Arbeitsunfälle: Kaputte Tasse und Zeckenbiss
Kleine Dinge, große Wirkung: Der Sturz in die Scherben einer Kaffeetasse kann ein Arbeitsunfall sein, ein Zeckenbiss ebenfalls. Bei beiden kommt es aber auf den konkreten Zusammenhang mit dem Job an.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Arbeitsunfälle und die Folgen
Stürzt ein Arbeitnehmer bei der Arbeit mit der Kaffeetasse in der Hand und erleidet Schnittwunden, kann das ein Arbeitsunfall sein. Zumindest dann, wenn der Vorgesetzte dies angewiesen hat, entschied das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen.
Der Fall
Ein Industriemechaniker hatte an einem Stehtisch seines Arbeitsplatzes einen morgendlichen Kaffee getrunken. Als der Vorgesetzte ihn anwies, den Tisch freizuräumen und Unterlagen zu holen, stürzte der Mann. Die Kaffeetasse zersprang auf dem Boden und verletzte ihn. Der Mitarbeiter erlitt Schnitte an den Nerven, der Beugesehne und an mehreren Blutgefäßen. Der gesetzliche Unfallversicherungsträger lehnte eine Anerkennung als Arbeitsunfall ab. Essen und Trinken zählten zum persönlichen, nicht versicherten Lebensbereich, meinte der Versicherer. Das Mitführen von selbst benutzten Behältnissen zur Essen- oder Getränkeaufnahme sei eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit.
Das Urteil
Das Gericht sah das anders: Der Mitarbeiter hatte einen Arbeitsunfall. Hier seien die Verletzungen "objektiv und rechtlich wesentlich durch die versicherte Tätigkeit verursacht worden". Denn der Vorgesetzte habe den Kläger angewiesen, den Tisch mit der Kaffeetasse freizuräumen und Unterlagen zu holen. Diese hätten sich in dem Container befunden, in dem auch die Kaffeetassen abgestellt werden sollten. Zwar war das Mitführen der Tasse Ursache für die Schnittverletzungen. Weitere Ursache sei aber das Wegräumen der Tasse in der konkreten Arbeitssituation und auf Anweisung des Vorgesetzten gewesen. Diese betriebsbedingten Umstände hätten hier im Vordergrund gestanden, fanden die Essener Richter (Landessozialgericht NRW, Urteil vom 18. Oktober 2017, Az. L 10 U 453/17)
Ein Zeckenbiss kann ebenfalls ein Arbeitsunfall sein
Der Fall
Eine Lehrerin fand nach einem Schulsportfest beim Duschen am Abend gegen 23 Uhr eine Zecke an ihrem Körper. Sie wollte, dass der Biss, der schwerwiegende Folgen wie Neuroborreliose haben kann, als Arbeitsunfall anerkannt wird. Die gesetzliche Unfallversicherung wies sie ab.
Das Urteil
Zu Recht, sagt das Thüringer Landessozialgericht. Es sei nicht erwiesen, dass der Zeckenbiss während ihrer Tätigkeit für die Schule passiert sei. Dies setze nämlich "eine örtliche und zeitliche Bestimmbarkeit des Ereignisses Zeckenbiss voraus". Dass dies möglicherweise beim Sportfest passiert sein könne, genüge nicht als Grund für einen Arbeitsunfall (Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 9. August 2017, Az. L 1 U 150/17).
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
Kommentar schreiben