Neue Grundsteuer: Handwerk ist dagegen
Die Bundesregierung hat die Reform der Grundsteuer auf den Weg gebracht. Das Handwerk ist enttäuscht, es bleibt trotz massiver Kritik aus der Wirtschaft bei einem wertabhängigen Verfahren.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Grundsteuer: Das ändert sich und das kommt jetzt auf Eigentümer zu
Das Bundeskabinett hat die umstrittene Reform der Grundsteuer auf den Weg gebracht. Das Handwerk ist weiterhin gegen das wertabhängige Modell.
ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke erwartet einen enormen bürokratischen Aufwand: "Insbesondere die Bewertung von selbstgenutzten Gewerbeimmobilien in einem Sachwertverfahren wird zum Teil umfangreiche Erhebungen von Gebäudedaten und zusätzliche Erklärungspflichten der Eigentümer erforderlich machen", sagte er in einem Pressestatement.
Schwannecke: Erhebliche Kosten kommen auf das Handwerk zu
Der ZDH-Generalsekretär sieht auch erhebliche Kosten auf das Handwerk zukommen. Von der im Koalitionsvertrag angekündigten Bürokratieentlastung für Bürger und Unternehmen sei da keine Spur.
Schwannecke warnt auch vor einem mit einem deutlich höheren Personaleinsatz bei den Landessteuerverwaltungen. Selbst bei einer digitalen Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage, wie sie angestrebt wird, sei damit dauerhaft zu rechnen.
Dabei stelle sich auch die Frage, ob die Finanzämter das angesichts des Fachkräftemangels, insbesondere in der IT-Branche, überhaupt bewältigen können.
Viele Probleme im Detail
Die Grundsteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen der Gemeinden. 2018 betrug das Grundsteueraufkommen insgesamt etwa 14,2 Milliarden Euro.Außerdem gebe es noch "zahlreiche Probleme im Detail, die es nun im parlamentarischen Verfahren zu beseitigen gilt. Beispielsweise die Frage der rechtlichen Überprüfbarkeit der Bodenrichtwerte oder die Berücksichtigung von wertbeeinflussenden Faktoren."
Handwerk begrüßt Öffnungsklausel
Das dreistufe Verfahren – Bewertung, Steuermessbetrag, kommunaler Hebesatz – bleibt erhalten. Die Bewertung der Grundstücke nach neuem Recht erfolgt erstmals zum 1. Januar 2022. Die Steuermesszahlen werden so abgesenkt, betont die Bundesregierung, dass die Reform insgesamt aufkommensneutral ausfällt.Die von Bayern geforderte Öffnungsklausel begrüßt das Handwerk. Sie ermögliche es den Bundesländern, auch deutlich einfachere und bürokratieärmere Modelle, wie das sachgerechte Flächenmodell, anzuwenden.
Aber: Der Aufwand für Grundstückseigentümer mit Objekten in mehreren Bundesländern könnte sich erheblich steigern, wenn unterschiedliche Landesgesetze zu befolgen wären.
"Zudem steht zu befürchten, dass einige Länder im Laufe der Zeit die Option dahingehend nutzen könnten, noch aufwendigere und kostenträchtigere Bewertungsverfahren einzuführen, die sich als verkappte Vermögenssteuer auf Grund und Boden erweisen könnten. Insoweit appelliert das Handwerk an die Länder, weniger aufwendige Regelungen als die vom Bundesministerium der Finanzen vorgestellten Pläne umzusetzen."
Grundsteuer C. Warum hält man daran fest?
Für den Handwerksverband "absolut nicht nachvollziehbar" ist, warum das Bundesfinanzministerium weiterhin an der Einführung einer Grundsteuer C festhält (auch Baulandsteuer genannt). Diese habe sich bereits in der Vergangenheit nicht bewährt. Für die wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens gerade in den Ballungszentren könne es unerlässlich sein, Flächen zur Vergrößerung des Betriebs in Reserve zu haben, ohne hierfür mit einer separaten Steuer belegt zu werden.
Hintergrund: Die Gemeinden erhalten die Möglichkeit, für unbebaute, baureife Grundstücke einen erhöhten Hebesatz festzulegen. Diese sogenannte "Grundsteuer C" soll laut Bundesregierung dabei helfen, Wohnraumbedarf künftig schneller zu decken."Dies kann dazu führen, dass finanzschwache Handwerksunternehmen ihre Grundstücke verkaufen müssen, während finanzstarke Unternehmen profitieren. Denn damit der gewünschte Lenkungseffekt der Grundsteuer C eintritt, muss die Belastung durch diese Steuer beim Eigentümer wirtschaftlich derart stark ins Gewicht fallen, dass weniger finanzstarke Eigentümer, die sich weder eine Bebauung noch die Grundsteuer C leisten können, ihre Grundstücke veräußern müssen. Insoweit entsteht ein Spannungsverhältnis zu Artikel 14 GG und dem Verbot der Erdrosselungssteuer, so dass sich bereits die Frage der Verfassungsmäßigkeit einer Grundsteuer C stellt."
Hintergrund
Das Bundesverfassungsgericht hat die Grundsteuer in ihrer bisherigen Form Anfang 2018 für verfassungswidrig erklärt. Der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat dem Gesetzgeber nun bis zum 31. Dezember 2019 Zeit gegeben, eine Neuregelung zu treffen.
Bis zu diesem Zeitpunkt dürfen die verfassungswidrigen Regeln weiter angewandt werden. Nach Verkündung einer Neuregelung dürfen sie für weitere fünf Jahre ab der Verkündung, längstens aber bis zum 31. Dezember 2024, angewandt werden.
Bis zum 31. Dezember 2024 haben die Länder die Möglichkeit, vom Bundesrecht abweichende Regelungen vorzubereiten. Die neuen Regelungen zur Grundsteuer - entweder bundesgesetzlich oder landesgesetzlich - gelten dann ab 1. Januar 2025. Bis dahin gilt das bisherige Recht weiter.
Quellen: ZDH; Bundesregierung
Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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