Dass man die pulsierende Metropole London wunderbar auch mit dem Fahrrad erkunden kann, weiß nicht jeder. "Tally Ho" im Herzen Londons bietet verschiedene Touren auf zwei Rädern an.
Ein wenig sieht sie aus wie Mary Poppins, das bekannte und beliebte Kindermädchen aus dem gleichnamigen Musical-Film. Katie Holt hat einen Strohhut auf, unter dem ihre wilde, rote Haarmähne kaum zu bändigen ist, ihr Mund ist mit rotem Lippenstift geschminkt und sie hat einen immer irgendwie schelmischen Blick im Gesicht, während sie aus ihrem reichhaltigen Wissensfundus rund um London berichtet. Sie arbeitet für "Tally Ho", ein Unternehmen, das 2011 gegründet wurde, um den Besuchern der britischen Hauptstadt die bekannten – und die eher unbekannten – Ecken mit dem Fahrrad näherzubringen. "Tally Ho ist ein alter Ausdruck, der eigentlich aus der Fuchsjagd kommt", sagt Katie. Man hat ihn ausgerufen, um die Hunde auf die Füchse aufmerksam zu machen – Tally bedeutet soviel wie die Rute des Fuchses, Ho erklärt sich selbst: auf geht’s! "Später hat die Royal Air Force den Begriff übernommen – um deutlich zu machen, dass vor einem ein feindliches Flugzeug zu sehen ist. Und heute? Heute ist es völlig unmartialisch das Signal zum Aufbruch", sagt Katie.
Und so ist es dann auch – vom Startpunkt der gut dreieinhalbstündigen Tour an der "Tally Ho"-Garage direkt gegenüber des urigen Pubs "The Walrus Bar & Hostel" an der Westminster Bridge Road 172 geht es mit den in London handgefertigten Fahrrädern, die es in allen unterschiedlichen Größen gibt, los. Vier Touren bietet "Tally Ho" an – die "Landmarks & Gems"-Tour eignet sich für alle Altersgruppen, Kinder sollte man aber eher auf die Family-Tour mitnehmen. Der erste Stopp ist in einem der unzähligen Parks Londons – dem "Archbishop Park". So ruhig bleibt es aber nicht, auch wenn es ein idealer Halt ist, um deutlich zu machen, dass London alles ist, nur nicht ausschließlich Großstadt. Rund 1.700 öffentliche Grünflächen sprechen hier eine deutliche Sprache. Katie selbst ist keine echte Londonerin – möchte aber das Flair der britischen Hauptstadt nicht mehr missen. "Ich bin vor 22 Jahren aus Winchester nach London gezogen – für ‚Tally Ho‘ arbeite ich seit anderthalb Jahren", sagt sie.
Es sind tatsächlich viele kleine "Gems", also Diamanten, die es auf der Tour zu entdecken gibt. Etwa das Krankenhaus, St. Thomas, in dem Florence Nightingale ihre erste Krankenpflege-Schule eingerichtet hat und das im Stadtteil Lambeth ist, in dem Charlie Chaplin geboren wurde. Sicherlich kein optisches Highlight, aber dafür geschichtsträchtig – wie so viel in der 2000 Jahre alten Stadt. Apropos Geschichte: In Lambeth ist auch der Londoner Sitz des Erzbischofs von Canterbury, Oberhaupt der anglikanischen Kirche. "Bei einer Tour habe ich einmal von ‚meinem Lieblings-Erzbischof‘ gesprochen", erzählt Katie. Das habe dann wohl der aktuelle, Justin Welby, mitbekommen, der in diesem Moment aus seinem Amtssitz gekommen sei. "Ich musste ihm dann sagen, dass ich Matthew Parker gemeint habe – der von 1559 bis 1575 Erzbischof war -, und zwar, weil er ein herrlicher ‚Gossip‘ war", sagt Katie lachend. Ein Klatschmaul also, das sich für alles und jeden seiner Zeit interessiert habe.
Weiter geht es dann zu den nicht ganz so versteckten Diamanten – die Houses of Parliament, Big Ben, Westminster Abbey und Buckingham Palace. Die kennt man sicherlich, aber mit dem Fahrrad daran vorbeigefahren ist man sicherlich eher selten. Und auch dort gibt es Neues zu entdecken. Etwa am Ufer der Themse, gegenüber dem Regierungssitz. Dort erstrahlen an der Kaimauer unzählige rote Herzen, klein, groß, beschriftet, anonym – die "National Covid-Memorial- Wall". Es rührt an, wenn man einen Augenblick innehält und ein paar der Namen liest. Diese große, weltumspannende Katastrophe, auf London heruntergebrochen, in roten Herzen verfestigt – ein Beispiel dafür, dass aus Schlimmen auch Schönes erwachsen kann.
Ziel am Trafalgar Square
Die dreieinhalb Stunden neigen sich ihrem Ende zu, wenn man an Trafalgar Square ankommt, dem Zentrum Londons, immer wieder Schauplatz unterschiedlicher Festivals. Und wohl der belebteste Ort der Tour, denn hier laufen die großen Straßen Whitehall, The Mall und Pall Mall in einem riesigen Kreisverkehr rund um Lord Nelson und seine Statue zusammen.
Es ist vor allem für Besucher aus kleineren Städten sicherlich ein erschlagender Moment – von dem aus einen Katie dann noch zu einer ganz anderen Ecke entführt. Dass Street Art zu London gehört, ist ein offenes Geheimnis. Dass die Unterführung Leake Street Arches aber durch keinen geringeren als Banksy zu einem sich permanent neu erfindenden und entwickelnden Ort für Graffiti aller Art geworden ist, gehört zu den kleinen Geheimnissen dieser pulsierenden Großstadt. "Jeder kann sich hier verewigen – es ist einer der wenigen Orte, an denen legal gesprayt werden darf", sagt Katie – und zieht ein paar Spraydosen heraus, verteilt sie und freut sich sichtlich über die kleinen, neuen Kunstwerke ihrer Gruppe.
Hintergrund: London Unternehmen Das Unternehmen "Tally Ho" wurde von Jack Harris im Jahr 2011 gegründet. Acht Guides sind mit ihren Gästen auf den Fahrrädern durch London unterwegs. Touren Die vier Touren, die "Tally Ho" anbietet, sind die beschriebene "Landmarks & Gems"-Tour, die "Sin & Salvation"-Tour entlang der Themse, bei der man die dunklere Seite Londons kennenlernt, die "London Gin Safari"-Tour, bei der man mehrere unterschiedliche Gins probieren kann – serviert aus dem Gin-Cycle heraus an unterschiedlichen Orten entlang der Tour – und die "Private Family Bike"-Tour, die sich an Familien mit Kindern ab neun Monaten richtet. KontaktBuchung, Preise und alle Infos online hier. Anreise Ab Oktober 2023 können Reisende von allen Thalys-Bahnhöfen mit dem Zug über einen Zwischenstopp in Brüssel bequem nach London reisen – und das mit einem Ticket. Denn dann fusionieren Eurostar und Thalys – unter dem Eurostar-Banner. Internet Hier geht es zum Internetauftritt von Thalys, hier zum Internetauftritt von Eurostar. Transparenz Der Autor wurde von Thalys auf die Pressereise eingeladen.
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