Justiz: Handwerk im Hafthaus
Ein Handwerksberuf kann als Einstieg zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft dienen. In Geldern ist man auf die berufliche Qualifizierung spezialisiert.
Rund 14.000 Menschen sind in einer der 36 Justizvollzugsanstalten (JVA) in Nordrhein- Westfalen inhaftiert. Davon sind etwa 500 in der JVA Geldern untergebracht, die auf die berufliche Qualifizierung von männlichen erwachsenen Straftätern spezialisiert ist. Im Rahmen der Initiative "Handwerk im Hafthaus" haben Repräsentanten der NRW-Handwerkskammern und des Westdeutschen Handwerkskammertages diese Justizvollzugsanstalt besucht.
Wer die JVA Geldern besichtigen möchte, braucht nicht nur eine vorherige Anmeldung und eine namentliche Registrierung beim Einlass, sondern auch einen stichhaltigen Grund. Aus Sicherheitsgründen und zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Inhaftierten sind Anstaltsbesichtigungen grundsätzlich nur in begründeten Ausnahmefällen bei berechtigtem Interesse möglich. Ein solches Interesse bringt die Besuchsgruppe, die aus den Arbeitnehmervizepräsidenten und Mitarbeitern fünf nordrhein-westfälischer Handwerkskammern bestand, ganz sicher mit, wie Bernhard Blanke, Vizepräsident der Handwerkskammer Münster, betonte: "Seit drei Jahren befassen wir Vizepräsidenten uns gemeinsam mit dem Westdeutschen Handwerkskammertag (WHKT) und mit dem Justizministerium mit dem Projekt Handwerk im Hafthaus. Wir haben bereits die Justizvollzugsanstalten in Heinsberg und Bochum- Langendreer besucht, mit Ausbildungspersonal und Gefangenen gesprochen und gesehen, was der Vollzug alles tut, um Menschen, die straffällig geworden sind, mit solider beruflicher Qualifizierung zu unterstützen." Es geht darum, dieses für Handwerksbetriebe nutzbar zu machen."
Unterstützung für den Vollzug
WHKT-Vizepräsident Alexander Hengst ergänzt. "Das nordrhein-westfälische Handwerk unterstützt den Vollzug und dessen Übergangsmanagement dabei, wenn es darum geht, Anschlussperspektiven am Arbeitsmarkt für gut qualifizierte Menschen zu identifizieren." Dass die Voraussetzungen für eine solide berufliche Qualifizierung in der JVA Geldern ganz sicher gegeben sind, zeigt sich den Besuchern beim Rundgang durch einige der Werkstätten. Eine Sammlung computergesteuerter CNC-Fräsen und Drehbänke begrüßt die Gruppe in der Metall-Werkstatt, auf deren Wand in großen roten Lettern "Zerspanungsmechaniker" prangt. Ein voll funktionstüchtiger Mini-Tischkicker aus Metall und weitere Ausstellungsstücke zeugen vom handwerklichen Geschick, mit dem die Inhaftierten diese Übungsstücke hergestellt haben. Nicht weniger präzise und kreativ sind die zahlreichen Möbelstücke und Einrichtungsgegenstände aus Holz, wie etwa Sonnenliegen, Brotkästen und Nachttische, gestaltet, die den Zugang zur Tischlerwerkstatt säumen.
"Unsere Anstalt bietet auf 71.000 Quadratmetern bis zu 236 Ausbildungsplätze in 18 verschiedenen Berufen, die meisten davon mit Bezug zum Handwerk", erläutert Anstaltsleiterin Diana Schloderer. "Daneben kooperieren wir mit sechs Betrieben aus der Region, für die unsere Gefangenen Produkte herstellen, die strenge Qualitätskriterien erfüllen müssen. Dass unser Ansatz Früchte trägt, zeigt auch die Tatsache, dass unser Übergangsmanagement in den letzten zwei Jahren etwa 15 ehemalige Gefangene unserer Anstalt erfolgreich in ein Beschäftigungsverhältnis vermitteln konnte." Auch die bunten, kreativen Gestaltungsarbeiten im Schulungsraum und in der Werkstatt der Maler und Lackierer fallen ins Auge.
Unterschiedliche Lerngruppen
In der gemeinsamen Werkhalle für die Maurer und für die Fliesen-, Platten- und Mosaikleger erwartet die Besuchsgruppe geschäftiges Treiben. 15 Inhaftierte in unterschiedlichen Lerngruppen üben, verfeinern und perfektionieren unter fachkundiger Anleitung des Ausbildungspersonals ihre Fähigkeiten beim Mauern mit Kalksandstein oder bei der sorgsamen Gestaltung eines Übungs-Badezimmers mit Keramikfliesen.
Zwar liegt die JVA Geldern im Zuständigkeitsbereich der Handwerkskammer Düsseldorf, jedoch sei es sinnvoll, andere Kammerbezirke in Aktivitäten zur Wiedereingliederung einzubinden, so Ulrich Karp, Leiter des Referats Arbeit und Bildung im Justizministerium. "Gefangene aus Anstalten in ganz Nordrhein-Westfalen können unter bestimmten Voraussetzungen ihre Verlegung in die JVA Geldern beantragen, um hier gezielt einen Beruf zu erlernen und sich somit optimal auf die Entlassung vorzubereiten. Rund ein Drittel der Gefangenen der JVA Geldern kommt aus dem Raum Duisburg oder Kleve, immerhin zwei Drittel verteilen sich auf das übrige Gebiet von Nordrhein-Westfalen. Unsere Erfahrung zeigt, dass die Gefangenen, die sich nach Geldern verlegen lassen, hoch motiviert sind und den starken Willen mitbringen, mit den hier vermittelten Befähigungen nach der Haft ein Leben in sozialer Verantwortung zu führen."
Die Ausbilder leisten tolle Arbeit
Bernhard Blanke beschreibt seine Eindrücke: "Als Kraftfahrzeugmechanikermeister und Kraftfahrzeugelektrikermeister hat mich am stärksten das beeindruckt, was ich in der Metallwerkstatt gesehen habe. Die Übungsstücke sind hochwertig gefertigt und zeigen, dass die Gefangenen, die diese Stücke hergestellt haben, ihr Handwerk beherrschen. Die Ausbilder in der JVA leisten tolle Arbeit."
Die Initiative Handwerk im Hafthaus ist eine Kooperation zwischen dem Westdeutschen Handwerkskammertag und dem Ministerium der Justiz NRW, die zum Ziel hat, den Zugang von ehemaligen Inhaftierten in den Arbeitsmarkt zu verbessern und so die Chancen für eine erfolgreiche Wiedereingliederung zu erhöhen. Partner des Vorhabens sind die JVA Heinsberg, die JVA Bochum-Langendreer und die Handwerkskammern NRW
Hintergrund: Handwerk im Hafthaus Hier gibt es weitere Informationen zu Handwerk im Hafthaus.
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Text:
Handwerkskammer Münster /
handwerksblatt.de
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