Chef ist nicht verantwortlich für betrunkenen Fahrer
Die Unfallversicherung für den Arbeitsweg fällt weg, wenn der Arbeitnehmer alkoholisiert und absolut fahruntüchtig ist. Hat der Arbeitgeber allgemeine Schutzmaßnahmen gegen Alkohol getroffen, hat er seine Fürsorgepflicht erfüllt, auch wenn sich der Mitarbeiter am Arbeitsplatz betrunken hat.
Ein Mann verstarb auf der Heimfahrt nach seiner Arbeit bei einem Unfall. Er war mit 2,2 Promille Alkohol im Blut in einen Graben gefahren.
Die Berufsgenossenschaft lehnte eine Entschädigung der Hinterbliebenen ab, weil die absolute Fahruntüchtigkeit die alleinige Unfallursache gewesen sei. Die klagende Witwe argumentierte aber, dass im Betrieb Alkoholkonsum während der Arbeit üblich wäre und vom Arbeitgeber toleriert werde. Zudem hätten Vorgesetzte nicht nur mitgetrunken, sondern auch selbst Alkohol mit in die Firma gebracht.
Die Richter beider Instanzen gaben der Berufsgenossenschaft Recht
Die absolute Fahruntüchtigkeit sei die wesentliche Ursache für den Unfall gewesen. Alkoholmissbrauch stelle eine eigenverantwortliche Schädigung dar. Unterlasse es der Arbeitgeber, diesen während der Arbeitszeit zu unterbinden, führe dies allenfalls zu einer untergeordneten Mitverursachung. Der Versicherungsschutz hätte nur bei einer etwaigen Verletzung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers weiter bestanden.
Schutzmaßnahmen: Alkoholverbot im Betrieb und Betriebsvereinbarung
Eine maßgebliche Verletzung der Fürsorgepflicht käme nur dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber Alkohol am Arbeitsplatz geduldet und keinerlei Schutz gegen das anschließende Benutzen eines Pkw getroffen hätte. Das sei aber hier nicht der Fall gewesen. Mit einem Alkoholverbot, einer entsprechenden Betriebsvereinbarung und dem Bereitstellen alkoholfreier Getränke habe der Arbeitgeber die gebotenen Schutzmaßnahmen ergriffen.
(Wie bei Kenntnis des Arbeitgebers von einer Alkoholabhängigkeit des Arbeitnehmers zu entscheiden wäre, ließen die Richter dahinstehen, da hierfür im konkreten Fall keine Anhaltspunkte vorlägen.)
Praxistipp
Unternehmer haben grundsätzlich eine Fürsorgepflicht für ihre Mitarbeiter. Sie sollten sich vor den Folgen von Alkoholmissbrauch im Betrieb schützen, indem sie ein allgemeines Alkoholverbot erteilen, eine entsprechende Betriebsvereinbarung verfassen und alkoholfreie Getränke zur Verfügung stellen.
Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 18. Juli 2011, Az.: L 9 U 154/09
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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