Bürokratieabbau: Bäcker machen konkrete Vorschläge
Das Bäckerhandwerk fordert von der Politik immer wieder den Abbau von übermäßigen Bürokratiebelastungen. Jetzt legt es 32 nach eigener Aussage schnell umsetzbare Vorschläge dafür vor.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Bürokratiewahnsinn im Handwerk
Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks fordert von der Bundesregierung die Einlösung ihres Bürokratieabbauversprechens. Ein entsprechendes Entlastungspaket müsse zügig auf den Weg gebracht werden. Dafür hat der Verband jetzt konkrete Vorschläge ins Spiel gebracht. In einem 15-seitigen Papier bündelt er 32 aus seiner Sicht schnell umsetzbare Maßnahmen für Änderungen im Bundes- und EU-Recht.
Michael Wippler Foto: © Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks e.V."In Gesprächen mit Betrieben wird uns aktuell vermittelt, dass diese die Bürokratielast, die in den letzten Jahren entstanden ist, mittlerweile als erdrückend und in keiner Weise mehr hinnehmbar empfinden", heißt es in dem Papier. "An unserer Basis wird mittlerweile die Forderung erhoben, die aktuellen Gesetze um 30 Prozent zu reduzieren, um wirtschaftlich arbeiten zu können", erklärt der Präsident des Bäckerverbands, Michael Wippler.
Spürbare Entlastungen gefordert
Problematisch seien dabei nicht einzelne Regelungen, sondern die große Menge der von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zu erfüllenden Pflichten und Aufgaben. Wippler: "Die Dosis macht bekanntlich das Gift. Insbesondere kleine und mittelständische Betriebe benötigen in der aktuellen Situation der erheblich gestiegenen Energie-, Rohstoff- und Personalkosten, der Inflationsentwicklung und des Fachkräftemangels dringend weitere, spürbare Entlastungen."
32 VorschlägeHier finden Sie das Papier des Bäckerverbands mit den ausführlichen Forderungen.Bisher habe die Regierung in puncto Bürokratieentlastung nicht viel erreichen können. "Daher fordern wir, dass die bürokratischen Belastungen mit dem geplanten Bürokratieentlastungsgesetz IV spürbar abgebaut werden. Das Bäckerhandwerk braucht endlich eine wirksame Entschlackungskur in Sachen Bürokratie", so Wippler. Kernforderungen betreffen die Abschaffung der Schrifterfordernis für Arbeitsverträge, die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die EU-Verpackungsordnung, Allergeninformationen und Planungs- und Genehmigungsverfahren.
Probleme für kleinere Betriebe
Gitta Connemann ist im Mai 2022 zur Brotbotschafterin ernannt worden. Foto: © Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks e.V.Unterstützung erhält das Bäckerhandwerk von der Bundesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, Gitta Connemann (CDU): "Die Summe an Auflagen, Gebühren und Verboten macht den Bäckereien das Leben schwer. Gerade für kleinere Betriebe ist das kaum zu schultern. Es muss ein Ruck durch Politik und Verwaltung gehen. Jede weitere Bürokratie oder finanzielle Last schadet Unternehmen und ihren Beschäftigten. Jetzt ist nicht die Zeit für Ideologie und Belastung, sondern für Planungssicherheit und Entlastung."
Vorschläge für Änderungen im Bundesrecht:
- Schriftformerfordernis für Arbeitsverträge streichen und Textform zulassen,
- elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zum Laufen bringen,
- Hinweisgeberschutzgesetz bürokratiearm ausgestalten,
- Deutschlandtempo bei allen Planungs- und Genehmigungsverfahren einführen,
- Verpflichtung, betriebliche Datenschutzbeauftragte zu bestellen, für KMU abschaffen,
- Verpackungsgesetz: Unsinnige Pflichten bei der Lizensierung von Verpackungen streichen,
- Lebensmittelkennzeichnung: Ausnahmeregelungen für KMU schaffen,
- Lebensmittelinformationsverordnung: Von der EU vorgesehene Ausnahmeregelungen bei der nationalen Umsetzung berücksichtigen,
- Allergeninformation der Verbraucher modern ausgestalten,
- Belegausgabepflicht: Bagatellgrenze einführen und vom Verlangen des Kunden abhängig machen,
- Kleinbetriebsklausel bei der Dokumentationspflicht im Arbeitsschutz wieder einführen,
- Gefährdungsbeurteilungen nur anlassbezogen verlangen,
- Gefährdungsbeurteilung nach der Betriebssicherheitsverordnung nach Anschaffung eines neuen Arbeitsmittels abschaffen, zumindest für KMU,
- Ausnahmen von der Arbeitszeiterfassung und -dokumentation für KMU vorsehen und auf die Arbeitszeitdokumentation verzichten, wenn die Arbeitszeit bereits in Dienstreiseplänen oder im Arbeitsvertrag erfasst ist,
- Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge auf den 10. des Folgemonats verlegen,
- Anheben der Schwellenwerte und häufigere Rotation der Betriebe bei statistischen Meldepflichten,
- bei Betrieben die statistische Erhebung auf Daten beschränken, die aus der Betriebssoftware gewonnen werden können,
- Gewerbeabfallverordnung: Dokumentationspflichten reduzieren,
- Abgabe von Lebensmittelabfällen: Befreiung von Registrierungs- und Dokumentationspflichten,
- Mess- und Eichverordnung nachbessern,
- Handwerkerausnahme in der Fahrpersonalverordnung auf alle Lieferfahrten ausweiten,
- Berufskraftfahrerqualifikation: Ausnahmen für geringfügig beschäftigte Fahrer und Fahrer in Teilzeit schaffen,
- Führerscheinkontrollpflicht für Arbeitgeber abschaffen,
- neue, zusätzliche bürokratische Belastungen für KMU stoppen,
- Weiterentwicklung der "One-in, one-out"-Regelung,
- Bürokratieabbau mit TOP-Priorität behandeln.
Vorschläge für Änderungen im EU-Recht:
- Neue, zusätzliche bürokratische Belastungen für KMU stoppen,
- geplante EU-Verpackungsverordnung KMU-gerecht ausgestalten,
- EU-Lohntransparenzrichtlinie: KMU von Berichtspflichten ausnehmen,
- Datenschutz: Verarbeitungsverzeichnis anpassen,
- Datenschutz: Informationspflichten in Auskunftsrecht des Kunden umwandeln,
- Datenschutz: Auftragsverarbeitung anpassen.
Nach Aussage des Bundeswirtschaftsministeriums haben 57 Verbände auf seine Verbändeabfrage zum Bürokratieabbau im Rahmen einer Online-Befragung 442 Vorschläge eingereicht. Das Statistische Bundesamt soll sie nun bewerten und eine Rangliste nach dem möglichen Entlastungspotential erstellen. Danach sollen die Vorschläge in einer Staatssekretärsausschuss-Sitzung diskutiert werden, um einen Referentenentwurf für ein neues Bürokratieentlastungsgesetz vorzulegen. Das parlamentarische Beratungsverfahren soll noch in diesem Jahr starten.
Schwannecke fordert schnelles Handeln
Holger Schwannecke Foto: © ZDH / SchuerringEs sei längst überfällig, dass die Politik beim Bürokratieabbau weitere Impulse setzt. "Die priorisierte Bündelung zahlreicher Vorschläge des Handwerks und anderer Verbände bietet die ideale Grundlage für das angekündigte Bürokratieentlastungsgesetz, denn hier kommen Vorschläge aus der Praxis, mit deren Umsetzung sich die bürokratischen Belastungen für die Betriebe rasch spürbar verringern ließen und das in der Regel, ohne dass hierdurch zusätzliche Kosten entstünden", erklärt Holger Schwannecke.
Der Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks fordert nun schnelles Handeln: "Die Vorschläge waren bereits zu Beginn der Legislatur weitgehend bekannt. Wir dürfen keine weitere Zeit verspielen, die die Betriebe nicht haben. Handwerksbetriebe müssen spürbar und nachhaltig entlastet werden, denn unnötige Bürokratie ist mehr als nur lästig. Sie hemmt die Wirtschaftlichkeit und Innovationen und schreckt nachweislich junge Menschen davon ab, einen Betrieb zu gründen oder zu übernehmen."
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Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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