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HWK Koblenz | Dezember 2024
Die meisten "Landesbesten" kommen von der HwK Koblenz
Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt zeichnete jahrgangsbeste Absolventen von Meister- und Fortbildungsprüfungen aus.
Das neue Recht betrifft auch Verträge, die "außerhalb der Geschäftsräume" – also etwa auf der Baustelle – geschlossen werden. (Foto: © kzenon/123RF.com)
Vorlesen:
Wer seit dem 13. Juni 2014 einen Auftrag von Privatkunden annimmt, muss das neue, EU-weite Verbraucherschutzrecht beachten. Aber es gibt Ausnahmen für das Handwerk.
Man stelle sich vor: Malermeister Schulte wird von einem Kunden angerufen, der die Wände in seinem Häuschen neu streichen lassen will. Der Handwerker fährt zu dem Kunden, um Maß zu nehmen und einen Kostenvoranschlag zu machen. Der Kunde akzeptiert das Angebot und drei Tage später erledigt der Maler den Auftrag. Eine Woche später gefällt dem Kunden die Farbe an der Wand nicht mehr, er will nicht zahlen.
Wäre es nach den Plänen der EU-Kommission gegangen, hätten die beiden einen Verbrauchervertrag geschlossen, der besondere Rechte für private Kunden mit sich bringt. Dann hätte dem Kunden ein 14-tägiges Widerrufsrecht zugestanden und der Handwerker hätte das Nachsehen. Ganz so ist es dank des Widerstands der Handwerks nicht gekommen, aber ab dem 13. Juni gelten neue Informationspflichten für Verträge mit Verbrauchern. Grund ist eine europäische Richtlinie, die in deutsches Recht umgesetzt wurde.
Was viele Unternehmer noch nicht wissen: Die neuen Regeln sind nicht nur für Betreiber von Onlineshops wichtig, die erweiterten Informationspflichten betreffen künftig auch solche Verträge, die "außerhalb der Geschäftsräume" geschlossen werden. Das bedeutet: Handwerker, die im Haus des Kunden einen Auftrag annehmen, müssen ebenfalls die neuen Vorschriften einhalten!
Wer sich das ersparen will, sollte beim Kunden vor Ort kein verbindliches Angebot unterbreiten oder Verträge unterzeichnen lassen. Sondern er sollte lieber im Nachgang zu seinem Besuch den Vertrag per Mail, Fax oder Telefon unter Dach und Fach bringen. "Nach dem Wortlaut ist der mündliche Vertrag faktisch tot", schätzt Jurist Michael Bier, Abteilungsleiter bei der Handwerkskammer Düsseldorf, die neue Lage ein.
Um einen "außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag" handelt es sich nach dem neuen Recht in den folgenden Fällen:
In diesen Fällen müssen Unternehmer ihre Kunden künftig noch ausführlicher informieren. Zu diesen Informationen gehören vor allem wesentliche Produktmerkmale, Angaben zu Zahlung, Lieferung und Leistung, AGB und vieles mehr. (Eine Liste mit den Informationspflichten können Sie hier kostenlos herunterladen.) Unternehmer müssen außerdem ihrem Kunden sowohl eine Kopie des Vertrags als auch die vorvertraglichen Informationen in Papierform aushändigen.
Es gibt aber auch ein paar wichtige Ausnahmen für das Handwerk: Zum einen gelten Erleichterungen für Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten im Wert bis 200 Euro, die vom Kunden angefordert und sofort erfüllt werden. Die Informationspflichten beschränken sich hier auf die Kontaktdaten sowie auf Angaben zu den wesentlichen Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung, zum Gesamtpreis und zum Widerrufsrecht des Verbrauchers. Zum anderen haben Kunden in vielen Fällen gar kein Widerrufsrecht (Siehe unten: "In diesen Fällen hat der Kunde kein Recht zum Widerruf").
Ein ziemlicher Bürokratie-Aufwand. Aber es hätte noch schlimmer kommen können: Die EU-Kommission beabsichtigte ursprünglich, auch Kundenbesuche zwecks zur Erstellung eines Kostenvoranschlags als besondere Verbrauchergeschäfte zu erfassen. Damit hätte der strenge Verbraucherschutz auch auf diese Fälle – wie in unserem Beispielsfall vom Anfang – Anwendung gefunden.
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) konnte im Gesetzgebungsverfahren erreichen, dass Hausbesuche von Handwerkern zum Beispiel für Ausmessarbeiten nicht dazu führen, dass der im Anschluss geschlossene Vertrag als außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag gilt. Auch die Erleichterungen für Kleinaufträge bis 200 Euro sind erst nachträglich als Forderung des Handwerks vom Europäischen Parlament eingefügt worden. Eine böse Überraschung dürfte den meisten Unternehmern also erspart bleiben. Der ZDH hat ein kostenloses Informationsblatt zu dem neuen Verbraucherrecht herausgegeben, das Sie hier herunterladen können.
Bei Geschäften nach dem neuen Verbraucherrecht steht dem privaten Kunden ab dem 13. Juni in der Regel ein Widerrufsrecht zu. Das heißt, er kann sich innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsschluss ohne Angabe von Gründen vom Vertrag lösen. Auf Druck des Handwerks wurden aber wichtige Ausnahmen von diesem Recht geschaffen.
Betrachtet man diese Regeln, dürften nicht mehr viele Fälle denkbar sein, in denen dem Kunde ein Widerrufsrecht zustehen könnten. Das mildert für viele Handwerker die Situation deutlich ab. Hat der Kunde aber ein Recht zum Widerruf, gelten die erweiterten Informationspflichten (s.o.). Das gesetzliche Musterformular einer Widerrufsbelehrung, mit dem Unternehmer auf der sicheren Seite sind, können sie kostenlos hier herunterladen.
Das Baugewerbe und der Eigentümerverband haben ihre Musterbauverträge aktualisiert. Sie berücksichtigen jetzt auch das neue Widerrufsrecht.
Aber auch bei bestehendem Widerrufsrecht gibt es eine Reihe von Verbesserungen für den Händler: Bei falscher oder fehlender Aufklärung über das Widerrufsrecht ist die maximale Widerrufsfrist nun auf zwölf Monate und 14 Tage begrenzt. Die Kunden sind verpflichtet, ihren Widerruf eindeutig zu erklären. Die schlichte Rücksendung der Ware genügt nicht mehr, jedoch ist der Widerruf nun auch per Telefon erlaubt.
Der Händler hat nach Erhalt des Widerrufes 14 Tage Zeit, das bereits gezahlte Geld an den Kunden zurück zu überweisen, allerdings erst nachdem er die Ware vom Verbraucher zurückerhalten hat. Die Kosten für die Retoure kann er dem Kunden jetzt auch oberhalb von 40 Euro Warenwert auferlegen. Er muss ihn jedoch im Vorfeld über deren Höhe informieren. Ein Leitfaden mit Praxistipps für Betreiber von Onlineshops kann unter safer-shopping.de kostenlos heruntergeladen werden.
Auch in anderen Punkten der Verbraucherschutzreform hat sich die deutsche Handwerksorganisation erfolgreich gegen die Pläne der EU-Kommission gewehrt. Das europäische Gremium wollte das Gewährleistungsrecht neu regeln und ein bedingungsloses Rücktrittsrecht sowie bis zu zehnjährige Verjährungsfristen einführen. Dies konnte verhindert werden. Die Verletzung von Form- und Informationspflichten sollte zur Nichtigkeit des Vertrags führen. Die Vertreter des Handwerks haben eine ersatzlose Streichung dieser Regelung durchgesetzt. Jetzt bestehen bei Verletzung dieser Pflichten nur noch Schadensersatzansprüche.
Die EU-Kommission und viele Europaabgeordnete fassten es als Benachteiligung des Verbrauchers auf, dass Handwerker einen Wertersatz für erbrachte Werkleistungen vom Verbraucher erhalten. Das deutsche Handwerk konnte trotz dieser Widerstände die Regelung zum Wertersatz erhalten.
Handwerker nehmen am besten zu allen Vor-Ort-Terminen einige Exemplare einer Widerrufsbelehrung und außerdem Musterwiderrufsformulare mit.
Will der Handwerker sofort mit der Arbeit beginnen, kann er je ein Exemplar davon dem Kunden aushändigen und sich ein Exemplar der Widerrufsbelehrung für seine eigenen Unterlagen unterschreiben lassen. Nur wenn der Unternehmer den Kunden korrekt informiert hat, muss dieser Wertersatz für alle schon erbrachten Leistungen zahlen, falls er den Vertrag widerruft. Für den Widerruf kann der Kunde das Widerrufsformular des Handwerkers verwenden, er muss aber nicht.
Hier finden Sie weitere Informationen:
Eine Liste mit den neuen Informationspflichten bei Verbrauchergeschäften
Das gesetzliche Musterformular einer Widerrufsbelehrung
Ein kostenloses Informationsblatt des ZDH zu dem neuen Verbraucherrecht
Ein Leitfaden des TÜV Süd
Ein Musterbauvertrag des ZDB
Diese Berater der Handwerkskammern helfen weiter:
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