"Die Lage der Bundesfinanzen ist ernst"
Beim diesjährigen Dreikönigstreffen von Handwerk.NRW ging es um die Haushaltspolitik in Deutschland. Kay Scheller, Präsident des Bundesrechnungshofs, attestierte dem Staat, in den letzten 20 Jahren viel versäumt zu haben. Nun sei wirkungsvolleres Handeln nötig.
"Entlasten statt fördern!" Das war die zentrale Forderung Andreas Ehlerts beim diesjährigen Dreikönigstreffen von Handwerk.NRW. Der nordrhein-westfälische Handwerkspräsident forderte damit eine Abkehr von einer sorglosen Haushaltspolitik. Angesichts der vom Bundesrechnungshof bescheinigten "ernsten Lage der Bundesfinanzen" stehe eine neue Bundesregierung vor großen Herausforderungen. Sie müsse eine "schonungslose Ausgabenkritik" vornehmen und "mutige Prioritäten" in den öffentlichen Haushalten setzen. Die Spendierfreudigkeit des Staates führe zu einer überbordenden Subventionskultur, die die strukturellen Probleme des Landes nicht lösten. Der Staat müsse wieder lernen, sich auf Regelsetzung zu konzentrieren und steuerliche Entlastungen auf den Weg bringen, so Ehlert.
Der Druck durch Steuern, Abgaben und Sozialversicherungsbeiträge steige immer weiter an und belaste den Faktor Arbeit. "Handwerk und Mittelstand erwarten strukturelle Reformen statt schuldenfinanzierter Subventionspolitik. Die Flucht in die Staatsverschuldung ist kein Ausweg, sondern ein Irrweg." Eine Reform oder Abschaffung der Schuldenbremse werde nicht zur Standortqualität beitragen. Tragfähige Staatsfinanzen und Sicherungssysteme seien nicht nur eine Frage der Generationengerechtigkeit. Es gehe auch um das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates und die Demokratie.
Strukturelle Versäumnisse und neue Probleme
Andreas Ehlert (l.) und Kay Scheller Foto: © Paul Schneider / Handwerk.NRW"Die Lage der Bundesfinanzen ist ernst", sagte auch Festredner Kay Scheller. Stabile Finanzen seien die Voraussetzung für die Handlungsfähigkeit des Staates, erklärte der Präsident des Bundesrechnungshofs. In Deutschland sei in den letzten 20 Jahren viel liegengeblieben. Während diese strukturellen Versäumnisse sich immer weiter verschärften, gebe es mit Blick auf die verschiedenen Krisen zusätzliche Probleme. "So bleibt zu wenig Spielraum zur Finanzierung wichtiger Zukunftsthemen." Scheller sprach von einer fiskalischen Schönwetterphase mit Wachstum und hohen Steuereinnahmen ab den 2000er Jahren mit einem Höhepunkt im Jahr 2019. In dieser Zeit hätte der Staat es verpasst, zu "konsolidieren, modernisieren und zu investieren".
Mit Beginn der Corona- und danach der Energiepreiskrise stiegen die Staatsausgaben weiter an, sogar bis in die Jahre 2023 und 2024 hinein. Das Ergebnis: Es sei heute enorm schwierig, einen Bundeshaushalt verfassungskonform aufzustellen. Um die Finanzen jetzt zu stabilisieren, gelte es, klare, kluge und mitunter auch schmerzhafte Entscheidungen zu treffen. Für eine neue Bundesregierung sei diese Aufgabe sehr schwierig, denn der fiskalische Spielraum werde durch die vorhandene Schulden- und Zinslast immer kleiner. Dem gegenüber stehe ein "riesiger Modernisierungs- und Nachholbedarf" bei Infrastruktur, Verteidigung, Digitalisierung und der Bekämpfung des Klimawandels.
Effizienteres Förderwesen schaffen
All dies treffen auf den demografischen Wandel und steigende Koste in den Sozialversicherungen. Der Staat stehe unter einem enormen Handlungsdruck, betonte Scheller. Er müsse sich modernisieren und einen langfristigen Stabilisierungsplan aufstellen. "Wichtig ist, besser zu haushalten und neu zu priorisieren nach einer generellen Aufgaben- und Ausgabenkritik." Das sei nicht zu schaffen mit den Strukturen und Instrumenten von gestern. "Deutschland muss die funktionale Wirksamkeit seines Verwaltungshandelns dringend verbessern." Die föderalen Finanzbeziehungen müssten entflochten werden. Der Wirkungsgrad von Bundesgeldern, die für Länderaufgaben bereitgestellt werden, sei zumeist schlecht. "Aufgabe und Finanzverantwortung gehören in eine Hand."
Außerdem müsse der Staat ein effizienteres Förderwesen schaffen. Hier sei noch viel Luft nach oben. Grundvoraussetzung dafür sei immer eine genaue Analyse und Feststellung des Bedarfs. Nur so ließen sich Ziele definieren und der Erfolg der eingesetzten Gelder kontrollieren. Ebenfalls viel zu tun gebe es bei der Digitalisierung der Verwaltung. "Der Staat ist verpflichtet, Verwaltungsdienstleistungen online anzubieten, beim Digitalisierungsindex der EU reicht es für Deutschland aber nur für einen Paltz im unteren Drittel." Abschließend lautete Schellers Appell: Die Bundesbehörden sollten endlich verinnerlichen, dass der Erfolg vor allem durch wirkungsvolles Handeln bestimmt werde und nicht durch immer mehr Haushaltsmittel. Deswegen gelte es in diesem Jahr erst recht gut zu haushalten.
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Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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