Damit das Licht nicht ausgeht ...
Viele dezentrale Energiesysteme sollen künftig die Versorgungssicherheit garantieren. In Götz hat jetzt ein Kompetenzzentrum eröffnet, das Fachkräfte aus dem Handwerk fit für Installation, Wartung und Reparaturen macht.
Wasserkraft, Solarenergie, Windkraft und Erdwärme – die regenerativen Energiequellen sind elementare Module in dezentralen Energiesystemen. Doch sie entstehen nicht so einfach aus dem Nichts: Spezialisten müssen diese Anlagen installieren, warten und reparieren, aber auch dafür sorgen, dass über ein cleveres Management die Energie dort hinkommt, wo sie gebraucht wird.
Diese Spezialisten kommen aus dem Handwerk – und für ihre Qualifikation sorgt jetzt ein neues Kompetenzzentrum für Energiespeicherung und Energiemanagement, das Ende April auf dem Bildungs- und Innovationscampus Handwerk (BIH), dem Bildungszentrum der Handwerkskammer Potsdam, in Götz feierlich eröffnet wurde.
Auf dem Weg zur Unabhängigkeit von fossilen Energien
"Gemeinsam geben wir heute den Startschuss für unser neues Kompetenzzentrum als Weiterbildungseinrichtung für den Weg zur Unabhängigkeit von fossilen Energien über die dezentrale Energieversorgung dank regenerativer Energien und deren praktische Veranschaulichung für das Handwerk", sagte Robert Wüst, Präsident der Handwerkskammer Potsdam, bei der feierlichen Eröffnung. Praxis hautnah ist gewährleistet, denn die Eröffnung bedeutet die Inbetriebnahme eines dezentralen Energiesystems mit Photovoltaikflächen, verschiedenen Speichersystemen, Ladesäulen und einer Kleinwindkraftanlage inklusive Trainingszentren.
Hinter der Neueröffnung steckt ein bundesweit einmaliges Projekt in der Fort- und Weiterbildung von Handwerkerinnen und Handwerkern, aber auch dem Ingenieurswesen, um sich für die Umsetzung nachhaltiger, dezentraler Energiesysteme zu qualifizieren. Sie trainieren an einem real arbeitenden System mit Echtzeitdaten und können so künftig die komplexen Aufgabenstellungen in Industrie und Handwerk, aber auch in Wohngebäuden, umsetzen.
Alles läuft über ein intelligentes Energiemanagementsystem
Die ersten Ideen für dieses Zentrum entstanden bereits 2013 und skizzierten erstmals die Vision eines Systems dezentraler Energieversorgung als praktisches Lehrobjekt. 2016, drei Jahre später, startete die Handwerkskammer in Götz mit dem ersten Aufbau technischer Komponenten und Installationen, während sie gleichzeitig Weiterbildungsangebote für die angehenden Spezialisten von dezentralen und regenerativen Energieanlagen entwickelte.
Vier Photovoltaikanlagen mit 144 Kilowatt, eine Kleinwindanlage, mehrere Ladesäulen, verschiedene kleine Speichersysteme wie ein Redox-Flow-Heimspeicher mit 5,2 kWh oder eine Salzwasserbatterie mit 10 kWh gehören zu den installierten Komponenten. Herzstück ist der Lithiumionenspeicher, der über 640 kWh Kapazität und 740 KW Leistung verfügt. Die gesamte Technik ist über ein intelligentes Energiemanagementsystem verbunden.
Betrieb in verschiedenen Szenarien
Das Energiemanagementsystem ermöglicht es, die Speichersysteme in verschiedenen Szenarien zu betreiben. So ist die komplette Abkopplung eines Gebäudeteils (Inselbetrieb) vom Stromnetz möglich. Das gesamte System ist mit Datenpunkten versehen, wodurch die Möglichkeit besteht, Energieflüsse sowohl von der Erzeugung, der Speicherung und dem Verbrauch in Echtzeit zu verfolgen und als komplexes Energiesystem abzubilden. Aufbauend auf diese im Realbetrieb laufende Technik mit dem komplett vernetzten System besteht die Möglichkeit, die für alle Teilnehmer einzigartige Kombination von Theorie und Praxis im Bereich dezentraler Energiesysteme kennenzulernen und an verschiedenen Trainingswänden in Echtzeit zu trainieren. Rund 2,7 Millionen Euro flossen an Investitionen in das Projekt, das durch Mittel von Bund und Land unterstützt wurde.
Die "neue Qualitätsstufe bei der Fortbildung", so Robert Wüst, hat bundesweit Signalwirkung. Denn die Aufgaben sind immens. Nach Berechnungen des Bundesverbandes für Energie- und Wasserwirtschaft und des Prognos-Instituts, müssen bis 2030 jede Woche eigentlich 38 Windräder entstehen, auf alle Dächer Solar- und Photovoltaikanlagen kommen und mehr als fünf Millionen Wärmepumpen installiert werden, wenn die ambitionierten Klimaziele des Koalitionsvertrages erreicht werden sollen. "Das Handwerk wird alles Mögliche unternehmen, um diese Ziele zu erreichen", so Wüst in der Eröffnungsansprache.
Gesellschaft muss die Energiewende mitgehen
"Das Handwerk wird als Umsetzer der Energiewende gebraucht", ergänzte Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), und wies darauf hin, dass die Gesellschaft bei der Energiewende den Weg mitgehen müsse – und sich auch aktiv einbringen muss. "Deshalb appellieren wir an Politik und Gesellschaft, zu verstehen, dass es ohne ausreichende Nachwuchs- und Fachkräftesicherung nicht zu schaffen ist." Die klare Botschaft: "Wir brauchen junge Menschen, die mit ihrer Hände Arbeit den Worten auf der Straße Taten in der Praxis folgen lassen."
Dass damit auch einhergeht, dass die Gesellschaft noch viel zu sehr in alten Klischeebildern über das Handwerk denkt, machte der brandenburgische Wirtschaftsstaatssekretär Hendrik Fischer klar. "Es gibt noch zu viele Menschen in unserer Gesellschaft, die Innovation nicht mit dem Handwerk verbinden", so Fischer auf der Eröffnungsfeier. "Dieses Zentrum tritt jedoch einmal mehr den Gegenbeweis an. Hier findet sich eindeutig Innovation, auch, um jungen Menschen die heutigen, modernen Berufsbilder zu vermitteln, mit denen das Handwerk die Energiewende gestaltet hat."
Text:
Stefan Buhren /
handwerksblatt.de
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