von einem üblicherweise zu erwartenden Mindeststandard abgewichen werden soll, wenn auf eine solche Bedeutung nicht ausdrücklich hingewiesen wird oder der Besteller dies aus anderen Gründen, etwa einer entsprechenden Fachkunde, weiß.“
Auf zügige Abnahme drängen
Der Auftragnehmer sollte deshalb gerade bei technischen Leistungsbeschreibungen diese Ausnahme beachten. Führt also zum Beispiel die vereinbarte Leistung dazu, dass eine allgemein anerkannte Regel der Technik verletzt wird, so muss bereits in der Leistungsbeschreibung eindeutig, klar und verständlich auf diese Verletzung hingewiesen werden. Am besten in Fettdruck! Und noch ein Tipp: Unternehmer sollten nach Ende der Arbeit auf eine unverzügliche Abnahme der Leistung drängen, weil sich hierdurch die Beweislast für das Vorliegen eines Mangels umdreht. Nach der Abnahme muss der Auftraggeber einen Mangel darlegen und beweisen, vor der Abnahme muss der Auftragnehmer die Mangelfreiheit beweisen.
Hinweis: Das Thema Baustoffsicherheit ist derzeit im Umbruch. Die Bundesregierung hat im April diesen Jahres wegen sechs harmonisierter Baustoff-Normen Klage gegen die EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingereicht. Bis dahin gelten die bisherigen Anforderungen an Bauprodukte, die in den bauordnungsrechtlichen Regelungen der Bundesländer festgelegt sind, aber fort. Das Urteil des EuGH richtet sich unmittelbar nur an Deutschland (also an die einzelnen Mitgliedsstaaten) und nicht direkt an die Unternehmen. Das heißt: Bis zur verbindlichen Klärung sind die nationalen Bestimmungen maßgeblich. Außerdem ist auch der jeweilige Werkvertrag zu berücksichtigen, wo genaue Anforderungen geregelt sein können.
Rechtsanwältin Anna Rehfeldt, LL.M.
Text:
Anna Rehfeldt /
handwerksblatt.de
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