Menschen erfahren bei ihrer Arbeit von Rechtsverstößen und Misständen häufig als Erste. Daher können sie den Fall melden.

Menschen erfahren bei ihrer Arbeit häufig als Erste von Rechtsverstößen und Missständen. Daher können sie den Fall melden. (Foto: © najmi9590 /123RF.com)

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Wie Unternehmen Hinweisgeber künftig schützen müssen

Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden müssen ab 2023 interne Meldestellen einrichten, damit Hinweisgeber Missstände melden können. Das sagt ein neuer Gesetzentwurf, den die Regierung jetzt vorgelegt hat.

Rechtswidrige Handlungen und Rechtsmissbrauch können in jeder Organisation vorkommen – sei sie privat oder öffentlich, auch in großen oder kleinen Unternehmen. Sie können sich auf unterschiedliche Weise äußern: Korruption oder Betrug, Fehlverhalten oder Fahrlässigkeit. Menschen, die für eine Organisation oder einen Betrieb tätig sind oder bei ihrer Arbeit mit einer Organisation in Kontakt kommen, erfahren von solchen Vorkommnissen häufig als Erste. Daher können sie den ersten Schritt tun und den Fall melden. Das trägt zur Vermeidung von Schäden und Bedrohungen des öffentlichen Interesses bei, die andernfalls unentdeckt blieben.

Allerdings gab es in der Vergangenheit immer wieder Fälle, in denen Hinweisgeber wegen einer Meldung oder Offenlegung von Missständen benachteiligt wurden. Ziel des Gesetzentwurfes ist es, diese Benachteiligung auszuschließen und Whistleblowern Schutz und Rechtssicherheit zu geben.

Alle Betriebe und Organisationen mit mehr als 50 Mitarbeitenden müssen daher ab 2023 interne Meldestellen einrichten, damit Hinweisgeber (oder Englisch: Whistleblower) Rechtsverstöße melden können. Das Bundesjustizministerium hat im April einen Referentenentwurf zum Hinweisgeberschutzgesetz veröffentlicht . Mit dem Gesetz setzt die Regierung die EU-Richtlinie zum Schutz von Hinweisgebern in nationales Recht um. Was auf Unternehmen zukommt, wissen die Ecovis-Rechtsanwälte Axel Keller und Alexander Littich.

Interne und externe Meldestellen

Die neuen gesetzlichen Regelungen verlangen von Unternehmen sowie auch von Bund und Ländern, dass sie interne Meldestellen in ihren jeweiligen Betrieben, Behörden und Verwaltungsstellen einrichten. Zusätzlich soll es auf Bundesebene externe Meldestellen geben, an die sich Hinweisgeber ebenfalls wenden können. Unternehmen mit mehr als 249 Beschäftigten müssen ab Inkrafttreten des Gesetzes eine Hinweisgeberstelle anbieten. "Mit der Umsetzung des Gesetzentwurfs rechnen wir zeitnah", erklärt Littich. Ab Ende 2023 müssen auch Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten eine Hinweisgeberstelle einrichten.

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Der Gesetzentwurf sieht eine Ausweitung auf Hinweise zu Strafrechtsverstößen und Ordnungswidrigkeiten nach nationalem Recht vor. Dies war auch schon im Gesetzentwurf aus dem Jahr 2021 enthalten.

Dass der Referentenentwurf ausdrücklich keine Pflicht zur Nachverfolgung anonym abgegebener Meldungen vorsieht, überrascht Rechtsanwalt Axel Keller. Denn Untersuchungen zufolge wollen zwischen 60 und 70 Prozent aller Hinweisgeber anonym bleiben. "Kommt das Gesetz wie geplant und müssen Unternehmen anonyme Meldungen nicht nachverfolgen, dann verpufft aus unserer Sicht seine Wirkung", meint Keller.

Was Unternehmen die Einrichtung einer Meldestelle in etwa kostet

Die Kosten für die Einrichtung einer internen Meldestelle belaufen sich laut einer Schätzung nach dem Referentenentwurf

  • für Betriebe mit bis zu 249 Beschäftigten auf etwa 12.500 Euro je Meldestelle,
  • für Betriebe mit 250 Beschäftigten und mehr: 25.000 Euro je Meldestelle.
  • Die jährlichen Unterhaltungskosten der Meldestelle schlagen mit etwa 5.772 Euro je interner Meldestelle zu Buche.

"Das ist eine hohe Belastung, die da auf betroffene Unternehmen zukommen kann, soweit man keine günstigere Lösung findet", weiß Keller.

Was Unternehmen jetzt schon tun sollten

Aktuell ist nur sicher, dass die Regierung das Hinweisgeberschutzgesetz in deutsches Recht umsetzt. Fraglich ist, wann genau, in welchem Umfang und welche konkreten Pflichten damit für die Unternehmen verbunden sind. "Es ist daher wichtig, die Gesetzgebung im Auge zu behalten", rät Axel Keller.

"Unternehmerinnen und Unternehmer sollten bereits jetzt prüfen, welche im Gesetzentwurf vorgesehenen Meldewege sie in ihrem Unternehmen umsetzen können oder ob noch weiterer Handlungsbedarf besteht, um alle Voraussetzungen der Richtlinie oder des Hinweisgeberschutzgesetzes zu erfüllen", rät Alexander Littich. Ecovis bietet Unternehmen die Einrichtung einer internen Meldestelle an. Diese erfüllt die Bestimmungen der EU-Richtlinie und die zu erwartenden nationalen Gesetzesbestimmungen.

Umsetzung der EU-Richtlinie ist überfällig

Hintergrund ist: Bis zum 17. Dezember 2021 mussten die EU-Mitgliedstaaten die EU-Richtlinie zum Schutz von Hinweisgebern in nationales Recht umsetzen. Neben Deutschland haben auch andere EU-Mitgliedstaaten, wie beispielsweise Österreich, die Richtlinie nicht rechtzeitig umgesetzt. Die EU hat gegen diese Mitgliedstaaten zwischenzeitlich ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Die Mitgliedsstaaten sind folglich im Zugzwang.

Im April 2021 wurde das Gesetz wegen der angespannten wirtschaftlichen Lage aufgrund von Corona nicht umgesetzt. Die Große Koalition konnte sich nicht auf den damals vorgestellten Gesetzentwurf einigen. Wesentliche Streitpunkte: Der Gesetzentwurf wollte auch Hinweise zu Strafrechtsverstößen und Ordnungswidrigkeiten nach nationalem Recht in den Anwendungsbereich des Gesetzes miteinbeziehen. Den durch die Corona-Situation wirtschaftlich schon belasteten Unternehmen wollte der Gesetzgeber in dieser Situation die Einrichtung und den Unterhalt von internen Meldestellen nicht zumuten.

Wie geht es weiter?

Das Gesetzgebungsverfahren ist aktuell noch im Schwange. Die Meinungsbildung innerhalb der Bundesregierung sei noch nicht abgeschlossen, heißt es in einer Antwort (20/1555) auf eine Kleine Anfrage der CDU. Die Ressortabstimmung sei am 5. April eingeleitet worden. "Bis zur Einleitung der Ressortbeteiligung fanden in dieser Legislaturperiode an dem Referentenentwurf umfangreiche Arbeiten und Abstimmungen zwischen dem Bundesministerium der Justiz, dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales sowie dem Bundesministerium der Finanzen statt", heißt es weiter. 

Quellen: Ecovis, Bundesergierung, EU-Kommission

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Text: / handwerksblatt.de

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