Was hat das Handwerk von der Blockchain?
Der Blockchain-Experte Wolfgang Prinz erklärte beim nordrhein-westfälischen Handwerk, welche Chancen die Technologie für Handwerksbetriebe bieten kann.
Manche halten die Blockchain für die nächste digitale Revolution, die alle Bereiche der Wirtschaft erfassen und fundamental verändern wird. "Das haben wir zum Anlass genommen, uns heute einmal etwas näher mit diesem Zukunftsthema zu beschäftigten", sagte Andreas Ehlert bei der ersten Ausgabe von "#handwerkumzwoelf" von Handwerk.NRW im Jahr 2022. Sie sollte laut Ehlert einen Blick über den Tellerrand bieten.
Potenziale von Blockchain schier unendlich
Der nordrhein-westfälische Handwerkspräsident begrüßte dazu einen Experten für das Thema Blockchain, Wolfgang Prinz. Er ist Professor an der RWTH Aachen, stellvertretender Institutsleiter am Fraunhofer Institut für angewandte Informationstechnik und Leiter des Blockchain Reallabors im Rheinischen Revier. "Wir wollen uns damit beschäftigen, welchen Einfluss die Blockchain auf unser Wirtschaftsleben haben kann und wo sie auch bei uns im Handwerk zum Einsatz kommen könnte", kündigte Ehlert an. Ihre Potenziale seien schier unendlich.
Die erste Assoziation beim Begriff Blockchain ist oft das Thema Kryptowährung. Bei der Blockchain gehe es aber um weit mehr als nur um Kryptowährungen, betonte Prinz. In der Plattformökonomie bestimmen relativ wenige große Anbieter von Cloudlösungen den Markt. Solche digitalen Lösungen können laut Prinz für Betriebe sehr nützlich sein, allerdings gäben die Unternehmen ihre Daten, wie zum Beispiel ihre Kundendaten, dabei aus der Hand. Obwohl das viel Aufwand und Arbeit ersparen könne, liege darin aber auch eine gewisse Gefahr. "Gerade im industriellen Bereich dürfen wir diesen großen Konzernen nicht alle unsere Informationen liefern, sondern wir sollten versuchen, mehr dezentrale Lösungen zu denken, um in Zukunft selbst Herr der Prozesse und Daten zu bleiben", erklärte Prinz.
Dezentrale Verwaltung
Hier komme die Blockchain ins Spiel. Die Transaktionsverwaltung funktioniere hier nicht zentral, sondern in einem Netzwerk, also dezentral. Weil die Daten als sogenannte "kryptografisch verkettete Blocklisten" gespeichert sind, sei es nicht möglich, innerhalb dieses Netzwerks Transaktionen zu manipulieren oder nachträglich zu fälschen. Betriebe könnten mit der Blockchain nicht nur Daten speichern, sondern mit Hilfe von "Smart Contracts" auch Prozesse automatisieren – ebenfalls so, dass sie nicht zu manipulieren, aber rückverfolgbar sind. Prinz: "Für Unternehmen haben wir damit eine Möglichkeit geschaffen, Werte, Daten und Informationen sicher und nachvollziehbar zu transferieren, und das unabhängig von einem großen Plattformanbieter."
Für Handwerksbetriebe könne die Blockchain als Nutzer, als Teil eines Blockchain-Netzwerks oder für neue Geschäftsmodelle eine Rolle spielen. Als Nutzer könne sie zum Beispiel bei Herkunftsnachweisen von Rohstoffen (Nachweis von Produktionsdaten über den gesamten Wertschöpfungsprozess), bei Urkunden und Zertifikaten (Echtheitsnachweis), bei Prüfprozessen (Arbeits- und Identitätsnachweis) oder im Rechnungsmanagement (Dokumentation von Verträgen und Leistungen) relevant sein. Als Teil eines Netzwerks könnten Unternehmen aus dem Handwerk im Bereich der Wartung (Qualifikationsnachweis), der Qualitätssicherung (nahtlose Dokumentation aller Arbeitsschritte), des Auftragsmanagements (großes Automatisierungspotenzial) oder der Produktion (kontinuierliches Auditing von Herstellungsprozessen) von der Blockchain profitieren.
Handwerksprodukte als NFT
Neue Geschäftsmodelle seien in Verbindung mit der Blockchain-Technologie für digitale Zusatzdienste (Service, auch in Zusammenarbeit mit weiteren Akteuren), automatische Bestellvorgänge (Bezahlverfahren) oder Kooperationen (Austausch der Projektanforderungen) denkbar. Außerdem seien derzeit die Non Fungible Tokens (nicht austauschbares Objekt – NFT) in aller Munde. Auch handwerkliche Erzeugnisse könnten als NFT gehandelt werden, so Prinz. Dabei sei jeder Token eindeutig identifizierbar und habe einen eigenen Wert. Handwerksbetriebe seien gut beraten, sich mit der Technologie zu beschäftigen und darüber nachzudenken, ob und wie sie sie für ihr Geschäft einsetzen können.
BlockchainDie Blockchain-Technologie ist eine der meistdiskutierten Innovationen der digitalen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft. Sie ist eine technische Lösung, um Daten in einer verteilten Infrastruktur ohne zentrale Instanz nachvollziehbar und manipulationssicher im Konsens zu verwalten. Blöcke von Datensätzen werden aneinandergereiht und zu einer stetig wachsenden Blockkette (engl. blockchain) verknüpft. In einem Konsensverfahren einigen sich alle Knoten im Netzwerk auf einen einheitlichen Stand der Blockkette. Kryptografische Mechanismen sorgen unter anderem dafür, dass einmal in die Blockchain aufgenommene Daten praktisch nicht mehr verändert werden können. Durch Eigenschaften wie Dezentralität, Zuverlässigkeit, Fälschungssicherheit eröffnet sie ein breites Feld an innovativen Anwendungsmöglichkeiten und neuen Kooperationsformen. Mittels Blockchain-Technologie können alle erdenklichen Werte, Rechte und Schuldverhältnisse an materiellen und immateriellen Gütern durch Token repräsentiert und deren Handel- und Austauschbarkeit potenziell vereinfacht werden.
Quelle: Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik / Bundeswirtschaftsministerium
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Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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