"Dem Handwerk seinen Stellenwert zurückgeben"
Im Interview sprechen Maren Kogge und Tarek Legat, Miss und Mister Handwerk 2023, über ihre Erlebnisse als Titelträger, ihre persönlichen Perspektiven sowie die für das Handwerk.
Seit dem 8. März 2023 tragen Maren Kogge (34), Kirchenmalermeisterin in Amerang (Handwerkskammer für München und Oberbayern), und Tarek Legat (26), Dachdeckermeister in Coburg (Handwerkskammer für Oberfranken), stolz die Titel Miss und Mister Handwerk.
Maren und Tarek als frischgebackene Miss und Mister Handwerk 2023. Foto: © Diar Nedamaldeen / Verlagsanstalt Handwerk DHB: Miss und Mister Handwerk 2023, Maren und Tarek – seit der Wahl im März ist inzwischen ein wenig Zeit vergangen: Was war euer erster Gedanke, als ihr eure Namen bei der Verkündung auf der Internationalen Handwerksmesse in München gehört habt?
Maren: Ich konnte es überhaupt nicht glauben. Ich fand auch alle anderen so toll und hätte es jedem gegönnt. Es war ein richtig gutes Gefühl. Aber ich habe die Tatsache, den Titel gewonnen zu haben, erst einmal lange als unwirklich empfunden. Mir wurde gesagt, dass man uns beide – damit meine ich mich und meinen Mann, der mit mir gefiebert hat – das letzte Mal derartig nervös auf unserer Hochzeit erlebt hat. Mir bedeutet das Ganze sehr viel und umso mehr hat es mich gefreut, dass auch meine gesamte Familie mit uns gezittert hat.
Tarek: Bei mir war es ähnlich – ich war völlig überrascht und wusste gar nicht, wie ich reagieren sollte. Bis zu dem Moment war ich voller Anspannung, die dann durch Erleichterung und Stolz ersetzt wurde. Der Eifer und die Zeit, die wir in den Wettbewerb investiert haben, haben sich gelohnt. Als Miss und Mister Handwerk möchten wir dem Handwerk unsere Stimmen geben.
Maren im Power People Kalender 2023: Mit ihrem Foto schaffte sie es ebenso auf die Titelseite der Malerzeitschrift Mappe. Foto: © Inga Geiser / Verlagsanstalt HandwerkDHB: Was war nach der Wahl? Was ist auf euch zugekommen?
Maren: Es war von allem etwas dabei, Interviews sowohl in Präsenz als auch online, darunter ganz neue Erfahrungen wie Radio-Auftritte und Podcasts. Darüber hinaus war ich auf dem Parlamentarischen Empfang des Handwerks in Mainz zu Gast. Dort durfte ich viele besondere Menschen kennenlernen und habe mal einen ganz anderen Blick auf die Dinge werfen können. Es war großartig, über sehr weitreichende Fragen wie "Was wünsche ich mir als Handwerkerin von der Politik?" diskutieren zu können. Ich hatte das Gefühl, wirklich an der Quelle des großen Ganzen zu sein. Auch jetzt trudeln immer weiter Einladungen ein. Anfang Mai war ich beim großen Haix-Wochenende in Mainburg – von Live-Musik über Essen und Trinken bis hin zu Show-Einlagen und nicht zu vergessen den FireFit Championships war da alles geboten. Demnächst werde ich auf einer Freisprechungsfeier der Zimmerinnen und Zimmerer ein paar Grußworte an die frischgebackenen Gesellinnen und Gesellen richten. Ende Juni steht außerdem das Haix-Influencer-Event an – wir haben vorbereitend darauf bereits ein Überraschungspaket erhalten und uns werden dort verschiedene Challenges erwarten. Ich freue mich schon riesig auf alles, was kommt.
Tarek: Neben den vielen Anfragen war für mich eines der Highlights, zum 6. Botschafter des Coburger Landes ernannt worden zu sein. Es ist überwältigend, wenn man darüber nachdenkt, dass vor mir beispielsweise Musiker und Profi-Sportler mit diesem Titel ausgezeichnet wurden. Einen großen Dank möchte ich an dieser Stelle an Ramona Brehm – Miss Handwerk 2018 – aussprechen, die mich stets unterstützt, wo es geht. Mit der Möglichkeit, etwas bewegen zu können, möchte ich nun auf jeden Fall neue Wege einschlagen und Projekte starten, die sowohl das Handwerk als auch mich weiterbringen.
Den Blick auf die Zukunft gerichtet: Tarek ziert den Monat März im Power People Kalender 2023. Foto: © Inga Geiser / Verlagsanstalt HandwerkDHB: Passend dazu die nächste Frage: Wie sehen eure weiteren Pläne aus?
Tarek: Grundsätzlich bin ich in diesem Jahr im Reise-Modus. Mein aktueller Plan dreht sich rund um das Thema Kanada. Für drei Monate werde ich dort arbeiten und reisen. Dabei möchte ich die Aufmerksamkeit ganz klar aufs Handwerk richten und die Eindrücke, die ich sammle, per Social Media teilen. Da für mich ebenfalls das Jagen und Wandern eine bedeutende Rolle spielen, werde ich die Zeit in Kanada auch dafür nutzen. Vor diesem Hintergrund hat mich Haix mit Kleidung und Schuhen ausgestattet, sodass ich für alle Situationen gewappnet bin. Nach Kanada habe ich auch schon ein weiteres großes Projekt in Sicht. Zum aktuellen Zeitpunkt möchte ich aber noch nicht allzu viel dazu sagen – es steht auf jeden Fall damit in Verbindung, weiterhin Werbung für das Handwerk zu machen. Im Allgemeinen bin ich offen für alles, das das Handwerk in den Vordergrund rückt.
Reisefieber? Auf seinem Social Media-Kanal kann man Tarek während seiner Reise begleiten!
Maren: Anfang Juli ist der Christopher Street Day in Köln. Dieses Event möchte ich dafür nutzen, um mich weiter für Diversität im Handwerk einzusetzen. Damit ecke ich manchmal an, doch es gibt auch viele Menschen, die es genauso sehen wie ich: Das Handwerk soll für alle Hände und alle Türen sollen für alle offen sein. Unter diesem Slogan habe ich gemeinsam mit zahlreichen Kolleginnen und Kollegen der Handwerksszene die Initiative "Buntes Handwerk" gegründet, mit der wir in Köln mit einem riesigen Truck und einer Fußgruppe ein Statement setzen werden. Jedoch soll unsere Kampagne nicht nur für den CSD bestehen, sondern ich hoffe, dass daraus eine Bewegung entsteht. Wir sind eine bunte Handwerker-Mischung und wollen uns für andere stark machen. Wir sind davon überzeugt, dass man Vorurteile abbauen und Toleranz lernen kann. Denn wir wissen, dass Akzeptanz und Liebe unsere besten Werkzeuge sind.
Sie wollen Ihrem Gewerk Ihre Stimme geben?Einfach auf der Homepage registrieren und dabei sein. Hier geht’s zur Website des "Bunten Handwerks"!
Maren hat die Initiative ins Leben gerufen und holte sich im Anschluss Vanessa Didam – Schornsteinfegerin und Energieberaterin, ehemalige Miss Handwerk-Kandidatin sowie Vize-Miss Germany 2023 – mit ins Boot, die für das Projekt sofort Feuer und Flamme war.
Im Übrigen werden neben den beiden viele weitere ehemalige Kandidatinnen und Kandidaten auf dem CSD in Köln sein: von Anlagenmechaniker für SHK Jan Winning über Elektrotechniker Sebastian Kunkel, Konditorin Monet Keiner, Raumausstatter Joscha Eggert, Schornsteinfegerin Femke Pinkle, Steinmetzin und Steinbildhauerin sowie Miss Handwerk 2022 Luisa Lüttig, Tischlerin und Miss Handwerk 2020 Jule Rombey bis hin zu Zweiradmechaniker und Mister Handwerk 2021 Sebastian Tenius.
Und zum Thema Reisen habe ich auch große News: Ende Oktober werde ich mit rund 30 Handwerkerinnen und Handwerkern der "EURwanda Handcraft Foundation" für zehn Tage nach Ostafrika fliegen, um ehrenamtlich ein Kinderkrankenhaus in Ruanda zu sanieren. Jeder von uns wird mit einem ruandischen Berufsschüler, einem sogenannten "Buddy", zusammenarbeiten – ich freue mich schon wahnsinnig auf die Aktion und den interkulturellen Austausch. Wenn es so weit ist, werde ich unseren Aufenthalt auf Social Media begleiten. Jule Rombey wird dort auch dabei sein. Die Signal Iduna ist übrigens ein großer Sponsor der Organisation.
Zur "EURwanda Handcraft Foundation"Jährlich fliegen die Mitwirkenden des gemeinnützigen Vereins nach Ruanda. Die Bewerbung um die Teilnahme am ehrenamtlichen Projekt ist jederzeit auf der Website möglich.
DHB: Das sind ja wirklich spannende Projekte, die ihr für das Jahr geplant habt. Welche Botschaft möchtet ihr der Gesellschaft vermitteln und welche sind eure Wünsche für die Zukunft?
Tarek: Meine Botschaft besteht zweifellos darin, junge Leute fürs Handwerk begeistern und das Handwerk allgemein vorantreiben zu wollen. Noch erlebe ich, dass vielen unklar ist, was wir Handwerker jeden Tag – sei es draußen bei Wind und Wetter, hinsichtlich der körperlichen Anstrengung sowie generell – leisten. Wir geben den Menschen ein Dach über den Kopf, vier Wände, ein Gefühl von Sicherheit und bereichern die Welt mit dem, was wir mit unseren Händen schaffen. Ich wünsche mir mehr Anerkennung und Wertschätzung für das Handwerk – mit den Vorurteilen sollte komplett aufgeräumt werden. Das Handwerk hat ein gutes Image verdient.
Maren: Da kann ich Tarek nur zustimmen. Ich nutze in diesem Zusammenhang auch jede Gelegenheit, um auf den Wettbewerb "Miss und Mister Handwerk" aufmerksam zu machen, da dieser uns und unsere Handwerke in jeder Hinsicht unterstützt. Tarek und ich möchten dem Handwerk den Stellenwert zurückgeben, den es verdient hat. Mir sind ebenso schon Menschen begegnet, die das Handwerk als "nicht gescheit" betiteln. Aber: Wer errichtet zum Beispiel Gebäude, Denkmäler oder Kirchen? Wir müssen neue Wege gehen, den Dialog suchen und dazu beitragen, das Handwerk mit all seinen Facetten und Persönlichkeiten weiter zu stärken. Speziell besteht meine Botschaft darin, zu vermitteln, dass die Türen im Handwerk für alle offen sein müssen. Diversität und die damit einhergehende Vielfalt können eine unglaubliche Stärke sein, die sich nicht nur für Unternehmen, sondern auch für Kunden vorteilhaft auswirken kann.
DHB: Und zum Schluss: Was würdet ihr denen mitgeben wollen, die zu Handwerks Miss&Mister 2024 antreten?
Maren: Sei authentisch, sei du selbst und brenne fürs Handwerk! Dann bist du beim Wettbewerb genau richtig. Das Schöne an "Miss und Mister Handwerk" ist außerdem, dass man andere Handwerkerinnen und Handwerker trifft, die die Leidenschaft für ihre Berufe mit einem teilen. Ich freue mich nach wie vor über jeden einzelnen, den wir auf unserer Reise kennenlernen durften und stehe voll hinter dem Wettbewerb. Meine Empfehlung: Macht einfach mit!
Tarek: Maren hat den Nagel bereits auf den Kopf getroffen: Bleibt euch selbst treu und tragt eure Begeisterung fürs Handwerk nach außen, so kommt ihr am weitesten. Es ist nicht einmal wichtig, den Wettbewerb zu gewinnen – ein Teil des Ganzen zu sein ist alles.DHB jetzt auch digital!Einfach hier klicken und für das digitale DHB registrieren!
Text:
Verena S. Ulbrich /
handwerksblatt.de
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