Schwerbehinderung ist kein Freibrief für Rassismus
Ein Schwerbehinderter flog aus dem Job, weil er immer wieder Kollegen rassistisch beleidigt hatte. Die Kündigung war rechtmäßig, sagt das Landesarbeitsgericht Düsseldorf.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Kündigung: So geht’s richtig
Ein Mann mit Schwerbehinderung hielt sich für unkündbar und beleidigte seine Kollegen immer wieder rassistisch. Das kostete ihn den Job.
Der Fall
Ein Facharbeiter in der chemischen Industrie ist als Schwerbehinderter mit Behinderungsgrad von 50 Prozent anerkannt. Sein Arbeitgeber kündigte ihm mit Zustimmung des Integrationsamtes. Grund waren schwere rassistische und beleidigende Äußerungen gegenüber türkischstämmigen Mitarbeitern. Der Mann bestritt dies und klagte gegen seine Kündigung.
Das Urteil
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf entschied: Die Kündigung ist rechtmäßig. Nach der Beweisaufnahme stand fest, dass der Gekündigte auf die Frage eines Kollegen, was er zu Weihnachten bekommen habe, sagte: "Ich habe mir eine Gaskammer gewünscht, diese aber nicht erhalten. Die Türken soll man ins Feuer werfen und ihnen den Kopf abschlagen." Bereits zuvor hatte er Kollegen aus Leiharbeitsfirmen als "Ölaugen", "Nigger" und "meine Untertanen" beschimpft. Diese hatten sich deshalb nicht beschwert, weil der Mann sich wegen seines Behindertenausweises für unkündbar hielt.
Die Kündigung sei sozial gerechtfertigt, betonte das Gericht. Sowohl die Bezeichnung als "Ölaugen" als auch die Bezeichnung als "Nigger" oder "Untertanen" sind nicht hinnehmbare beleidigende Äußerungen. Dies gipfelte dann in der nationalsozialistisch menschenverachtenden Äußerung des Mannes, die die türkischen Arbeitskollegen auf lebensunwerte Wesen reduziert und einen unmittelbaren Bezug zu den nationalsozialistischen Gräueltaten herstellt.
Abmahnung verzichtbar
Angesichts der Schwere des Fehlverhaltens habe der Arbeitgeber den Mitarbeiter auch nicht vorher abmahnen müssen. Die Interessenabwägung fiel trotz des hohen sozialen Besitzstandes und den eher schlechten Chancen des Mannes auf dem Arbeitsmarkt zu dessen Lasten aus.
Seine derart menschenverachtende Einstellung gegenüber den türkischstämmigen Beschäftigten machte es für das Unternehmen unzumutbar, den Mann weiter zu beschäftigen. Außerdem habe es sich nicht um einen einmaligen Vorfall gehandelt, sondern der Mann habe wiederholt erheblich beleidigt und zusätzlich seinen sozialen Besitzstand dazu ausgenutzt, sich als unangreifbar darzustellen.
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 10. Dezember 2020, Az. 5 Sa 231/20
Rassismus ist keine MeinungDas Bundesverfassungsgericht hat bestätigt: Meinungsfreiheit geht nicht vor Menschenwürde. Lesen Sie > hier mehr!
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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