Neue Bundesvorsitzende der UnternehmerFrauen im Handwerk
Interview. Tatjana Lanvermann ist die neue Bundesvorsitzende der UnternehmerFrauen im Handwerk e.V. (UFH). Wir sprachen mit ihr über ihre Ziele, über Gründerinnen und das neue Mädchen-Projekt: Das Siegel "Handwerk ist hier auch Frauensache".
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Frauen im Handwerk
Tatjana Lanvermann ist die neue Bundesvorsitzende der UnternehmerFrauen im Handwerk e.V. (UFH). Die 52-Jährige wurde im Oktober zur Nachfolgerin von Heidi Kluth gewählt, die den Verband über zwölf Jahre lang geleitet hat. Dirk und Tatjana Lanvermann führen gemeinsam den Familienbetrieb Lanvermann GmbH & Co KG, ein Heizung-Sanitär-Lüftung-Klima-Betrieb in Borken-Marbeck mit über 50 Mitarbeitenden. In diesem Sommer sind die beiden Söhne mit eingestiegen.
Wir sprachen mit der neuen UFH-Vorsitzenden und ehrenamtlichen Richterin am Finanzgericht Münster über ihre Ziele und das neue Mädchen-Projekt der UnternehmerFrauen: Das Siegel "Handwerk ist hier auch Frauensache".
Die neue Bundesvorsitzende der UnternehmerFrauen Tatjana Lanvermann. Foto: © LanvermannDHB: Frau Lanvermann, was sind Ihre Ziele als neue Bundesvorsitzende der UnternehmerFrauen im Handwerk?
Lanvermann: Besonders wichtig ist mir, den Verband weiter zu stärken und dem Netzwerk einen einheitlichen Auftritt zu verschaffen. Dazu haben wir bereits unter meiner Vorgängerin die neuen Kampagnen eingeführt und unser Logo umgestaltet. Wir sind dabei, eine Zukunftsvision zu entwickeln, um daraus ein Leitbild und eine Strategie für die kommenden Jahre zu entwickeln. Diesen Weg werden wir gemeinsam mit unseren Mitgliedern bestreiten.
Mein persönliches Ziel ist es, den Verband zu verjüngen. Unter anderem möchten wir uns mehr um die Gründerinnen kümmern. Fast jeder vierte Handwerksbetrieb wird von einer Frau gegründet. Wir möchten mehr junge Unternehmerinnen für unser Netzwerk gewinnen und ihnen mit unseren Erfahrungen als Mentorinnen zur Seite stehen. Sie sollen gestärkt ihre Betriebe führen und nicht bei jeder kleinsten Krise aufhören. Wir hören von vielen Gründerinnen, die nach drei oder vier Jahren ihren Betrieb wieder ad acta legen. Hier möchten wir den Gründerinnen eine Stütze sein. Aber auch wir UnternehmerFrauen wollen durch diesen Austausch von ihnen lernen. Wir möchten das Handwerk insgesamt stärken. Und das Handwerk kann gestärkt werden durch starke Betriebe.
Nicht zuletzt möchten wir die Bedeutung der Doppelspitze im Handwerksbetrieb wieder mehr in den Vordergrund bringen. Etwa 75 Prozent aller Handwerksunternehmen werden als Familienbetriebe gemeinsam von Mann und Frau geleitet. Um das volle Potenzial auszuschöpfen, gibt es noch Schulungs- und Förderungsbedarf, den wir schaffen wollen. Unsere Sichtbarkeit und Interessen der UnternehmerFrauen im Handwerk müssen noch stärker wahrgenommen werden. Gemeinsam mit den Organisationen des Handwerks können wir die Potenziale der Frauen im Handwerk sichtbarer und nutzbarer machen. Hierbei bauen wir auch auf die Unterstützung und Einbindung unserer Handwerksorganisationen und deren Gremien.
DHB: Die UnternehmerFrauen haben ein neues Projekt ins Leben gerufen, die Verleihung des Siegels "Handwerk ist hier auch Frauensache", was verbirgt sich dahinter?
Lanvermann: Jedes unserer 4.500 UFH-Mitglieder kann sich mit Hilfe eines Fragebogens um das Siegel "Handwerk ist hier auch Frauensache" bewerben. Es soll der Öffentlichkeit zeigen, dass wir im Handwerk offen sind für Mädchen. Es soll gleichzeitig den Mädchen signalisieren, dass der Betrieb, der das Siegel trägt, offen für Bewerberinnen ist. Wir wollen Mädchen so den Einstieg ins Handwerk erleichtern. Ende Januar werden wir die ersten Siegel an die Betriebe verteilen. Damit können die Firmen schon in der Bewerbungsrunde für das neue Ausbildungsjahr kenntlich machen, dass Mädchen und Frauen in ihrem Unternehmen willkommen sind. Das Projekt hat meine Vorgängerin Heidi Kluth ausgerufen und gleichzeitig zu mir gesagt, "Du bringst das auf die Straße". Die Resonanz bei unseren Mitgliedern ist enorm. Das ist das richtige Tool zur richtigen Zeit.
DHB: Warum ist das Netzwerken gerade für Frauen im Handwerk so wichtig?
Lanvermann: Der Austausch mit dem Netzwerk ist den UnternehmerFrauen sehr wichtig. Sowohl fachlich als auch unternehmerisch und sozial. Und dieses Netzwerk wird bei uns immer größer und stabiler. Wir haben zum Beispiel seit Oktober auf unserer Internetseite ein Tool, in dem man alle Betriebe eintragen und finden kann. Die Zahl der roten Punkte dort zeigt, wie breit wir aufgestellt sind. Die Unternehmerfrauen im Handwerk sind ein großes und vor allem auch aktives Netzwerk mit mehr als 100 Arbeitskreisen bundesweit.
DHB: Wie könnte es gelingen, dass sich noch mehr Frauen auch in der handwerklichen Selbstverwaltung engagieren?
Lanvermann: Der Frauenanteil an der Spitze der handwerklichen Selbstverwaltung ist tatsächlich immer noch sehr gering, es werden aber immer mehr, wie man am Beispiel der Handwerkskammer-Präsidentinnen Carola Zarth in Berlin oder Susanne Haus von der HWK Frankfurt-Rhein-Main sieht. Es ist allerdings noch immer nicht einfach für junge Frauen, einen Betrieb zu gründen. Frauen haben oft ein höheres Sicherheitsbedürfnis. Die Vereinbarkeit von Familienplanung und Ehrenamt stellt Hürden dar. Die UnternehmerFrauen sind Vorbilder dafür, dass es gut funktionieren kann. Hierzu möchten wir junge Frauen motivieren, ansprechen und unsere Erfahrungen mit ihnen teilen.
DHB: Was könnte hier ein sinnvolles Hilfsinstrument sein?
Lanvermann: Auf Landesebene in NRW habe ich das Projekt "Betriebshilfe" für das Handwerk angeregt und es damit bis in die Enquete-Kommission des Landtags geschafft. Das Projekt orientiert sich an der Betriebshilfe der Landwirte. Wenn in der Landwirtschaft der Unternehmer oder die Unternehmerin ausfällt, kommt ein Betriebshelfer, damit der Betrieb weiterläuft. Das würde ich mir auch für das Handwerk wünschen. Nicht als Hilfe im handwerklichen Bereich, da gibt es meistens eine Lösung, aber für die kaufmännischen Tätigkeiten, damit zum Beispiel die Gehälter und Rechnungen weiter bezahlt werden und Angebote geschrieben werden. Zum Beispiel, wenn der Chef oder die Chefin in Elternzeit gehen möchten oder kurzfristig ausfallen. Den Startschuss dazu hat auch einer unserer Bundesverbandsförderer, die Signal Iduna, gegeben, indem sie eine neue Inhaber-Ausfallversicherung anbietet. Die springt ein, wenn der Chef oder die Chefin wegen Krankheit oder Unfall ausfällt. Da fehlt mir allerdings noch die Elternzeit und die Pflegezeit.
DHB: Wie kamen Sie selbst zu den UnternehmerFrauen?
Lanvermann: Ich habe vor genau 23 Jahren, im November 1998, den UFH-Arbeitskreis Borken mit gegründet. Ich weiß das deshalb so genau, weil ich an der Gründungsversammlung selbst nicht teilnehmen konnte. Ich stand damals kurz vor der Entbindung unseres Sohnes. Drei Jahre später bin ich in den Vorstand gewählt worden, vor 13 Jahren bin ich dann in den Landesverband NRW als zweite Vorsitzende eingestiegen und drei Jahre später konnte ich den Landesvorsitz übernehmen. Den habe ich in diesem Jahr abgegeben an Juana Bleker, um mich für den Bundesverband zu rüsten. Das ist schon eine anspruchsvolle Aufgabe, wir haben ja auch noch den Betrieb. Weiterhin engagiere ich mich auch für den Aufbau der Ehrenamtsakademie von Handwerk.NRW. Ich hoffe, dass wir gemeinsam mit den anderen Verbänden das Handwerk weiter nach vorne bringen und das Image weiter stärken. Auch für das Ehrenamt, denn ohne das Ehrenamt wird unser Handwerk nicht überleben können. Und die Unternehmerfrauen sind wirklich mein Herzensprojekt.
Das Gespräch führte Kirsten Freund.
Der UFH-Bundesvorstand
Bundesvorsitzende: Tatjana Lanvermann
Stellvertretende Bundesvorsitzende: Angelika Baur-Schermbach
Schatzmeisterin: Iris Leisenheimer
Pressesprecherin: Heike Trapp
Schriftführerin: Beate Bliedtner
Geschäftsführerin: Miriam Schulze
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Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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