Kiffen bei der Arbeit bleibt verboten
Die teilweise Legalisierung von Cannabis ist am 1. April 2024 in Kraft getreten. Welche Auswirkungen dies auf das Arbeitsrecht hat, erklärt ein Experte.
Der teilweisen Legalisierung von Cannabis hat der Deutsche Bundestag am 23. Februar 2024 zugestimmt, zum 1. April ist sie in Kraft getreten. Auch auf Unternehmen kommen damit neue Herausforderungen zu, wenn Mitarbeiter während oder vor der Arbeit zum Joint greifen. Die wichtigsten Fragen zur Auswirkung auf das Arbeitsrecht beantwortet der Fachanwalt für Arbeitsrecht Prof. Dr. Michael Fuhlrott.
Ist Kiffen in der Pause künftig erlaubt?
Auch wenn der Konsum von Cannabis künftig legal ist, folgt daraus kein Freibrief für den Konsum im Job: "Arbeitnehmer schulden ihre 'ungetrübte' Arbeitsleistung: Ist das infolge von Cannabiskonsum nicht mehr gegeben, rechtfertigt das arbeitsrechtliche Maßnahmen – und zwar auch dann, wenn der Cannabiskonsum in einem Unternehmen nicht offiziell verboten ist", betont Fuhlrott.
Denn der Arbeitnehmer sei verpflichtet, seine Leistung frei von allen Einflüssen berauschender Mittel zu erbringen. In der Folge können schon geringe Wesens- und Verhaltensänderungen eine Abmahnung begründen: "Das ist bereits der Fall, wenn jemand eigentlich quirlig und agil ist, nach dem Cannabiskonsum aber plötzlich sehr ruhig und gedämpft im Büro aufritt", erklärt der Fachanwalt.
Gibt es klare betriebliche Regelungen?
Unternehmen sollten laut Fuhlrott die Legalisierung von Cannabis zum Anlass nehmen, betriebliche Regelungen zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen. So könnten Arbeitgeber den Konsum von Cannabis auf dem Betriebsgelände komplett verbieten. Eine solche eindeutige Regelung kann nach Ansicht des Anwalts sinnvoll sein, zumal es in vielen Unternehmen bereits entsprechende Vorgaben zum Konsum von Alkohol gibt. Bei der Beurteilung sei die Einbeziehung des Betriebsarztes sinnvoll. Besteht ein Betriebsrat, muss dieser in einigen Fällen beteiligt werden.
Was sagt die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers?
Die Arbeitgeber trifft außerdem eine Fürsorgepflicht. Steht ein Mitarbeiter im Betrieb erkennbar unter dem Einfluss von Drogen, muss der Vorgesetzte handeln und den Mitarbeiter die weitere Tätigkeit untersagen und den Arbeitnehmer nach Hause schicken: "Passiert in einem solchen Zustand ein Arbeitsunfall und wird ein Kollege verletzt oder verstirbt sogar, drohen auch strafrechtliche Konsequenzen", warnt Arbeitsrechtler Fuhlrott.
Über die arbeitsrechtlichen Konsequenzen dürften Arbeitgeber und betroffener Mitarbeiter dann in der Folge ebenfalls sprechen: "Von der Einbehaltung der Vergütung über eine Abmahnung bis hin zu einer Kündigung sei alles denkbar – maßgeblich werden dabei wie häufig im Arbeitsrecht die Umstände des Einzelfalls sein", schätzt der Anwalt.
Darf der Chef das Kiffen in der Freizeit verbieten?
In der Freizeit steht es dem Arbeitnehmer hingegen aus arbeitsrechtlicher Sicht völlig frei, wie er sich verhält. Der Chef darf den Beschäftigten hierbei keine Vorgaben machen. Eine Anordnung des Arbeitgebers, privat keine Drogen zu konsumieren, wäre nicht möglich.
"Das Direktionsrecht endet am Werkstor: Dieser Grundsatz gilt auch für den Konsum berauschender Mittel", erklärt Arbeitsrechtler Fuhlrott. Das heißt: "Als Angestellter kann ich mir beim Verlassen des Werkstores einen Joint anzünden oder auch andere Drogen konsumieren. Wichtig ist nur, dass ich am Montagmorgen zu Arbeitsbeginn wieder fit bin und meine normale Leistung erbringe".
Joints in Dienstkleidung?
Eine Ausnahme könne aber dann gelten, wenn der Arbeitnehmer in betrieblicher Kleidung oder Uniform unterwegs sei: Für diesen Fall könne der Chef durchaus Vorgaben zum Verhalten vornehmen, da ein betrieblicher Bezug hergestellt werde: "Ein Unternehmen kann verbieten, dass in Dienstuniform eine Bierflasche in der Hand gehalten wird oder an einem Joint gezogen wird", betont der Jurist.
Tests nicht ohne Einwilligung
"Hat der Arbeitgeber einen begründeten Verdacht, dass ein Mitarbeiter während der Arbeitszeit Cannabis konsumiert, sollte er die Verdachtsmomente dokumentieren und freiwillige Tests anbieten", rät die Arbeitsrechtskanzlei Wittig Ünalp. Denn Drogentests sind ohne Zustimmung des Betroffenen nicht erlaubt. Im Zweifelsfall könne die Arbeitsunfähigkeit betriebsärztlich untersucht und der Arbeitnehmer freigestellt werden. Wenn er trotz des Verdachts weiterarbeitet und es zu einem Unfall kommt, können sowohl strafrechtliche Konsequenzen als auch Probleme mit der Berufsgenossenschaft drohen.
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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