Die Finanzierungssituation der Unternehmen ist besser denn je. Die Firmen haben ein dickes Eigenkapitalpolster, profitieren bei Krediten von einem niedrigen Zinsniveau sowie von gelockerten Kreditrichtlinien.
Die meisten Handwerker haben wirtschaftlich erfolgreiche Jahre hinter sich und können jetzt mit einer guten Bonität punkten. Die Entwicklung hat aber auch eine Kehrseite: Die Europäische Zentralbank EZB hat angekündigt, dass sie an ihrer Niedrigzinspolitik festhalten will.
Bereitschaft zur Kreditvergabe könnte niedriger werden
Für viele Banken und Sparkassen ist das keine gute Nachricht. Ihre Risikotragfähigkeit steht seit Jahren unter Druck. Ihre Erträge werden weiter zurückgehen. Felix Hufeld, der Präsident der deutschen Finanzaufsicht Bafin, warnte im Handelsblatt sogar vor einem Bankensterben insbesondere bei kleinen und mittleren Privatbanken. Deren Bereitschaft, Kredite zu vergeben, könnte sehr viel niedriger werden – sowohl bei der Verlängerung bestehender als auch bei der Aufnahme weiterer Kredite.
Noch finanzieren die Kreditgeber und Leasinganbieter die Unternehmen gerne und liefern sich einen regelrechten Wettbewerb um Firmen mit guter Bonität. "Die gedämpfte konjunkturelle Entwicklung hat sich bislang nicht negativ auf das Finanzierungsklima ausgewirkt. Sollte sich die Konjunktur aufgrund der geopolitischen Risiken jedoch weiter eintrüben, dürfte sich dies negativ auf die Entwicklung der Ratingnoten und in der Folge auch auf den Kreditzugang auswirken", warnt Dr. Volker Zimmermann, Experte für Unternehmensfinanzierung bei der KfW Research.
Banken- und Finanzierungsexperte Carl-Dietrich Sander vom Verband "Die KMU-Berater", sieht das genauso: "Die Kreditgeber werden sehr viel risikoscheuer, wenn die Konjunktur nachlässt. Sie zögern, wenn es darum geht, Kredite zu vergeben, aber auch wenn sie sie verlängern sollen. Sie schauen sich dann ganz genau an, mit wem sie es zu tun haben."
Sander empfiehlt jedem Handwerker, sich gerade jetzt, wo die Konjunktur brummt, um dieses Thema zu kümmern. "Jetzt kann man noch agieren. Später wird man sonst nur noch reagieren können."
Es ist die unternehmerische Verantwortung, sich auch um diese Themen zu kümmern ...
Das Argument "Wir haben im Moment alle Hände voll mit dem Tagesgeschäft zu tun und für so etwas gar keine Zeit" lässt der Berater nicht gelten. "Es ist die unternehmerische Verantwortung, sich auch um solche Zukunftsthemen wie die Finanzierungsstruktur zu kümmern. Man muss sich die Zeit dafür einfach nehmen."
Die spannendste Frage dabei sei: Bin ich eigentlich ein interessanter Kreditkunde? Dazu muss man erst einmal wissen, wie gut die eigene Verhandlungsposition gegenüber der Bank eigentlich ist.
Dabei helfen drei Fragen:
Erstens: Kenne ich überhaupt mein Rating? Also weiß ich, wie meine Bank mich bewertet?
Zweitens: Kenne ich die Kapitaldienstfähigkeitsberechnung meiner Bank? Das ist die Berechnung, anhand der die Bank sagt, ob der Betrieb überhaupt aus seinen liquiden Mitteln Zins und Tilgung bedienen kann.
Und drittens: Weiß ich eigentlich, wie die Bank die von mir gestellten Sicherheiten bewertet?
"Das sind die drei Stellschrauben, anhand deren die Bank oder Sparkasse festmacht, ob sie noch weiteren Kredit geben will oder nicht", erklärt Sander. Diese Stellschrauben sollte jeder Handwerker kennen. Dann kann er einschätzen, ob er mit breiter Brust ins Bankgespräch gehen kann oder ob er das Gespräch lieber etwas vorsichtiger angehen lassen sollte.
Selbstbewusst dem Bankberater gegenübertreten
Carl-Dietrich Sander Foto: © Carl-Dietrich Sander / privatSander schätzt allerdings, dass nur fünf bis zehn Prozent aller Firmenlenker im Mittelstand diese Stellschrauben kennen. "Aber ohne die Kenntnis von Rating, Kapitaldienstfähigkeit und Sicherheitenbewertung können Unternehmen ihre weiteren Kreditchancen nicht realistisch einschätzen." Und dann nicht entsprechend selbstbewusst dem Bankberater gegenübertreten.
Was kann man also tun, um sich einen Überblick über seine Finanzierungsbausteine zu verschaffen? Zuerst sollte man sich einen sogenannten "Bankenspiegel" erstellen, rät der Experte. Man macht sich dazu eine schriftliche Übersicht, von welcher Bank man welche Kreditlinien im Kontokorrent- und im Darlehensbereich zu welchen Zinssätzen hat.
Dann schaut man sich in seiner Bilanz das Anlagevermögen an und vergleicht das mit seinem Eigenkapital und den langfristigen Bankdarlehen. Im Ergebnis sollte die langfristige Finanzierung, also das Eigenkapital plus die langfristigen Darlehen, größer sein als das Anlagevermögen. Experten nennen das die "Goldene Bilanzregel". Die besagt, dass langfristige Vermögensgegenstände auch langfristig finanziert sein sollen.
Zehn einfachen Fragen zur Finanzierungssituation
Problematisch sei es, so Sander, wenn man einen Teil seiner kurzfristigen Verbindlichkeiten dazu nutzt, um sein Anlagevermögen zu finanzieren. Das fehlt dann zur Finanzierung von halbfertigen Arbeiten und Forderungen. "Das holt den Unternehmer irgendwann ein." Eine Hilfestellung bei der Frage "Wo stehe ich mit meinem Unternehmen?" bietet die "Checkliste Unternehmensfinanzierung" des Beraterverbandes "Die KMU-Berater" .
Unternehmen können anhand von zehn einfachen Fragen ihre Finanzierungssituation überprüfen. Die Fragen beziehen sich zum einen auf die Finanzierungsstrategie der Unternehmen, zum anderen wird abgefragt, ob man auch Förderkredite und Finanzierungshilfen über das Internet nutzt und ob beziehungsweise in welchem Umfang die Risikobewertung der Hausbank(en) für das eigene Unternehmen bekannt ist.
Anhand von zehn Thesen können Unternehmen ihre Finanzierungssituation einschätzen. Sie erhalten dann eine Auswertung aus Sicht der KMU-Berater und einen ersten Handlungsimpuls. Die Antworten aus den zehn Fragen fließen anonymisiert in einen Datenpool ein. Dieser wird einmal pro Jahr ausgewertet. Diese Auswertung senden die Berater den teilnehmenden Unternehmen Anfang jeden Jahres zu. Die Angabe der Mailadresse ist aber freiwillig. checkliste-unternehmensfinanzierung.kmu-berater.de
Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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