Teilabschaffung des Soli: Zwei-Klassen-Entlastung
Die Bundesregierung hat den von Bundesfinanzminister Olaf Scholz vorgelegten Gesetzesentwurf zur Abschaffung des Soli beschlossen. Viele Steuerzahler sollen entlastet werden. Viele Handwerksbetriebe würden aber benachteiligt, so der ZDH.
Die Bundesregierung hat den von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) vorgelegten Gesetzesentwurf zur Abschaffung des Soli beschlossen. Etwa neun von zehn Steuerzahlern, nämlich diejenigen, die weniger als 16.956 Euro Einkommenssteuer zahlen, beziehungsweise ein Bruttojahreseinkommen von bis zu 73.874 Euro haben, sollen ab 2021 keinen Solidaritätszuschlag mehr zahlen müssen. Zusätzlich zu den rund 90 Prozent sollen weitere 6,5 Prozent aller Steuerzahler den Soli nur noch teilweise zahlen, wenn sie zwar mehr als 73.874 Euro jährlich verdienen, aber ihr Bruttojahreslohn unter 109.451 Euro liegt. Wer mehr verdient, soll weiterhin den vollen Satz von 5,5 Prozent abgeben.
ZDH-Kritik: Entwurf verfassungsrechtlich fragwürdig
"Mit dem jetzt vorgelegten Gesetzentwurf für eine nur teilweise Abschaffung des Solidaritätszuschlages wird eine Zwei-Klassen-Entlastung festgeschrieben, die erfolgreich wirtschaftende Betriebe des Handwerks benachteiligt und verfassungsrechtlich mehr als fragwürdig ist", kritisiert Holger Schwannecke den Gesetzesentwurf. Aus Sicht des Handwerks müsse der Soli vollständig abgebaut werden, so der Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH). "Bei der nun geplanten Teilabschaffung des Solidaritätszuschlages bleiben ertragsstarke Einzelunternehmen und Personengesellschaften, die als Gesellschaftsform die Mehrheit der Betriebe im Handwerk ausmachen, im Ergebnis unberücksichtigt."
Gleichheitsgrundsatz muss beachtet werden
Das sei nicht hinnehmbar, denn eine Entlastung vom Solidaritätszuschlag müsse auch bei den Betrieben und Unternehmen ankommen, die schließlich mit ihrem wirtschaftlichen Erfolg Arbeitsplätze und Ausbildung sicherten. "Das gilt umso mehr, als die seit Monaten angekündigte Reform der Unternehmensteuer bis heute nicht vorliegt. Deutschland ist für Unternehmen mittlerweile ein Hochsteuerland. Um im internationalen Vergleich weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben, ist es dringend erforderlich, die Steuerbelastung auf ein wettbewerbsfähiges Niveau anzupassen", fordert Schwannecke. Auch vor dem Hintergrund des grundgesetzlich garantierten Gleichheitsgrundsatzes sei höchst zweifelhaft, ob die geplante Teilabschaffung einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhält. "Schon aus verfassungsrechtlichen Gründen müssen bei der Abschaffung des Solidaritätszuschlags alle Zahler der Ergänzungsabgabe miteinbezogen werden."
Altmaier kann sich nicht durchsetzen
Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) konnte sich mit seinem Alternativvorschlag, der beim Handwerk besser ankam, nicht durchsetzen. Er wollte den Soli in drei Schritten bis 2026 vollständig abschaffen. Geplant war hier, dass ab 2021 ein Einkommensteuerfreibetrag von 16.988 gelten sollte. Wer weniger abführt, sollte keinen Soli mehr zahlen müssen. Den Freibetrag wollte Altmaier 2024 auf 50.000 Euro erhöhen und 2026 den Soli komplett abschaffen. Der vollständige Abbau des Solidaritätszuschlags sein ein richtiger Schritt, sagte dazu ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer. Auch wenn der Zeitplan straffer sein könnte. “Die nur teilweise Abschaffung des Solidaritätszuschlages ist ein leistungsfeindliches Signal an alle erfolgreich wirtschaftenden Handwerksbetriebe. Durch die geplante Teilabschaffung des Solidaritätszuschlages bleiben ertragsstarke Einzelunternehmen und Mitunternehmer von Personengesellschaften unberücksichtigt. Das ist ein Schlag vor den Bug der Leistungsträger dieses Landes."
"Bundesregierung riskiert tausende Einsprüche"
"Der Soli muss spätestens zum 1. Januar 2020 vollständig gestrichen werden", kommentiert Manfred Todtenhausen den Kabinettsbeschluss. "Der von Union und SPD vereinbarte Teilabbau ab 2021 verstößt laut Expertenmeinung gegen das Grundgesetz, wie ein von uns in Auftrag gegebenes Gutachten des ehemaligen Bundesverfassungsgerichtspräsidenten Prof. Hans-Jürgen Papier bestätigt", so der FDP-Bundestagsabgeordnete und Elektromeister. Demnach sei die Soli-Erhebung nach dem Auslaufen des Solidarpakts II Ende dieses Jahres nicht mehr zu rechtfertigen. Andernfalls riskiere die Bundesregierung offenen Verfassungsbruch und tausende Einsprüche gegen Steuerbescheide.
Der Solidaritätszuschlag wurde 1991 – zunächst befristet für ein Jahr - als Ergänzungsabgabe eingeführt, um die Mehrbelastungen aus der Wiedervereinigung zu finanzieren. Ab 1995 wurde der Solidaritätszuschlag für die Finanzierung des Solidarpaktes I und II unbefristet wieder eingeführt. Hieraus erhalten die ostdeutschen Länder und Berlin zusätzliche Mittel, um Infrastrukturlücken zu schließen oder die finanzielle Ausstattung der Kommunen zu verbessern. Allerdings läuft der Solidarpakt II nun zum Ende 2019 aus und zudem fließen aus dem Aufkommen von rund 18 Milliarden Euro nur noch etwa 20 Prozent in die ostdeutschen Bundesländer. Damit entfällt auch die ursprüngliche Begründung, diese Ergänzungsabgabe zu erheben. Quelle: ZDH
Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
Kommentar schreiben