So trennen Sie sich von schwierigen Mitarbeitern
Manchmal nützt die beste Menschenkenntnis nichts. Worauf Sie bei einer verhaltensbedingten Kündigung achten müssen.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Kündigung: So geht’s richtig
Er raucht heimlich in der Werkstatt, kommt fast jeden Morgen eine Viertelstunde zu spät und zettelt permanent Streit mit den Kollegen an. Einen solchen Mitarbeiter möchten Chefs am liebsten nur von hinten sehen. Und noch lieber möchten sie ihnen gleich die Kündigung in die Hand drücken. Ganz einfach ist es für Arbeitgeber nicht, sich von den schwierigen Charakteren in der Belegschaft zu trennen, wenn im Betrieb der Kündigungsschutz greift. Denn: "Bei einer verhaltensbedingten Kündigung ist jeder Fall ist ein Einzelfall, bei dem die verschiedenen Interessen von Chef und Mitarbeiter gegeneinander abgewogen werden", erklärt Rechtsanwalt Andreas Schmitz, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Siegburg.
Gericht prüft, ob die Weiterbeschäftigung dem Arbeitgeber zugemutet werden kann
Während der Kündigungsschutzklage prüft das Gericht, ob dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses weiter zugemutet werden kann. Dann spielt es eine Rolle, wie intensiv und beharrlich der Arbeitnehmer seine Pflichten verletzt hat und ob er schon früher negativ aufgefallen ist. Außerdem kommen dessen Beschäftigungsdauer im Betrieb und das Ausmaß der Verschuldung auf die Waage der Justizia.
Es muss ein objektiver Grund vorliegen - und meist auch eine Abmahnung
Zunächst muss der Arbeitgeber einen objektiven Grund für die verhaltensbedingte Kündigung nach Paragraf 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz vorlegen. Zum Beispiel, dass der Tischlergeselle trotz striktem Rauchverbot beim Qualmen in der Werkstatt erwischt wurde oder jeden Tag viel zu spät kommt. Dann wird hinterfragt, ob die Gefahr besteht, dass der Mitarbeiter sein Verhalten wiederholt (Prognose). Wichtig ist im Einzelfall zudem das familiäre Umfeld des Mitarbeiters: Hat er zum Beispiel Unterhaltspflichten? Und schließlich spielt die Dauer der Betriebszugehörigkeit eine wichtige Rolle. Einem Kollegen, der zehn oder 15 Jahre lang gute Leistungen abgeliefert hat, sollte man einen Fehltritt eben leichter mal verzeihen als einem neuen Kollegen.
Ebenfalls wichtig ist bei einer verhaltensbedingten Kündigung, dass das Verhalten immer die Interessen des Betriebes betrifft und nicht das Privatleben des Arbeitnehmers. In seiner Freizeit kann er tun und lassen, was er möchte, sofern es nicht die Firma unmittelbar tangiert. Verhaltensbedingt kündigen kann der Arbeitgeber, wenn sich der Mitarbeiter in der Firma strafbar macht (etwa wegen Diebstahl oder Unterschlagung), wenn er entgegen der Vorschriften Alkohol trinkt oder sich strikt dagegen wehrt, eine Aufgabe zu erledigen – etwa, indem er sich weigert, zu Besprechungen zu kommen oder an einer Vorsorgeuntersuchung nicht teilnimmt, die die Berufsgenossenschaft vorschreibt. Auch ein Urlaubsantritt oder eine Urlaubsverlängerung auf eigene Faust rechtfertigen eine Abmahnung und können zur Kündigung führen. Das gleiche gilt, wenn sich der Mitarbeiter zu spät krank meldet und/oder die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu spät abgibt.
Die Abmahnung soll dem Mitarbeiter die Chance geben, sich zu bessern
Eine Kündigung nach vorheriger Abmahnung wäre auch in dem Fall möglich gewesen, den Rechtsanwalt Schmitz kürzlich auf dem Schreibtisch hatte: Der Inhaber eines SHK-Betriebes hatte seinen Gesellen Werkzeugkoffer zur Verfügung gestellt und jedem ein Schloss gegeben, damit sie den Koffer abends abschließen. Das hatte einer der Gesellen vergessen, ist am nächsten Tag krank geworden und als er wiederkam, fehlte teures Werkzeug. "Da jeder Geselle ein Schloss hatte und die Anweisung, das Werkzeug sorgfältig zu behandeln, durfte der Arbeitgeber das Gehalt kürzen. Eine Abmahnung wäre aber auch möglich gewesen."
Die Abmahnung ist nicht nur wichtig, um dem Mitarbeiter die Chance zu geben, sich zu bessern: In den in den meisten Fällen hält eine verhaltensbedingte Kündigung im Prozess nur dann stand, wenn eine korrekte Abmahnung vorliegt. Darin muss der Arbeitgeber schon das Verhalten beanstandet haben und mit einer Kündigung drohen, falls der Mitarbeiter seinen Fehltritt wiederholt – etwa den Werkzeugkoffer wieder offen stehen lässt. Auf die Abmahnung verzichten können Unternehmen nur in Ausnahmen, etwa wenn ein Angestellter an der Stempeluhr mogelt oder eine Schlägerei im Betrieb beginnt.
Kündigung wegen schlechter Leistung
Viele Chefs ärgern sich auch über Mitarbeiter, die permanent schlechte Arbeit abliefern. Einem Mitarbeiter wegen schlechter oder fehlerhafter Leistung zu kündigen sei zwar grundsätzlich möglich aber äußerst schwierig, warnt Rechtsanwalt Andreas Schmitz. Der Arbeitgeber muss dann vor Gericht beweisen können, dass der Arbeitnehmer seine Leistungsfähigkeit nicht voll ausschöpft. "Und dafür muss man dem Richter schon sehr gute Gründe vorlegen können."
Wie sehr es bei einer verhaltensbedingten Kündigung auf den Einzelfall ankommt, macht Rechtsanwalt Schmitz am Beispiel "Surfen im Internet" deutlich: Ein Bauleiter – verheiratet, Vater von zwei Kindern, sechs Jahre Betriebszugehörigkeit – hat sich im Büro Erotikseiten aus dem Internet heruntergeladen. An den betreffenden Tagen hat er sogar Überstunden abgerechnet. Dafür kassierte er die Kündigung ohne Abmahnung, und das, obwohl es in dem Bauunternehmen keine betriebliche Regelung über die die private Nutzung des PCs am Arbeitsplatz gab.
Mit seinem Fall ist der Bauleiter, der den Vorwurf bestreitet, bis vor das Bundesarbeitsgericht gegangen – und auch nach drei Jahren haben die Richter noch kein endgültiges Urteil gesprochen (Az: 2 AZR 200/06). Laut BAG reicht allerdings eine "exzessive Privatnutzung" des Internets als Kündigungsgrund ohne Abmahnung aus. Aber was ist "exzessiv"? Als Faustregel gelte hier eine Woche "surfen" von zehn Wochen Arbeit.
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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