Hilfe, meine Bank verlangt Negativzinsen
Wenn die Hausbank Negativzinsen ankündigt, sollten Unternehmer nicht hektisch reagieren und ihr Guthaben riskant anlegen. Berater raten zu einer soliden Liquiditätsplanung.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Banken und Kredite: Was Handwerker wissen müssen
Das momentane Guthaben von fast 100.000 Euro war dem Handwerksmeister bekannt. Aber mit diesem Anruf seiner Hausbank hatte er nicht gerechnet. "Wir müssen uns über Negativzinsen unterhalten", hatte der Firmenkundenbetreuer gesagt. Das hohe Guthaben hatte der Bank gar nicht gefallen. Da war es also mitten im mittelständischen Handwerksbetrieb angekommen, das Thema, das durch die Wirtschaftspresse geistert: Negativzinsen.
Axel Stauffenberg aus Bottrop war früher selbst Banker und ist seit zwölf Jahren als "UnternehmerPartner" selbstständig tätig – eine Gruppe von Experten, die sich auf das Bauhandwerk spezialisiert haben. Stauffenberg sind inzwischen schon mehrere Firmen bekannt, deren Hausbanken bei hohen Einlagen Negativzinsen angekündigt haben.
Einer aktuellen Untersuchung des ifo-Instituts zufolge ist schon jedes fünfte Unternehmen in Deutschland von seiner Bank mit Negativzinsen auf Einlagen konfrontiert worden. Das betraf allerdings vor allem große Unternehmen. Eher selten betroffen waren bislang kleine Betriebe mit bis zu 50 Mitarbeitern. Sie parken keine Millionen auf den Konten, müssen sich also in der Regel nicht vor Strafzinsen fürchten.
Und trotzdem: Dem Handwerk geht es so gut wie selten, die Auftragsbücher sind voll und demzufolge kann das Guthaben auf dem Geschäftskonto bei größeren Aufträgen zwischenzeitlich auch mal ins deutliche Plus steigen. Die Frage ist dann: Wie gehe ich damit um, wenn das Gespräch mit der Hausbank auf Gebühren für Einlagen kommt? Einige Banken bringen das Thema bei Firmenkunden bereits ab 100.000 oder 250.000 Euro zur Sprache; andere erst ab einer Millionen Euro oder treffen individuelle Vereinbarungen. In der Regel liegen die Negativzinsen dann bei -0,40 Prozent.
Jetzt bloß nicht falsch reagieren
Foto: © Martin Herber privat Die häufigste Reaktion der betroffenen Unternehmen ist laut der ifo-Studie, mit der Bank zu verhandeln oder ein Wechsel zu einem Kreditinstitut, das keine negativen Zinsen auf Einlagen verlangt. Verbreitet ist aber auch die Umschichtung der Finanzanlagen. Der ehemalige Banker Axel Stauffenberg warnt dringend davor, in so einer Situation falsch zu reagieren und womöglich auf riskante Anlageformen zu setzen. Er sieht die Negativzinsen vielmehr als Anregung, um im Betrieb eine solide Liquiditätsplanung auf die Beine zu stellen. "Heute konzentrieren sich viele Handwerksbetriebe darauf, das Tagesgeschäft, den momentanen Umsatz zu behalten. Eine optimierte Steuerung der Liquidität wird dabei oft vernachlässigt", weiß der Experte. Liquidität sei aber das A und O im Geschäftsleben, sagt auch Martin Herber (Foto links), sein Kollege im Verbund "UnternehmerPartner", der ebenfalls seit Jahren als Experte im Bauhandwerk tätig ist.
Liquidität nicht aufs Spiel setzen
Der erste Gedanke vieler Unternehmer in so einer Situation: Ich muss mein Geld kurzfristig anderweitig anlegen. Zahlreiche FinTech-Unternehmen bieten sich dazu im Internet an. "Das ist zum Teil eine interessante Alternative zur Hausbank, aber kein Allheilmittel", sagt Martin Herber. Hier müsse man ganz genau prüfen, ob das Geld dort wirklich sicher angelegt ist. Von Schnellschüssen rät er immer ab. "Liquidität sollte nicht aufs Spiel gesetzt werden, auch wenn es viele verlockende Angebote gibt und es eine große Versuchung ist", betont Herber. "Hier ist gut beraten, wer überlegt und bedächtig handelt." Riskantes Zocken zahle sich am langen Ende nie aus.
Martin Herber empfiehlt, temporär freie Liquidität am besten im eigenen Unternehmen einzusetzen. "Mittels einer individuellen Unternehmensplanung und fundierten Methode zur Steuerung können damit Maßnahmen ergriffen werden, die das Standing und das Rating des Betriebs verbessern, die Rentabilität erhöhen und damit insgesamt langfristig zur Festigung und Sicherung des Unternehmenserfolges beitragen."
Tipp: Zweite Hausbankbeziehung aufbauen
Spätestens, die Hausbank das Thema Negativzinsen auf den Tisch bringt, fragen sich betroffene Unternehmer: "Kann ich mich auf eine Bank noch verlassen, die es nötig hat, Negativzinsen zu verlangen? Kann die Bank noch mein Kreditgeber sein?" Alle Banken und Sparkassen müssen aktuell nach alternativen Einnahmequellen suchen und stehen unter einem enormen Kostendruck.
UnternehmerPartner Axel Stauffenberg kennt die andere Seite. Er war selbst 16 Jahre lang bei einer Bank als Firmenkundenbetreuer tätig und ist Mitglied im Verband "Die KMU-Berater". Er sagt ganz klar: "Negativzinsen sollten ein Indikator sein, sich zeitnah eine zweite Hausbankbeziehung aufzubauen." Hier biete sich eine Bank an, die am Ort präsent ist und sich in der Region des Handwerks auskennt.
Stauffenberg empfiehlt Unternehmern den Selbst-Check zur Finanzierungs- und Banken-Situation im KMU-Banken-Barometer:
banken-barometer.kmu-berater.de
Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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