Umsetzbarkeit der Datenschutzregelungen praxisgerecht erhöhen
Im Interview mit dem DHB spricht ZVA-Präsident Thomas Truckenbrod über den hohen bürokratischen Aufwand, den Datenschutzbestimmungen verursachen. Besonders für kleine Handwerksbetriebe ohne großen Verwaltungsapparat sei er eine Belastung.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Das aktuelle Datenschutzrecht
Thomas Truckenbrod ist Präsident des Zentralverbands der Augenoptiker und Optometristen. Nach eigenen Angaben ist der Arbeitgeberverband der Ansprechpartner für den Gesetzgeber, die zuständigen Bundesministerien, Gerichte, Gewerkschaften und für Krankenkassen in allen augenoptischen und optometrischen Themen. Truckenbrod ist zusammen mit seiner Tochter Carolin Inhaber der Truckenbrod Augenoptik GbR in Leipzig.
DHB: Wenn es um Datenschutz geht, fallen im Handwerk oft die Stichworte Praxisuntauglichkeit und großer Bürokratieaufwand. Was sind Ihre Erfahrungen und die Ihrer Mitgliedsbetriebe?
Truckenbrod: Die Umsetzung der EU-DSGVO war für mittelständische Augenoptikbetriebe – aber auch für große Filialisten – mit einem erheblichen Aufwand verbunden. In der Anfangsphase im Mai 2018 bestand für einen längeren Zeitraum Unklarheit darüber, unter welchen Voraussetzungen ein Datenschutzbeauftragter zu bestellen ist. Einzelne Vorschriften der DSGVO bieten teilweise einen erheblichen Ermessensspielraum, wie die Regelung praktisch anzuwenden ist, was zu Unsicherheiten bei der Umsetzung führt. Der Zentralverband der Augenoptiker und Optometristen hat Formulare und Empfehlungen für die angeschlossenen Augenoptikbetriebe erstellt. Zum Teil konnten diese direkt angewendet werden, wie beispielsweise eine Mustereinwilligungserklärung für die Datenverarbeitung von Kundendaten. Teilweise war eine Anpassung an betriebsindividuelle Begebenheiten erforderlich. Dies gilt für das zu erstellende Verarbeitungsverzeichnis oder die Auflistung technischer und organisatorischer Maßnahmen für den Schutz von Kundendaten.
DHB: Gibt es Schätzungen, wie viele Kosten bei der Umsetzung von Datenschutzmaßnahmen entstehen?
Truckenbrod: Hierüber können keine genauen Daten veröffentlicht werden. Es ist unklar, welche Personen mit welchem Zeitaufwand mit der Umsetzung bzw. Bearbeitung involviert sind. Bei einer nicht repräsentativen Umfrage zur bürokratischen Belastung der Augenoptikbetriebe wurde 2019 angegeben, dass die durchschnittliche monatliche bürokratische Belastung in Bezug auf die Dokumentationspflichten für das Medizinproduktegesetz und den Datenschutz 27,6 Stunden beträgt. Dies entspricht 41,9 Prozent des gesamten bürokratischen Aufwandes in einem Augenoptikbetrieb. Positiv ist in diesem Zusammenhang zu bewerten, dass die im Vorfeld befürchtete Abmahnwelle bislang ausgeblieben ist.
DHB: Gelten für die Betriebe der Gesundheitshandwerke besondere Vorschriften, weil sie mit besonders sensiblen Daten zu tun haben?
Truckenbrod: Informationen über die Gesundheit einer Person gelten als besonders sensible Daten und unterstehen einem strengen gesetzlichen Schutz. Für die Verarbeitung von Gesundheitsdaten gibt es Besonderheiten. So fordert die Datenschutz-Grundverordnung, dass für die Erhebung und Verarbeitung von Gesundheitsdaten grundsätzlich eine Einwilligung erforderlich ist. Das Bundesdatenschutzgesetz macht von dieser Regel jedoch eine entscheidende Ausnahme: So sind alle Berufsgruppen, die einer Geheimhaltungspflicht unterstehen, von der Pflicht einer Einwilligung befreit. Neben gesetzlichen Geheimhaltungspflichten gelten auch Geheimhaltungspflichten, die in der jeweiligen Berufsordnung vorgeschrieben sind. Augenoptiker unterliegen aufgrund der "Arbeits- und Qualitätsrichtlinien für Augenoptik und Optometrie" der Geheimhaltungspflicht. Deshalb müssen sie keine Einwilligung ihrer Kunden einholen, wenn sie die Gesundheitsdaten erheben und zur Auftragserfüllung verarbeiten.
DHB: Der ZDH bemängelt die fehlende Einheitlichkeit von Bundes- und Landesgesetzgebung und die dadurch unsichere Rechtslage. Ist das auch für das Augenoptikerhandwerk ein Problem?
Truckenbrod: Die uneinheitliche Auslegung verschiedener Artikel durch die Landesämter für Datenschutz macht es uns als Bundesverband unmöglich, bundeseinheitliche Konzepte zu den datenschutzrechtlichen Themen zu erstellen. Wir weisen auf landesspezifische Besonderheiten hin.
DHB: Derzeit evaluiert das Innenministerium das Bundesdatenschutzgesetz. Was sind Ihre Erwartungen mit Blick auf eine mögliche Novelle?
Truckenbrod: Handwerksbetriebe unterliegen den gleichen Anforderungen wie große Industriebetriebe. Allerdings verfügen sie nicht über einen ähnlich großen Verwaltungsapparat. Mit dem Ziel Bürokratieabbau sollte die Evaluierung genutzt werden, die Umsetzbarkeit der Datenschutzregelungen des Bundesdatenschutzgesetzes praxisgerecht zu erhöhen. Dies bedeutet, Regelungen zu vereinfachen oder überhöhte Anforderungen ersatzlos zu streichen, ohne den gewiss notwendigen Datenschutz zu vernachlässigen.
Die Fragen stellte Lars Otten.
Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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