Wer sich bei einem Kollegen ansteckt, der als "Indexperson" in Betracht kommt, kann Corona unter Umständen als Arbeitsunfall melden.

Wer sich bei einem Kollegen ansteckt, der als "Indexperson" in Betracht kommt, kann Corona unter Umständen als Arbeitsunfall melden. (Foto: © Dmitrii Shironosov/123RF.com)

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Corona ist kein Arbeitsunfall, wenn die Ansteckung auch anders möglich war

Die Corona-Infektion eines Monteurs war kein Arbeitsunfall, für den die Berufsgenossenschaft aufkommt. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg begründete sein Urteil damit, dass die Ansteckungsgefahr während der Pandemie in allen Lebensbereichen hoch gewesen sei.

Der äußere, vor allem zeitliche Zusammenhang muss eine Infektion am Arbeitsplatz nahelegen, damit eine Corona-Erkrankung als Arbeitsunfall gelten kann. Ein Kontakt mit einer infizierten Person während der Arbeit muss zweifelsfrei nachgewiesen werden. Sind auch andere Infektionsherde möglich, muss die gesetzliche Unfallversicherung nicht zahlen, urteilte das Landessozialgericht Baden-Württemberg.

Der Fall

Ein Monteur in der Maschinenbau- und Betriebstechnik hatte sich 2021 mit dem Coronavirus infiziert. Er meinte, dass er sich bei einem Kollegen angesteckt, der als "Indexperson" in Betracht komme. Der Mann leidet bis heute an den Folgen seiner Infektion, weshalb ihm seine Krankenkasse Heilbehandlungen und Krankengeld zahlte. Die zuständige Berufsgenossenschaft weigerte sich, dies als Arbeitsunfall anzuerkennen. Sie begründete dies damit, dass nicht nachgewissen sei, ob die Infektion während der Arbeit erfolgte.

Das Urteil

Dem Monteur steht kein Anspruch auf gesetzlichen Unfallschutz zu, urteilte nach dem Sozialgericht nun auch das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg. Zwar könne eine Corona-Erkrankung grundsätzlich einen Arbeitsunfall darstellen. Nach § 8 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle "Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit)". 

Es fehle hier aber der nötige Zusammenhang zwischen Arbeit und Infektion: Der Monteur habe nicht nachweisen können, dass er sich am Arbeitsplatz infiziert hat. Es habe auch die Möglichkeit einer Ansteckung im privaten Bereich, etwa beim Einkaufen im Supermarkt, bestanden. Für die Anerkennung einer Corona-Infektion als Arbeitsunfall muss jedoch nachgewiesen sein, dass sich die Infektion bei der versicherten Tätigkeit und nicht im privaten Bereich ereignet hat. In der Pandemie sei die allgemeine Ansteckungsgefahr "massiv erhöht" gewesen, betonte das Gericht.

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Grundsätzliche Kriterien für Corona als Berufskrankheit

Die Richter stellten hier erstmals auch grundsätzliche Kriterien für die Anerkennung von Corona als Berufskrankheit auf: So müsse zunächst festgestellt werden, dass eine mögliche "Indexperson" (also eine Person, die nachweislich bereits vorher mit dem Virus infiziert war) den Versicherten tatsächlich angesteckt habe. Dann müsse in einem zweiten Schritt geprüft werden, ob eine Infektion im Job hinreichend wahrscheinlich gewesen sei. Dies könne sich einerseits aus gefahrerhöhenden Umständen wie etwa fehlender Schutzmaßnahmen – besonders Masken – ergeben. Andererseits sei auch zu berücksichtigen, ob im privaten Bereich des Versicherten das Ansteckungsrisiko deutlich geringer gewesen ist.

Da der Monteur und sein Kollege zeitgleich positiv getestet worden waren, sah das Gericht es schon nicht als erwiesen an, dass der Kläger tatsächlich von seinem Kollegen angesteckt wurde.

Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 29. April 2024, Az. L 1 U 2085/23 

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Text: / handwerksblatt.de

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