Der Arbeitgeber zahlte dem Gekündigten für den letzten Monat des Arbeitsverhältnisses keine Vergütung mehr.

Der Arbeitgeber zahlte dem Gekündigten für den letzten Monat des Arbeitsverhältnisses keine Vergütung mehr. (Foto: © Andre Janssen/123RF.com)

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Kein Zwang zur Jobsuche während der Kündigungsfrist

Ein gefeuerter Arbeitnehmer, der sich mit seinem Ex-Chef über die Kündigung streitet, muss sich in dieser Zeit nicht schon um eine neue Stelle bemühen. Das Bundesarbeitsgericht urteilte, dass der Arbeitgeber den Lohn weiter bezahlen muss.

Muss man sich nach seiner Kündigung schon während der Freistellung um einen neuen Job bewerben? Nein, urteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG). Der Arbeitgeber könne den Gekündigten ja solange weiterbeschäftigen. Zahlen muss er den Lohn bis zum Ende der Kündigungsfrist.

Der Fall

Ein Mann in Festanstellung hatte eine ordentliche Kündigung erhalten und wehrte sich vor Gericht dagegen. Während der dreimonatigen Kündigungsfrist stellte der Arbeitgeber ihn frei. In dieser Zeit schickte der Chef dem Gekündigten insgesamt 43 Stellenangebote aus Jobportalen; auf sieben davon bewarb sich der Mann am Ende seiner Kündigungsfrist. Der Arbeitgeber zahlte ihm für den letzten Monat aber keine Vergütung mehr.

Der Gekündigte klagte sein restliches Monatsgehalt von 6.440 Euro brutto plus Verzugszinsen ein. Ihm stehe die Vergütung wegen Annahmeverzugs des Arbeitgebers nach § 615 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu, argumentierte er.

Der Chef meinte hingegen, der Mitarbeiter sei verpflichtet gewesen, sich schon während der Freistellung auf neue Jobs zu bewerben. Versäume er das, müsse der Betrieb ihn nicht mehr bezahlen. Dabei berief er sich auf den Satz 2 des § 615 BGB: Danach kann der Anspruch auf Vergütung entfallen, wenn der Berechtigte "es böswillig unterlässt, anderweitigen Verdienst zu erzielen". Das BAG habe in der Vergangenheit bereits entschieden, dass Arbeitnehmer in einer solchen Situation verpflichtet seien, sich auf zumutbare Stellen zu bewerben.

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Das Urteil

Das höchste deutsche Arbeitsgericht stellte sich auf die Seite des Gekündigten. Der Arbeitgeber befand sich wegen der Freistellung des Arbeitnehmers während der Kündigungsfrist im Annahmeverzug. Deshalb schuldete er dem Mitarbeiter nach § 615 S.1 BGB in Verbindung mit § 611 a Abs. 2 BGB die Vergütung für diese Zeit – den sogenannten Annahmeverzugslohn. 

Dass der Arbeitnehmer in dieser Zeit keine anderweitigen Verdienste erzielte, spielt laut BAG keine Rolle. Sein Arbeitgeber hätte ihn bis zum Ende der Kündigungsfrist weiter arbeiten lassen können. Jedenfalls habe dieser nicht erklärt, was dagegen gesprochen hätte.

Verhalten des Gekündigten war nicht böswillig

"Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich und stellt den Arbeitnehmer trotz dessen Beschäftigungsanspruchs von der Arbeit frei, unterlässt der Arbeitnehmer in der Regel nicht böswillig (…) anderweitigen Verdienst, wenn er nicht schon vor Ablauf der Kündigungsfrist ein anderweitiges Beschäftigungsverhältnis eingeht", so das Urteil wörtlich.

Die Frage, welche Bemühungen des Gekündigten notwendig sind, damit kein "böswilliges Unterlassen" vorliegt, ist damit zu einer zentralen Fragestellung in arbeitsrechtlichen Prozessen geworden. Vor Ende der Kündigungsfrist ist der Arbeitnehmer jedenfalls von diesem Vorwurf befreit, haben die Erfurter Richter jetzt klargestellt.

Gerade angesichts des noch laufenden Kündigungsschutzverfahrens dürfe dem "Kläger ein entwürdigendes 'Klinkenputzen' bei anderen Arbeitgeberinnen durch von vorneherein zum Scheitern verurteile Bewerbungen" nicht abverlangt werden, hatte bereits das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg als Vorinstanz entschieden. 

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12. Februar 2025, Az. 5 AZR 127/24

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Text: / handwerksblatt.de

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