Hörgeräte und Brillen sind nicht zwingend Arbeitsmittel
Wer auf dem Weg zum Hörakustiker stürzt, ist dabei nicht von der gesetzlichen Unfallversicherung geschützt. Zumindest dann nicht, wenn das Hörgerät nicht ausschließlich für die Arbeit genutzt wird.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Arbeitsunfälle und die Folgen
Selbst wenn man persönliche Gegenstände wie Brillen und Hörgeräte auch für die Arbeit benötigt, sind diese noch keine Arbeitsgeräte. Wer auf dem Weg zum Akustiker oder Optiker stürzt, hat deshalb keinen Arbeitsunfall, sagt das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg.
Der Fall
Ein Fahrdienstleiterin hatte mit der Deutschen Bahn vereinbart, dass sie bei ihrem Job ein Hörgerät tragen und auch immer Ersatzbatterien mitführen muss. Diese benötigte sie 2019 bei einer Spätschicht tatsächlich. Am nächsten Tag wollte sie vor ihrer Schicht bei ihrem Hörakustiker neue Batterien besorgen. Dabei stürzte sie vor dem Geschäft und brach sich den Arm. Die Arbeitnehmerin verlangte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen eines Arbeitsunfalls.
Das Urteil
Das LSG Berlin-Brandenburg wies sie ab, anders als die Vorinstanz. Der Versicherungsschutz sei nicht beliebig auf den privaten Bereich ausdehnbar, erklärte das Gericht. Es ist der Ansicht, dass persönliche Gegenstände wie Hörgeräte oder auch Brillen grundsätzlich nicht als Arbeitsgeräte einzustufen sind, deren Ersatz-Beschaffung versichert ist. Jedenfalls gelte das, wenn solche Gegenstände nicht nahezu ausschließlich beruflich genutzt werden, so das LSG. Da die Frau zum Zeitpunkt des Unfalls auch privat auf das Hörgerät angewiesen war, bestehe hier kein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz.
Daran ändere auch die Abrede mit dem Arbeitgeber nichts, wonach die Frau bei der Arbeit stets ein Hörgerät samt Ersatzbatterien dabei haben soll, erklärte das Gericht. Der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung könne nicht beliebig in den privaten Bereich ausgedehnt werden. Eine Ausweitung des Schutzes sei nur bei einem besonders engen Zusammenhang mit der Arbeit möglich. Das war hier nach Ansicht der Richter nicht der Fall. Die Arbeitnehmerin hätte auch vorausschauend einen Vorrat an Batterien anlegen können.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. Februar 2022, Az. L 3 U 148/20; Berufung zum Bundessozialgericht zugelassen
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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