Akteneinsicht: Dem Finanzamt in die Karten schauen
Nicht jede Entscheidung des Finanzamts ist nachvollziehbar. Steuerzahler dürfen aus triftigen Gründen, aber auch nur dann, Einblick in ihre eigene Akte nehmen.
Gerade bei hohen Steuerfestsetzungen bleiben schnell Fragen offen. Wer würde dann nicht gerne mal einen Blick in die eigene Steuerakte werfen, um die Entscheidung zu prüfen? Akteneinsicht gewährt das Finanzamt aber nur bei berechtigtem Interesse, sagt Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Torsten Lambertz von der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft WWS. Hat man gute Argumente, sollte es aber möglich sein.
Kein gesetzlicher Anspruch
Bei Verwaltungsvorgängen haben Bürger und Unternehmen meist einen umfassenden Informationsanspruch. Nicht so bei steuerlichen Verfahren: Es gibt keinen gesetzlichen Anspruch auf Akteneinsicht, auch nicht im Falle eines Einspruchs. Zwar können Steuerzahler im Zuge der Steuerfestsetzung Akteneinsicht beantragen, etwa wenn die Berechnung des zu versteuernden Einkommens Fragen aufwirft. "Doch nur bei einem finanzgerichtlichen Klageverfahren haben Steuerzahler ein ausdrückliches Recht auf Akteneinsicht", betont Lambertz.
Im Interesse einer bürgerfreundlichen Verwaltung und zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten sollen die Finanzbehörden indes nicht kleinlich verfahren, so der Tenor von Verwaltungsanweisungen. "Es wäre unsinnig, Steuerzahler durch eine verweigerte Akteneinsicht zur Klageerhebung zu drängen", so Lambertz.
Erbfall, Insolvenz oder ein Wechsel des Steuerberaters
Der Antrag auf Akteneinsicht ist immer dann sinnvoll, wenn Steuerpflichtige dadurch Kenntnisse erlangen, um ihre steuerrechtlichen Interessen besser geltend zu machen oder zu verteidigen. Das kann bei Erbfällen, Insolvenzen oder beim Wechsel des Steuerberaters vorliegen. In diesen Fällen werden oft Daten ohne Wissen und Beteiligung des Steuerzahlers herangezogen. Per Akteneinsicht gewinnt man einen umfassenden Überblick und kann so vollständige und zutreffende Steuererklärungen abgeben. Lambertz: "In einem Einspruchsverfahren kann der Einblick in Gutachten oder Schätzungsunterlagen wichtige Hinweise für die weitere Verfahrensführung bieten."
Finanzbehörden entscheiden individuell
Letztlich hänge es immer von den individuellen Umständen ab, ob eine Akteneinsicht gerechtfertigt und sinnvoll ist, so der Experte. Wichtig seien gute Argumente, um auch kritische Finanzbeamte zu überzeugen. Alles würden die Finanzbehörden ohnehin nicht preisgeben: Kontrollmitteilungen oder interne Vermerke auf Schwerpunkt der nächsten Außenprüfung dürfen die Finanzbeamten aus der Steuerakte herausnehmen.
Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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