Vergabeverfahren mittelstandsgerecht gestalten
Der ZDH hat ein Positionspapier mit Vorschlägen und Forderungen vorgelegt. Es brauche einen stärkeren Wettbewerb zum Vorteil von Auftraggebern und -nehmern.
Für viele mittelständische Handwerksunternehmen sind öffentliche Auftraggeber eine wichtige Kundengruppe. Laut Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) erwirtschaften sie mit öffentlichen Aufträgen deutschlandweit ein Siebtel ihrer Umsätze. "Nur ein funktionierender Wettbewerb um öffentliche Aufträge kann sicherstellen, dass Aufträge möglichst wirtschaftlich und damit steuergeldschonend vergeben werden", betont der Verband. Um seinen Standpunkt klarzumachen, hat er jetzt ein neunseitiges Positionspapier mit Vorschlägen und Forderungen des Handwerks vorgelegt. "Wichtig für Auftraggeber und Auftragnehmer ist ein funktionierender Wettbewerb um öffentliche Aufträge, durch den alle potenziellen Bieter die gleichen Chancen zur Gewinnung eines Auftrags haben – unabhängig von der Größe eines Unternehmens", heißt es darin.
Angesichts immer komplizierter werdender Vergabeverfahren, die den Aufwand vor allem für kleine und mittlere Betriebe erhöhen, fordert der ZDH deren Verschlankung. Viele Handwerker scheuten mittlerweile den hohen Aufwand und beteiligten sich gar nicht mehr an öffentlichen Ausschreibungen. Das aber habe negative Folgen auf den Wettbewerb. Das Vergabeverfahren müsse also in allen Teilen mittelstandsgerecht gestaltet werden. "Beispielsweise sollten im Rahmen von Vergabeverfahren nur solche Unterlagen und Nachweise eingefordert werden, die für das jeweilige Ausschreibungsverfahren zwingend notwendig sind", so der Vorschlag des ZDH. Großes Entlastungspotenzial böten auch Formulare, die aus dem "Schreibmaschinen-Zeitalter" auf den den aktuellen, digitalen Stand der Technik gebracht werden sollten. Die Vorteile elektronischer Vergaben müssten konsequent genutzt werden. "Vergabeverfahren müssen durchgehend elektronisch und ohne Medienbruch ablaufen. Formulare aus den Vergabehandbüchern von Bund- und Ländern müssen endlich digitalisiert werden und die Abrechnung muss flächendeckend mittels E-Rechnung erfolgen."
Einheitliche Regeln gefordert
PositionspapierHier finden Sie die ausführlichen Vorschläge und Forderungen des Handwerks.Zu prüfen sei auch eine stärkere Vereinheitlichung der Regeln auf Länderebene oder sogar bundeseinheitliche Regelungen. Für grenzüberschreitend tätige Handwerksbetriebe könne es eine Erleichterung sein, Ähnliches auch auf europäischer Ebene anzustreben. Wichtig für den Mittelstand bleibe auch die Vergabe über Fach- und Teillose. Sie sei keine Privilegierung kleinerer Betriebe. Strukturelle Größennachteile könnten so aber ausgeglichen werden. "Durch die Aufteilung in Lose können mehr Unternehmen in einem Vergabeverfahren ein Angebot abgeben, womit der Wettbewerb und die Wirtschaftlichkeit der Auftragsvergabe gestärkt werden", erklärt der Verband. Großunternehmen hätten auch bei einer Losvergabe die Möglichkeit, sich auf verschiedene Einzellose zu bewerben, kleinere Unternehmen seien bei Gesamtvergaben dagegen grundsätzlich ausgeschlossen. "Um den Wettbewerb nicht einzuschränken, sollte deshalb auch zukünftig die Vergabe öffentlicher Aufträge nur in bestimmten Fällen an einen Generalunternehmer möglich sein."
Die Überfrachtung von Vergabeverfahren mit vergabefremden Aspekten lehnt der ZDH ab. "Das Vergaberecht sollte auf seinen ursprünglichen Zweck konzentriert und nicht für die Erreichung von über die Auftragsvergabe hinausgehenden allgemeinpolitischen Zielen instrumentalisiert werden.“ Vergabefremde Aspekte könnten in der Praxis zu teils extrem aufwendigen Zertifizierungserfordernissen führen, was letztlich den Bieterkreis verkleinere. ÖPP-Projekten (öffentlich-private Partnerschaften) steht der Verband sehr skeptisch gegenüber. Bevor solche Modelle Anwendung finden, müsse geprüft werden, ob sie wirklich besser geeignet seien als klassische Vergaben.
Präqualifikationssysteme stärken
Präqualifikationssysteme seien "unbedingt" zu stärken. Sie verringerten den bürokratischen Aufwand sowohl für Vergabestellen als auch für Unternehmen und beuge illegalen Praktiken vor. Wirtschaftliche Aktivitäten öffentlicher Unternehmen dürften nicht über die Daseinsvorsorge hinausgehen. "Kommunale Unternehmen agieren unter Nutzung ihrer steuerrechtlichen und finanziellen Privilegien als unmittelbare Konkurrenten von Handwerksbetrieben und anderen mittelständischen Unternehmen, ohne sich den üblichen privatwirtschaftlichen Risiken stellen zu müssen", stellt der ZDH klar. Seine Forderung: "Deshalb sollten Gemeindeordnungen bundesweit klarstellen, dass die Kommunen ihre wirtschaftlichen Betätigungen auf diese Kernbereiche beschränken müssen." Schließlich sei die Zahlungsmoral der öffentlichen Hand zu verbessern. Durch Zahlungsverzug gerieten zu viele Auftragnehmer in finanzielle Schwierigkeiten.
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Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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