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HWK Koblenz | Februar 2025
Im Einsatz für den guten Zweck
Der Salon Annette Johann in Sohren setzt mit einer erfolgreichen Spendenaktion ein Zeichen für soziales Engagement im Handwerk.
Schon jetzt ist es für Baubetriebe schwer, die organisatorischen und finanziellen Nachteile eines geänderten Terminplans zu stemmen. (Foto: © dolgachov/123RF.com)
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Februar 2025
Laut einem neuen BGH-Urteil ist die Mitteilung von Bauverzögerungen keine Anordnung im Sinne der VOB/B mehr. Als Folge bleibt der Handwerker auf seinen Mehrkosten sitzen.
Terminverschiebungen beim Bauen bedeuten für Handwerker große organisatorische und finanzielle Herausforderungen. Bislang galt in der Rechtsprechung: Bei geänderten Bauzeiten wegen Behinderungen aus dem Risikobereich des Bauherrn erhielten Auftragnehmer eine Mehrvergütung nach § 2 Abs. 5VOB/B.
In einem neuen Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) es aber schwerer gemacht: Die Mitteilung eines geänderten Terminplans ist laut BGH nicht mehr als Anordnung des Auftraggebers im Sinne von § 2 Abs. 5VOB/B zu sehen. Damit vollzieht das höchste Zivilgericht einen Paradigmenwechsel und ändert seine Rechtsprechung.
Mit weitreichenden Folgen für die Baupraxis: Da der Bauherr durch die Änderungen des Bauablaufs keine Pflicht mehr verletzt, hat der Auftragnehmer auch keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen der Mehrkosten für Personal und Material. Diese Kosten kann er auch nicht nach § 642 BGB einfordern.
Für Bauhandwerker stellt sich nun die Frage, wie sie diese Mehrkosten durchsetzen können.
Der Freistaat Sachsen beauftragte einen Handwerksbetrieb mit Elektroarbeiten, dabei sollte die VOB/B gelten. Wegen fehlender Planungen und unvollständiger Vorleistungen zeigte der Bauherr später mehrere Baubehinderungen an. Die Bauzeit verlängerte sich mehrfach, der Auftragnehmer erhielt jeweils geänderte Terminpläne. Nach Ende der Arbeiten stellte der Elektrobetrieb seine Mehrkosten von über 56.000 Euro für Personal und Baucontainer wegen der Bauzeitverlängerung in Rechnung. Der Auftraggeber weigerte sich, diese zu zahlen.
Der BGH gab dem Bauherrn Recht. Er fand keine Norm, auf die der Handwerker seine Forderung stützen könnte. Die Karlsruher Richter prüften dabei alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen und sahen dabei keine als erfüllt an.
Eine Anpassung der Preise nach § 2 Abs. 5VOB/B falle aus, weil der Bauherr hier keine ausdrückliche Anordnung erteilt habe, so die Bundesrichter. Denn die Übermittlung des Terminplans sei keine Willenserklärung des Auftraggebers.
Für einen Schadensersatz nach § 6 Abs. 6 Satz 1 VOB Teil B fehle ein Verschulden des Auftraggebers. Die Verschiebung sei nur eine Erfüllung seiner Koordinierungsaufgabe nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B. Dabei habe er aber keine Pflicht verletzt. Für den Schadensersatz müsse die Bauzeitverzögerung jedoch durch Hindernisse verursacht werden, die auf der Verletzung einer Vertragspflicht des Bauherrn beruhen. Umstände aus der Risikosphäre des Auftraggebers, ohne dass er seine Pflicht verletzt habe, genügten nicht.
Verletze der Bauherr nur seine Obliegenheit, bleibe dem Auftragnehmer daher nur noch eine verschuldensunabhängige Entschädigung nach § 6 Abs. 6 Satz 2 VOB/B in Verbindung mit § 642 BGB. Dafür muss der Auftragnehmer aber konkret darlegen, wie lange sich seine Bauzeit durch den Verzug des Bauherrn verzögert hat. Außerdem muss er erklären, inwieweit er Leistungen nicht pünktlich ausführen konnte und deshalb Personal, Geräte und Kapital vergeblich bereitgehalten hat. Die direkten Mehrkosten des Auftrags an sich, beispielsweise wegen höherer Tariflöhne und Materialpreissteigerungen, sind davon noch gar nicht umfasst.
"Diese neue Rechtsprechung ist aus praktischer und juristischer Sicht sehr fragwürdig", kritisiert Dr. Jan-Erik Fischer, Experte für Bau- und Immobilienrecht. "Viele Handwerker werden es bei großen Bauvorhaben, die schlecht geplant wurden, zu spüren bekommen, wenn der Auftraggeber sich weigert, einen Bauzeitennachtrag zu vereinbaren." Schon jetzt sei es für Auftragnehmer sehr schwer, die organisatorischen und finanziellen Nachteile eines geänderten Terminplans zu stemmen, kritisiert der Baurechtler.
"Der BGH erteilt den Auftraggebern mit der neuen Rechtsprechung einen Persilschein, weil diese nunmehr ohne Angabe von Gründen die Ausführungstermine nach hinten verschieben könnten, ohne die Mehrkosten des Auftragnehmers für Material und Personal tragen zu müssen. Dass der Auftragnehmer auf einem Schaden sitzen bleibt, erscheint jedenfalls nicht sachgerecht."
Bundesgerichtshof, Urteil vom 19. September 2024, Az. VII ZR 10/24
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