Der Elektriker hatte hier mit "rechtlichem Segen" gratis gearbeitet.

Der Elektriker hatte hier mit "rechtlichem Segen" gratis gearbeitet. (Foto: © Dmitry Kalinovski/123RF.com)

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Widerrufsbelehrung fehlte: Handwerker geht leer aus

Sehr ärgerlich für einen Elektriker: Die Leitungen waren gelegt, die Rechnung war gestellt und trotzdem musste der Kunde nichts zahlen. Denn der Handwerker hatte vergessen, über das Widerrufsrecht aufzuklären. Der Europäische Gerichtshof ist da unerbittlich.

Ein privater Kunde musste wegen einer fehlenden Widerrufsbelehrung für die Arbeit eines Elektrikers nichts bezahlen. Denn versäumt es ein Unternehmer, den Verbraucher über sein Widerrufsrecht aufzuklären, trägt er das Risiko und hat bei einem Widerruf weder Anspruch auf Zahlung noch auf Ersatzleistung. Das sagt ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), das die Rechte der Verbraucher erneut stärkt. 

Der Fall

Ein privater Kunde hatte einen Elektriker mit der Erneuerung der Installation seines Hauses beauftragt. Das Unternehmen versäumte es jedoch, den Kunden über sein Widerrufsrecht belehren. Dieses Recht steht jedem Verbraucher grundsätzlich 14 Tage lang zu, wenn der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmens abgeschlossen wurde. Der Handwerker führte die Arbeiten komplett aus, aber der Kunde weigerte sich zu zahlen und widerrief stattdessen den Vertrag. Der Streit landete vor dem Landgericht Essen

Das deutsche Gericht hatte Zweifel und wollte vom EuGH wissen, ob der Kunde einen Wertersatz für die getane Arbeit leisten müsse. Andernfalls könne er wegen der erhaltenen Leistungen ungerechtfertigt bereichert sein.

Das Urteil

Der EuGH stellte sich auf die Seite des Kunden und sprach ihn von jeder Zahlungspflicht frei. So stehe es in Artikel 14 Absatz 5 der Verbraucherschutzrichtlinie (RL 2011/83). Diese besage, dass für den Verbraucher keine Kosten entstehen dürften, also auch kein Wertersatz. Da die Belehrung über das Widerrufsrecht fehlte, müsse das Unternehmen das Risiko tragen.

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Der Verbraucherschutz stehe im Vordergrund, betonten die Luxemburger Richter. Dieser funktioniere jedoch nur, wenn der Verbraucher tatsächlich über sein Widerrufsrecht informiert sei. Das hohe Niveau des Verbraucherschutzes werde nicht eingehalten, wenn dem Verbraucher Kosten entstehen könnten, obwohl er nicht angemessen über seine Rechte informiert wurde. Eine Wertersatz gegenüber dem Verbraucher in diesem Fall stehe nicht im Einklang mit der Verbraucherschutzrichtlinie, so der EuGH. Das Argument der ungerechtfertigten Bereicherung werde vom Verbraucherschutz in der Richtlinie überlagert.

Der Elektriker hatte hier also mit "rechtlichem Segen" gratis gearbeitet.

Praxistipp

"Der EuGH hat mit seinem Urteil erneut unterstrichen, wie wichtig ihm der Verbraucherschutz in der EU ist. Der Verbraucherschutz schlägt sogar das Argument der ungerechtfertigten Bereicherung. Der Verbraucher muss also nichts bezahlen, obwohl er die Leistung erhalten hat. Unternehmer müssen darauf achten, die Verbraucher genau zu belehren. Ansonsten gehen sie ein erhebliches Risiko ein", erklärt die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Stoll & Sauer.

Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 17. Mai 2023, Az. C-97/22

Handwerker finden kostenlose Informationen und Musterformulare für Widerrufsbelehrungen auf der Website des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH).

Widerrufsrecht

Seit 2014 haben Privatkunden ein 14-tägiges Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen und bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen wurden (AGV).
Beispiel für einen AGV: Der Handwerker nimmt Aufmaß vor Ort und schließt anschließend beim Kunden direkt einen mündlichen ­Vertrag. In solchen Situationen müssen Betriebe ­Verbraucher rechtzeitig und umfassend über ihr Widerrufsrecht belehren. Ab diesem Zeitpunkt kann der Kunde 14 Tage lang den Vertrag widerrufen, ohne Angaben von Gründen.

Achtung: Falls die Belehrung über das Widerrufsrecht fehlt, falsch oder unvollständig ist, verlängert sich das Recht auf 12  Monate und 14 Tage! Beginnt der Handwerker mit seiner Arbeit auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden vor Ablauf der 14-tägigen Frist, sollte er auf keinen Fall die Belehrung vergessen! Denn nur dann muss der Kunde bei einem Widerruf die bereits erbrachten Leistungen bezahlen. Ohne ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung geht der Handwerker in solchen Fällen leer aus! 

Neue Regeln für die Widerrufsbelehrung seit dem 28. Mai 2022:
- Seit dem 28. Mai 2002 muss keine Faxnummer mehr genannt werden – weder in der Widerrufsbelehrung noch im -formular! Eine freiwillige Angabe ist weiterhin möglich.
- Die Telefonnummer muss ab dem 28. Mai 2022 in der Widerrufsbelehrung stehen (Achtung: nicht im Widerrufsformular!).
- Die E-Mail-Adresse muss in beiden angegeben sein, also auch im Widerrufsformular.
- Die Widerrufsbelehrung muss die Verbraucher auch über die Umstände, unter denen sie ein zunächst bestehendes Widerrufsrecht verlieren, informieren.
- Neu ist auch, dass dem Verbraucher eine Bestätigung zur Verfügung gestellt werden muss. Dazu muss der Unternehmer dem Verbraucher ein Dokument (als Papier, Mail, SMS etc.) zukommen lassen, in dem bestätigt wird, dass der Kunde ausdrücklich der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist zugestimmt und seine Kenntnis vom damit einhergehenden Verlust des Widerrufsrechts mit Vertragsausführung bestätigt hat. Auch über diesen Umstand ist der Kunde zu informieren.

KEIN Widerrufsrecht bei Notfalleinsätzen

In Einzelfällen hat der Kunde kein Wider­rufsrecht, selbst wenn der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume geschlossen wurde. Solche Ausnahmen sind zum Beispiel "Notfalleinsätze" wie dringende Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen, zu denen der Verbraucher den Handwerker ausdrücklich angefordert hat. Das kann etwa ein Rohrbruch sein oder die Beseitigung von Sturm- oder Hagelschäden. Achtung: Die Ausnahmen gelten nicht automatisch. Vielmehr muss der Handwerker den Verbraucher darüber belehren, dass ihm hier kein Widerrufsrecht zusteht.
Widerrufsrecht Kunde widerruft Haustürgeschäft, Handwerker guckt in die Röhre. > Hier mehr lesen!Informationen zum WiderrufsrechtDer Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat aktuelle Musterformulare für Handwerker erstellt, unter anderem eine Widerrufsbelehrung für Verbraucher. Alle Muster und einen Ratgeber zum Thema Verbraucher-Widerrufsrecht finden Sie ­kostenlos zum Herunterladen > hier auf zdh.de

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Text: / handwerksblatt.de

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