Innovativ, anerkannt und bodenständig – James Ensor war eine besondere Persönlichkeit, ein Künstler, der zeitlebens der Stadt Ostende die Treue hielt. Heute wollen die Ensor-Experten nicht so gerne hören, dass jener Maler ein komischer Kauz war, der in einem Kuriositätenladen seine Impressionen gewann. Er sei vielmehr eine Künstlerpersönlichkeit gewesen, die fast systematisch alle Stile ausprobiert habe.
Das Publikum glücklich machen
Die Maske war eine Art Handelsmarke des Künstlers James Ensor. Foto: © VisitFlandern.comEr liebte das Meer und liebte es noch mehr seinen Brüsseler Freunden auf dem Deich von Ostende die "wunderbarhaftige" Schönheit des Meeres zu preisen. Er wollte sein Publikum glücklich machen. Drei Säulen machten seine Malerei aus: die Stilleben als koloristisches Erlebnis, die Landschaften und fantastischen Kompositionen und dann als letztes Thema die Portraits von Bürgerinnen im Interieur.
Ein besonderes Element seiner Malerei war die Maske. Sie sollte die menschliche Natur demaskieren, meinte ein Kritiker. Man könne sogar annehmen, dass seine Maskeraden die bizarre, komische und auch düstere Kehrseite der kleinbürgerlichen Welt der Bürgersalons zum Ausdruck bringen wollten. Nun muss festgestellt werden, dass von 400 Werken gerade mal 50 mit Maskenmotiven zu finden sind. Und dennoch war die Maske eine Art Handelsmarke des Künstlers.
Bedeutendster Maler Belgiens
Ensors Kunst ist heute weltweit in allen berühmten Museen zu finden. Foto: © VisitFlandern.comEnsors Kunst ist heute weltweit in allen berühmten Museen zu finden. Die Größe und Anerkennung seines Werkes hat wohl sehr viel mit der Arbeit des Hauptkonservators Walther Vanbeselaere zu tun. Ihm gelang es, durch seine Ankaufs- und Ausstellungspolitik sowie durch die Publikationen Ensor zum bedeutendsten Maler Belgiens zu machen.
Derzeit ist Ensor in Mannheim zu sehen. Kuratorin Inge Herold freut sich über die internationale Unterstützung bei der Ausstellung, vor allem, dass das Musée des Beaux Arts Lüttich das Bild "Der Tod und die Masken" zur Verfügung gestellt hat, begeistert die Ausstellungsmacher. 60 Gemälde, 120 Arbeiten auf Papier und einige Masken aus Ensors Nachlass sind nun noch bis zum 3. Oktober in der Kunsthalle Mannheim zu sehen.
Kunsthalle Mannheimwww.kuma.art
Friedrichsplatz 4
68165 Mannheim
Das Mu.ZEE – das Museum am Meer
Innenansicht des Mu.ZEE – das Museum am Meer. Foto: © Mu.ZEE Die hintere Glasfassade ist ein Kunstwerk für sich. Im Hintergrund die Sint-Jozefs Kerk van Oostende. Die Backsteinfassade zerlegt in kleine Mosaike. Der Besucher blickt durch die Fenster-Rückseite des Mu.ZEEs, das Museum in den ehemaligen Verkaufshallen eines typischen Kaufhauses der 60er Jahre. Heute ist hier Kunst platziert. Über zwei Etagen zeigen die Ausstellungsmacher belgische Kunst von 1880 bis heute. Die Chefin des Museums hat Experten aus allen Bereichen der bildenden Kunst um Rat gebeten und die Ausstellungsfläche komplett umgestaltet – keine Räume mehr, sondern großzügige Flächen und Trennwände zeigen die Kunst von James Ensor, Léon Spilliaert, Constant Permeke und vielen großen der belgischen Kunstszene.
Die Mu.ZEE-Verantwortlichen setzen auf die eigene Sammlung, die 8000 Exponate umfasst, die ältesten sind um 1830 entstanden. Das Mu.ZEE verwaltet seit 2008 die Sammlungen der Provinz Westflandern. Ziel der Museumsoberen um Colette Castermans ist die Ausstrahlung von Gelassenheit, das Mu.ZEE möchte Ruhe ausstrahlen, aber auch zum Schauen und Fühlen anregen. Die Macherin sieht das Mu.ZEE als weibliches Museum, als Museum mit "zutiefst menschlichem Charakter und dem freundlichstem Empfang des Landes", heißt es sichtlich selbstbewusst. Mu.ZEE ist die Symbiose von Museum und ZEE, eben See.
Lese-Tipp Mu.ZEE Ostende: Bauen mit recycelten Baustoffen. Rotordb hat entscheidend bei der baulichen Umgestaltung des Mu.ZEE in Ostende mitgewirkt. Der Architekt und Historiker Lionel Devlieger erläutert im Interview die nachhaltige Konzeption der Spezialfirma, die sich auch mit dem Recycling von Baustoffen beschäftigt.
Tragik des Architekten
Foto: © Mu.ZEE Als Architekt Gaston Eysselinck 1948 den Auftrag für ein Warenhaus in der Romestraat in Ostende erhielt, konnte er nicht ahnen, dass es einer seiner letzten Aufträge sein würde. Eysselinck gilt als einer der bedeutendsten Architekten im Ostende der Nachkriegszeit. Zum Entwurf gehörte die Erweiterung eines bestehenden S.E.O.-Gebäudes in der Amsterdamstraat, wo sich eine Apotheke und Bierabfüllanlage befand. Die besondere 30 Meter lange gebogene Glasfassade des Neubaus mit Blick auf die Kirche des heiligen Josefs entstand zwischen 1950 und 1955.
Mehrere Zehntausend Familien aus Ostende kauften in diesem Genossenschaftskaufhaus mit dem bezeichnendem Namen Sparsamkeit Ökonomie Ostende. Hunderte von Mamzels füllten die Regale, halfen beim Verkauf von Geschirr, Radios, Möbeln, Spielzeug, Tabak, Benzin und Dingen des täglichen Bedarfs. Gut 30 Jahre funktionierte der genossenschaftliche Einkauf. Die Erfolgsgeschichte endete 1981 im Konkurs. 1986 wurde neue "Ware" angeboten, dieses Mal nicht zum Kauf, sondern zum Betrachten.
Die Exponate des Provinzialmuseums für moderne Kunst, die lange zwischen Brügge und Ypern pendelten, fanden ihre neue Heimat im Mu.ZEE. In den 2000er Jahren folgte die Kunst aus Oostendes Museum voor Schone kunsten. 2008 wurde der Name Mu.ZEE und das neue Museums Ostendes geschaffen. Parallel zur Umgestaltung des Warenhauses arbeitete Eysselinck für ein anderes Objekt: das Postgebouw.
Sein erster öffentlicher Auftrag war die Schaffung eines modernen Postgebäudes, das sehr aufwendig und vor allem lichtdurchflutet gestaltet werden sollte. Was heute beinah eine Selbstverständlichkeit ist, der hoffnungslose Überzug des genehmigten Budgets, traf auch Gaston Eysselinck. Die Eskalation führte zu Betretungsverboten für den Architekten, der schließlich seinem Leben ein Ende setzte. Eysselinck, 1907 geboren, starb im Jahr 1953, am Nikolaustag. Heute ist die Bewunderung für seine Kühnheit und für seine Modernität bei jeder Stadtführung zu erleben.
James Ensor privat
Foto: © VisitFlandern.com James Ensor, Wegbereiter des Expressionismus und der modernen Malerei, ist vor allem in seiner Heimatstadt Ostende in Westflandern zu entdecken. Vor allem in seinem Wohnhaus, in dem er bis zu seinem Tod 1949 lebte. 1917 erbte er das schmale dreistöckige Haus in der Vlaanderenstraat 27 nahe der Strandpromenade von seinem Onkel Leopold Haegheman.
Den Andenkenladen, in dem bis zum Tod des Onkels Ansichtskarten, Touristen-Souvenirs wie Muscheln, Spielzeug und natürlich Masken verkauft wurden, machte der Maler dicht – ließ aber alles an seinem Platz. Ensor, der Bohemien, führte ein offenes Haus für Freunde, Bewunderer, Kritiker, Journalisten und prominente Gäste. Heute sind das Haus des Onkels und das Nachbarhaus, wo seine Mutter ein Geschäft führte, miteinander zu einem interaktiven Erlebniszentrum verbunden. Sein Wohn- und Lebensbereich sind im Originalzustand erhalten, man atmet den Zeitgeist der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts. Im Ensorhaus sind einige Werke von ihm zu sehen, weitere Exponate bietet das Mu.ZEE.
James Ensor HausVlaanderenstraat 27, Oostende
www.visitoostende.be/de/james-ensorhuis
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Text:
Rainer Schmidt /
handwerksblatt.de
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