Kleine Rechtshilfe für Handwerker im Umgang mit den Kunden
Unter der Überschrift "Wie wehre ich mich bei Pfusch? Ihre Rechte gegenüber Handwerkern" gab die Bild-Zeitung ein paar Tipps, die mit Vorsicht zu genießen sind.
Viele Punkte bleiben in dem Artikel der Bild-Zeitung unberücksichtigt, die zu einer gänzlich anderen Bewertung führen. Die Vorschläge aus Bild (in roter Schrift) kommentiert Rechtsanwalt Lars Klimek, Experte für Werkvertragsrecht.
"Bei Verzögerung der Arbeit besteht Anspruch auf Schadensersatz."
Kommentar Klimek: Das gilt natürlich nur dann, wenn der Handwerker an der Verspätung schuld ist.
"Tipp von Verbraucherschützern: Schriftliche Vertragsstrafe vereinbaren, die bei Terminüberschreitung fällig wird."
Vertragsstrafen dürfen höchstens 0,3 Prozent der Nettoauftragssumme pro Werktag Verspätung betragen und insgesamt fünf Prozent der Nettoauftragssumme nicht übersteigen. Wird dem Handwerker ein neuer, verbindlicher Fertigstellungstermin mitgeteilt und dabei die ursprüngliche Vertragsstrafe auf diesen neuen Termin nicht erstreckt, gilt sie nicht. Ebenso wenig, wenn der Auftraggeber sich die Vertragsstrafe bei Abnahme nicht ausdrücklich vorbehält. Außerdem wird die Vertragsstrafe auf sonstige Schadensersatzansprüche angerechnet.
"Wichtig: Achten Sie beim Kostenvoranschlag darauf, dass alle Einzelposten wie Arbeitszeit, Fahrt- und Materialkosten enthalten sind."
Dem kann man nur zustimmen. Der Handwerker sollte einen Kostenvoranschlag erstellen und dabei mit realistischen Zahlen arbeiten. Das erleichtert spätere Nachforderungen. Umgekehrt bedeutet das auch, dass ein Pauschalangebot Nachforderungen erheblich erschwert. Vorsicht: Sobald die Einzelposten nur unvollständig angegeben oder pauschaliert wurden, handelt es sich in der Regel nicht mehr um einen Kostenvoranschlag.
"In begründeten Fällen darf die Rechnung 15-20 Prozent höher sein als veranschlagt."
Hier darf man sich nicht zu sicher fühlen: Es gibt keine einheitliche Rechtsprechung zu den Prozentsätzen. Manche Gerichte lehnen diese starre Grenze vollständig ab und beurteilen ausschließlich den Einzelfall. Allerdings ist eine Rechnung von 25 Prozent über Angebot wesentlich zu hoch. Was "Bild" aber verschweigt: Eine höhere Rechnung führt nicht automatisch dazu, dass der Handwerker sein Geld nicht bekommt! Es sollte so laufen: Sobald erhebliche Mehrkosten erkennbar sind, muss der Handwerker dem Kunden dies sofort mitteilen und ihm das Recht zur Kündigung geben. Kündigt der Kunde dann nicht, muss er auch den höheren Rechnungsbetrag zahlen. Den Hinweis auf die gestiegenen Kosten und das Kündigungsrecht sollte der Handwerker aus Beweisgründen immer schriftlich geben. Die gesetzliche Hinweispflicht des Handwerkers besteht jedoch wohlgemerkt nur dann, wenn es sich bei dem Angebot auch tatsächlich um einen Kostenvoranschlag handelte.
Meldet der Handwerker die höheren Kosten nicht, hat der Kunde laut Gesetz einen Anspruch auf Schadensersatz. Aber: Dieser Anspruch setzt auch einen tatsächlichen Schaden voraus, den der Kunde auch beweisen muss.
"Tipp: Keine Vertragsklausel akzeptieren, dass Extraleistungen nach Wunsch gesondert berechnet werden. Ein Festpreis ist für den Kunden der Endpreis (inkl. Mehrwertsteuer)."
Jedem Handwerker ist nur zu raten, eine solche Klausel auf jeden Fall zu verwenden! Denn nach Ansicht von "Bild" dürfte der Auftraggeber - überspitzt formuliert - für einen pauschal angebotenen Waschbeck-en-Austausch eine ganze Badsanierung verlangen. Aber auch ohne eine solche Klausel gilt: Arbeiten, die ersichtlich nicht von dem Angebot umfasst sind, sind selbstverständlich zusätzlich zu vergüten. Der von "Bild" bezeichnete "Festpreis" ist genau genommen ein "Pauschalpreis", denn ein Festpreis ist in einem Angebot jeder Einheitspreis einer Leistungsposition. Ein Festpreis wird daher immer vereinbart, egal ob nach Aufwand oder pauschal abgerechnet wird. Pauschaliert wird auch nicht die Leistung, sondern der Preis für eine bestimmte Leistung. Will der Auftraggeber statt der vereinbarten Armatur aus dem Baumarkt nach Auftragserteilung eine Designerarmatur, so muss er die dadurch anfallenden Mehrkosten als "Extraleistung" zusätzlich bezahlen.
Nur bei einem Endverbraucher ist ein Preis "inkl. Mehrwertsteuer" zu verstehen. Das gilt aber nicht bei einem gewerblichen Auftraggeber, der seinerseits zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, da es sich bei der Umsatzsteuer dann lediglich um einen durchlaufenden Posten handelt. Um Missverständnissen vorzubeugen, sollte der Handwerker ausdrücklich in das Angebot schreiben, ob es sich um einen Preis zuzüglich Umsatzsteuer handelt oder nicht.
"Bei mangelhafter Arbeit dürfen sie die auf keinen Fall akzeptieren. In diesem Fall die Abnahme verweigern."
Derlei Ratschläge können für den Kunden teuer werden. Denn eine Abnahme darf er nicht bei jedem Mangel verweigern, sondern nur dann, wenn das Werk wesentliche Mängel aufweist. Die Juristen definieren die Abnahme als Bestätigung dahingehend, dass der geschuldete Werkerfolg "im Wesentlichen erbracht" ist. Wird die Abnahme auch wegen nur unwesentlicher Mängel verweigert, so kommt der Kunde in Annahmeverzug und macht sich schadensersatzpflichtig gegenüber dem Handwerker. Gibt es bei einer Abnahme Streit, ob ein Mangel vorliegt oder nicht, sollte in einem schriftlichen Abnahmeprotokoll festgehalten werden, dass der Kunde einen Umstand als Mangel rügt, der Handwerker diesen aber nicht als Mangel anerkennt. So werden die Rechte des Handwerkers wie auch des Kunden gewahrt, ohne dass die gesamte Abnahme an dem einen Punkt scheitert.
Nochmals: Auf jeden Fall die Abnahme schriftlich protokollieren, denn sie ist eine zwingende Voraussetzung für die Bezahlung und so leichter beweisbar.
"Kunden können bis zur Beseitigung von Mängeln einen Teil des Rechnungsbetrages einbehalten (mindestens das Dreifache der Summe, die eine Behebung der Mängel kosten wird)."
Nach Einführung des Forderungssicherungsgesetzes darf der Kunde nach § 641 Abs. 3 BGB in der Regel nur noch das Doppelte der voraussichtlichen Kosten einbehalten. Der frühere dreifache "Druckzuschlag" wurde damit zum 1. Januar 2009 aufgehoben. Außerdem hat der Kunde nicht immer ein Zurückbehaltungsrecht: Bei Kleinigkeiten kann er es nicht ausüben. Die Grenze ist dort zu ziehen, wo die Zurückbehaltung eine schikanöse Rechtsausübung darstellt. Faustregel: Ein Zurückbehaltungsrecht besteht dann nicht, wenn die Kosten der Verbesserung fünf Prozent des einbehaltenen Betrages ausmachen.
"Zeigt sich der Pfusch erst nach der Abnahme, müssen Handwerker den Mangel kostenlos beseitigen."
Nach Abnahme muss der Kunde erst beweisen, dass Mängel vorliege. Und er muss dabei die Verjährungsfrist beachten, die - je nach Art der Handwerkerleistung - zwischen zwei und fünf Jahre beträgen. Die Verjährungsfrist beginnt nicht erst dann, wenn ein Mangel entdeckt wird, sondern bereits bei der Abnahme. Deshalb muss der Kunde die Mängel sofort rügen.
Außerdem gibt es sogenannte "Sowieso-Kosten", die der Kunde auch bei Mangelbeseitigung bezahlen muss. Es handelt sich dabei um solche Kosten, die auch dann angefallen wären, wenn der Handwerker die Arbeiten gleich beim ersten Mal ordnungsgemäß ausgeführt hätte.
Hat der Handwerker zum Beispiel bei der Verschraubung einer Holzterrasse nur mit schlecht verzinkten Schrauben gearbeitet anstatt mit V2A-Schrauben und müssen diese wegen Rost ausgetauscht werden, so muss der Kunde den Mehrpreis für die besseren Stahlschrauben dann auch im Rahmen der Mangelbeseitigung zahlen. Denn diese Kosten wären auch angefallen, wenn der Handwerker sie gleich eingebaut hätte. Etwas anderes gilt hier aber wieder, wenn die V2A-Schrauben bei einem Einheitspreisvertrag zwar angeboten und abgerechnet, aber nicht eingebaut wurden.
"Gelingt die Mängelbeseitigung nicht, können Kunden selbst Hand anlegen."
Das sollte lieber keiner machen. Grundsätzlich muss ja erst einmal klar sein, ob überhaupt ein Mangel vorliegt. Und immer muss der Kunde den Handwerker mit einer angemessenen Frist zur Beseitigung des Mangels auffordern. Erst wenn diese Frist abgelaufen ist oder der Handwerker zweimal erfolglos versucht hat, den Schaden zu beheben, hat der Kunde ein Recht auf so genannte Ersatzvornahme. Der Kunde muss aber vor dieser Ersatzvornahme mit Beweisen sichern, dass ein Mangel vorliegt. Ansonsten wird es für ihn schwierig, die Kosten der Ersatzvornahme von dem Handwerker vor Gericht einzuklagen. Insbesondere wenn der Kunde selbst Hand anlegt, könnte er wichtige Beweise zerstören und der Handwerker könnte dann einwenden, der Mangel sei durch unfachmännische Heimwerkerei erst entstanden oder zumindest verschlimmert worden.
Verlangt der Kunde hingegen sofort Schadensersatz oder Minderung des Preises, hat er sein Wahlrecht zwischen den verschiedenen gesetzlichen Gewährleistungsrechten ausgeübt und keinen Anspruch auf Nachbesserung mehr. Will der Kunde also eine Preisminderung und führt trotzdem eine Ersatzvornahme durch, so hat er gegenüber dem Handwerker nur noch den Anspruch auf den verringerten Preis. Ist dieser dann kleiner als die Kosten der Nachbesserung, bleibt der Kunde auf den Mehrkosten sitzen. Wichtig ist auch noch, dass der Kunde keine bestimmte Maßnahme zur Mangelbeseitigung verlangen kann, das ist Sache des Handwerkers. Die Vorschläge eines Sachverständigen, den der Kunde hinzuziehen kann, sollte der Handwerker aber ernsthaft in Erwägung zu ziehen.
Autor Lars Klimek ist Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Brinkmann & Klimek Rechtsanwälte in Köln. Die Vorschläge stammen aus der Bild-Zeitung vom 27. August 2009.
Text:
Lars Klimek /
handwerksblatt.de
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