ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke setzt sich für eine mittelstandsfreundlichere Steuerpolitik ein. Der ZDH hat der Politik einen Katalog mit konkreten Vorschlägen übergeben.

ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke setzt sich für eine mittelstandsfreundlichere Steuerpolitik ein. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks hat der Politik einen Katalog mit konkreten Vorschlägen übergeben. (Foto: © Boris Trenkel / ZDH)

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"Betriebe deutlich weniger mit Steuern belasten"

Handwerkspolitik

Interview: Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), erwartet von der neuen Bundesregierung eine Reform des Unternehmenssteuerrechts, damit das Handwerk wettbewerbsfähig arbeiten kann.

"Mittelstandsfreundlich ist eine Steuerpolitik, bei der Betriebe deutlich weniger mit Steuern belastet werden. Nur so bleibt ihnen Luft für dringend erforderliche Investitionen", sagt ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke im Interview mit dem Deutschen Handwerksblatt. So setzt der ZDH darauf, dass die neue Bundesregierung die Abschreibungsbedingungen und die Möglichkeiten zur Verlustverrechnung verbessert und den Solidaritätszuschlag ganz abschafft.

DHB: Welche Erwartungen haben Sie an die künftige Bundesregierung? Sind Erleichterungen bei Steuern und Abgaben für kleine und mittelständische Unternehmen möglich oder befürchten Sie im Gegenteil neue Belastungen und zusätzliche Abgaben?
Schwannecke
: Wir erwarten von der künftigen Bundesregierung, dass sie ein faires steuerliches Umfeld für die Betriebe schafft, damit sie wettbewerbsfähig arbeiten können und somit auch Arbeits- und Ausbildungsplätze erhalten oder schaffen können. Ohne eine faire Besteuerung ist das nicht möglich. Um die Wirtschaft in Deutschland nach der beispiellosen Corona-Pandemie nachhaltig zu stärken und um damit Beschäftigung und Steuereinnahmen auch in der Zukunft zu sichern, muss die künftige Bundesregierung bei den Unternehmenssteuern endlich nachbessern. Ziel muss ein international wettbewerbsfähiges Steuerbelastungsniveau für alle in Deutschland tätigen Unternehmen von maximal 25 Prozent auf Ebene der Gesellschaft sein. Flankierend sind strukturelle Reformen des Unternehmenssteuerrechts notwendig. Keinesfalls darf es dazu kommen, dass neue Substanzsteuern wie etwa die noch immer diskutierte Vermögensteuer eingeführt werden, da diese die Unternehmenssubstanz angreifen. Ebenso wenig darf es dazu kommen, dass die Erbschaftsteuer mit den Verschonungsregeln für das Betriebsvermögen verschärft wird.

DHB: Das Handwerk erwartet schon lange eine umfassende Reform der Unternehmensteuer, auch zur Stärkung der Eigenkapitalbasis der Betriebe. Die Reform der Körperschaftsteuer im Frühjahr hat der ZDH als Mogelpackung bezeichnet. Was erwarten Sie von dem Optionsmodell, das ab dem 1. Januar 2022 zur Verfügung steht?
Schwannecke
: Wir rechnen nicht damit, dass das Optionsmodell für Handwerksbetriebe eine große Relevanz bekommen wird. Zum einen steht es nur Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften offen. Dadurch ist die Mehrzahl der Handwerksbetriebe ausgeschlossen, die regelmäßig als Einzelunternehmen oder gegebenenfalls auch als GbR firmieren. Zum anderen bestehen auch für Personenhandelsgesellschaften erhebliche Optionshindernisse, beispielsweise wegen der vorgesehenen zwingenden Miteinbringung des Sonderbetriebsvermögens.

DHB: Erwarten Sie eine Reform der Thesaurierungsbegünstigung und wie sähe die dann im Idealfall aus?
Schwannecke
: Die künftige Regierung sollte endlich die Thesaurierungsbegünstigung praxisgerecht ausgestalten. Wie das gemacht werden könnte, dazu hat der ZDH bereits zahlreiche Vorschläge gemacht. Beispielsweise könnte darauf verzichtet werden, zwingend eine Verwendungsreihenfolge zunächst begünstigter thesaurierter Gewinne vorzusehen. Wegfallen könnte auch die Voraussetzung, dass man mit einer prozentualen Mindestquote am Betrieb beteiligt sein muss, ehe man überhaupt Thesaurierungsrücklagen bilden darf. Diese Vorgabe schließt für viele Gesellschafter die Möglichkeit aus, eine Thesaurierungsrücklage zu bilden. Die Vorschläge liegen also auf dem Tisch. Die Politik muss sie nur endlich umsetzen, um unsere Handwerksbetriebe steuerlich zu entlasten und so die Eigenkapitalbasis der Betriebe zu stärken. Denn gerade die Corona-Pandemie hat deutlich werden lassen, dass eine gute Eigenkapitalbasis für die Betriebe existenziell wichtig ist.

Zitat "Wir erwarten von der künftigen Bundesregierung, dass sie ein faires steuerliches Umfeld für die Betriebe schafft, damit sie wettbewerbsfähig arbeiten können und somit auch Arbeits- und Ausbildungsplätze erhalten oder schaffen können. Ohne eine faire Besteuerung ist das nicht möglich." Holger Schwannecke Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH)

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DHB: Was sind darüber hinaus steuerpolitisch die zentralen Themen beziehungsweise Forderungen des Handwerks in den nächsten Wochen und Monaten? Wie sähe eine mittelstandsfreundliche Steuerpolitik aus?
Schwannecke
: Mittelstandsfreundlich ist eine Steuerpolitik, bei der Betriebe deutlich weniger mit Steuern belastet werden. Nur so bleibt ihnen Luft für dringend erforderliche Investitionen. Das lässt sich beispielsweise erreichen, indem die Abschreibungsbedingungen – besonders für Investitionen in den Klimaschutz und den digitalen Wandel – oder aber auch die Möglichkeiten zur Verlustverrechnung verbessert werden. 
Dringend geboten ist es darüber hinaus, den Solidaritätszuschlag vollständig abzuschaffen, weil ertragsstarke Einzelunternehmer und Mitunternehmer faktisch und Körperschaften de jure derzeit von dieser Entlastung gänzlich ausgeschlossen sind.

DHB: Wo sehen Sie Spielraum für eine Entbürokratisierung?
Schwannecke
: Die sehe ich zum Beispiel bei der Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter. Die bisherige Grenze für die Sofortabschreibung auf jetzt 800 Euro anzuheben, war zwar ein richtiger Schritt. Allerdings muss für Wirtschaftsgüter zwischen 800 Euro und 1.000 Euro noch immer die sogenannte Poolabschreibung angewendet werden, was die Betriebe mit Bürokratie belastet. Um es für Betriebe spürbar leichter zu machen, sollte die Grenze für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter auf 1.000 Euro angehoben werden. Der ZDH hat im Übrigen der Politik einen ganzen Katalog mit konkreten Vorschlägen übergeben, wie für Handwerksbetriebe die Bürokratiebelastungen spürbar verringert werden könnten.

DHB: Die Anforderungen an die bargeldintensiven Betriebe bezüglich ihrer Kassensysteme – Bonpflicht, TSE et cetera – waren zuletzt enorm. Haben die Betriebe die Umstellung inzwischen gut bewerkstelligt?
Schwannecke
: Die Kassen an die neuen gesetzlichen Anforderungen anzupassen, war gerade in der Corona-Zeit eine erhebliche Belastung für die betroffenen Betriebe. Nach unseren Beobachtungen hat die überwiegende Zahl der Handwerksbetriebe dennoch die Umstellung abgeschlossen und arbeitet nach den neuen Vorgaben. Leider gibt es aber weiter offene Fragen, die die Finanzverwaltung bisher nicht abschließend beantwortet hat. Und besonders unverständlich: Die Finanzämter sind bis heute mangels einer geeigneten EDV-Lösung nicht in der Lage, die im Gesetz vorgesehene Meldung der Kassen entgegenzunehmen.

Die Fragen stellte Kirsten Freund.

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Text: / handwerksblatt.de

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