Normgerechter Schutz der Kleidung auch nach der Wäsche
Textilingenieur Jan Kuntze im Interview. Schutz und Tragekomfort von Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) müssen über deren gesamte Einsatzzeit durch professionelle Pflege und Nachimprägnierung sichergestellt werden.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Berufskleidung: So sind Sie richtig angezogen
Textilingenieur Jan Kuntze, Geschäftsführer von DBL Kuntze & Burgheim, erläutert im Interview Anforderungen an die Pflege von Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) und gibt Einblicke in die aktuelle Diskussion über die Verwendung nachhaltiger Materialien bei gleichzeitigem Anspruch auf höchsten Schutz.
Herr Kuntze, als textiler Dienstleister stellt die DBL auch multigenormte Arbeitskleidung im Mietservice bereit – was ist hier für Träger wichtig?
Jan Kuntze: Für die Profis der Branche – hier vor allem aus Berufsbereichen wie Petrochemie, Laboren, Energieversorgung, Gefahrstoffhandel oder auch Gefahrstoff-Transport – muss zunächst die Schutzfunktion über die gesamte Einsatzzeit der Kleidung gewährleistet sein. Also von der Erstausrüstung bis über die professionelle Aufbereitung auch nach vielen Waschzyklen. Zum anderen sind Eigenschaften wie der dauerhafte Tragekomfort zu berücksichtigen. Darüber hinaus werden vor allem Anforderungen an die Nicht-Entflammbarkeit von Imprägnierungen gestellt.
Wie wird das sichergestellt?
Jan Kuntze: Um diese Schutzfunktion über den gesamten Anwendungszeitraum zu gewährleisten, muss eine fachgerechte Nachimprägnierung mit anschließender normgerechter Prüfung der Imprägnierung erfolgen. Diese stellt die effiziente Abweisung von Chemikalien und den Schutz vor dem Vergrauen der leuchtenden HighVis-Farben bei Multinormartikeln sicher.
Aktuell sorgt der angestrebte Verzicht von Fluorcarbon-Ausrüstungen, wie von der EU gefordert, für Diskussionen. Fluorcarbonharz sorgt für die Abweisung von Chemikalien. Wo sehen Sie bei fluorcarbonharzfreier Multinormkleidung die Gefahren?
Jan Kuntze: Bei dem angestrebten Verzicht auf Fluorcarbonharz-Ausrüstungen ist davon auszugehen, dass es zu einem erhöhten Risiko von Verletzungen im Rahmen von Arbeitsunfällen für die Anwender von Chemikalienschutz- und Multinorm-Bekleidung kommen wird. Das kann niemand – trotz allem Streben nach Nachhaltigkeit – wollen.
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Alternativen wären fluorcarbonharzfreie Produkte?
Jan Kuntze: Ja. Doch mit einem fluorcarbonharzfreien Produkt ist bis jetzt nur eine wasserabweisende Wirkung wie Regenschutz sicher herzustellen. Herstelleraussagen, dass fluorcarbonharzfreie Produkte auch für Chemikalienschutzartikel funktionieren, kann ich so noch nicht bestätigen. Meiner Beobachtung nach ist die Einschätzung, dass auch solche Produkte einen ausreichenden Schutz vor Chemikalien gewährleisten, darauf zurückzuführen, dass die Imprägnierung häufig nur durch Anspritzen mit einigen wenigen Wassertropfen geprüft wird und nicht mit dem Spray Rating Tester. Beim letzteren wird die Probe ca. 20 Sekunden lang beregnet. Die EU scheint sich nun jedoch darauf geeinigt zu haben, dass als Imprägnierung von PSA, die nicht der Risikoklasse 3 entspricht, nur noch fluorcarbonharzfreie Produkte erlaubt sind.
Und beim Wetterschutz?
Jan Kuntze: Die Nachrüstung von Wetterschutzkleidung mit dieser Chemie wird ausnahmslos verboten – für diese sogenannte Hydrophobie gibt es ja eine Alternative. Für die Wäscher wird die Herausforderung darin bestehen, die Textilien wasserdicht zu halten. Bewähren sich die Alternativen oder werden neue Technologien entwickelt, wird man sicherlich auch den Chemikalienschutz auf PTFA-freie Imprägnierungen umstellen.
Und was ist mit der allgemeinen Beschränkung von PFAS, einer Klasse von chemischen Verbindungen, die wegen möglicher gesundheitlicher Auswirkungen in der Diskussion stehen?
Jan Kuntze: Das ist ein sehr breites Verbot, das alle Produkte mit Fluorchemie betrifft. Diese wird es nur noch rund 13 bis 15 Jahre für PSA geben – danach ist der Einsatz in der EU verboten.
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Text:
Claudia Stemick /
handwerksblatt.de
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