Der Lockdown wir bis mindestens zum 14. Februar fortgesetzt. Das haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder verabredet. Bis dahin soll eine Strategie vorliegen, wie Geschäfte wieder öffnen können, ohne dass die Infektionszahlen wieder ansteigen.
Handwerkliche Betriebe wie Friseure, Kosmetiker und Autohäuser bleiben weiterhin geschlossen. Bäckereien oder Metzgereien dürfen ihre Gastrobereiche nicht öffnen. Schulen und Kitas bleiben ebenfalls geschlossen. Weiterhin soll eine Notfallbetreuung und Distanzlernen angeboten werden.
Verbesserte Überbrückungshilfe
Arbeitgeber werden dazu aufgerufen, das Arbeiten im Homeoffice noch einmal zu verstärken, sie müssen vorerst bis zum 15. März Heimarbeit anbieten, sofern es möglich ist. Sollte eine Präsenz der Beschäftigten am Arbeitsplatz notwendig sein, sollen medizinische Masken getragen werden, wenn Abstände nicht eingehalten werden können. Solche Masken sind nun auch im öffentlichen Personenverkehr und in Geschäften zu tragen.
Berichtet wurde über Verbesserungen bei der Überbrückungshilfe III. Vorgesehen seien deutlich höhere Abschlagszahlungen von bis zu 100.000 Euro, die auch direkt ausgezahlt werden sollen. Der maximale Zuschuss zu den Fixkosten soll bei 1,5 Millionen Euro liegen. Bezugsberechtigt sind Betriebe, die einen Umsatzeinbruch von mindestens 30 Prozent nachweisen können. Für Selbstständige betrage die Kostenpauschale jetzt höchstens 7.500 Euro.
Auszahlungen so schnell wie möglich
Im Beschluss von Bund und Ländern steht zunächst nur: "Der Bund wird außerdem die Zugangsvoraussetzungen insgesamt vereinfachen und die monatlichen Förderhöchstbeträge für Unternehmen und Soloselbständige deutlich anheben." Zusätzlich will sich die Bundesregierung bei der Europäischen Kommission für eine Anhebung der beihilferechtlichen Höchstsätze einsetzen.
"Der Bund wird die Abschlagszahlungen deutlich anheben und direkt vornehmen. Die Länder werden die regulären Auszahlungen bewerkstelligen. Nachdem der Bund die Voraussetzungen geschaffen hat, werden Bund und Länder die Auszahlungen so schnell wie möglich realisieren", heißt es im Beschluss. Abschlagszahlungen sollen im Februar erfolgen. Die Insolvenzantragspflicht wird bis Ende April ausgesetzt.
Konsequenter Gesundheitsschutz gefordert
Hans Peter Wollseifer Foto: © ZDH/SchueringEs sei eine wichtige Nachricht für viele Handwerksbetriebe und ihre Beschäftigten, dass es erst einmal nicht zu einem kompletten Wirtschafts-Lockdown kommt, sagt Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer. "Damit ein solch harter Lockdown auch künftig ausgeschlossen bleibt und damit - im Gegenteil - die derzeit geschlossenen Handwerksbetriebe endlich wieder arbeiten können, kommt es jetzt umso mehr auf konsequenten Gesundheitsschutz an."
Er mahnt eine schnelle Auszahlung von Hilfen an die geschlossenen Betriebe an. "In den kommenden Wochen muss neben der weiter nötigen Pandemie-Eindämmung alles daran gesetzt werden, eine gesunde und widerstandsfähige Wirtschaft zu erhalten und zu verhindern, dass tausendfach Betriebe kollabieren und Arbeits- und Ausbildungsplätze verloren gehen." Außerdem fordert er eine "deutliche Ausweitung der Corona-Testungen".
Appell an alle Betriebsinhaber
Wollseifers Appell an alle Betriebsinhaber und Beschäftigten: Sie sollen mit ihrem Verhalten im beruflichen wie privaten Umfeld dazu beizutragen, das Infektionsrisiko weiter zu verringern. Zum Schutz der Betriebe und der dortigen Arbeitsplätze sei es wichtig, konsequent die notwendigen Hygiene- und Abstandsvorgaben zwingend einzuhalten und immer dort, wo es die Abläufe zulassen, Homeoffice zu ermöglichen. Dabei kritisiert er allerdings die vorgesehene Verpflichtung zum Homeoffice mit entsprechenden Sanktionen.
Das Handwerk begrüße, dass die Bund-Länder-Beschlüsse jetzt eine einfachere und vor allem schnellere Auszahlung von Hilfen für betroffene Betriebe ausdrücklich vorsehen. Entscheidend sei nun, dass die Gelder umgehend auf den Konten der betroffenen Betriebe sind. "Nur so kann es gelingen, den von der Politik geweckten Erwartungen tatsächlich gerecht zu werden. Ansonsten droht sehr viel Glaubwürdigkeit und Bereitschaft zur Unterstützung der Corona-Maßnahmen bei unseren Betrieben verloren zu gehen.“
"Friseurbetriebe stehen vor dem Aus"
Harald Esser Foto: © ZV Friseurhandwerk"Viele Friseurbetriebe stehen vor dem Aus. Ich befürchte eine Insolvenzwelle in unserem Handwerk in den nächsten Monaten, wenn den Betrieben nicht sofort geholfen wird“, erklärt Harald Esser, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Friseurhandwerks (ZV). "Die zugesagten Hilfen müssen passgenauer und schneller bei den Betrieben ankommen." Deswegen sei es richtig und wichtig, die Beantragung der Überbrückungshilfe zu vereinfachen.
Der ZV fordert eine schnelle Wiederöffnung der Friseursalons und begrüßt die Planungen für eine Öffnungsstrategie. "Um Schwarzarbeit zu verhindern, müssen die Friseure so schnell wie möglich wieder öffnen und in ihren Salons sichere Friseurdienstleistungen anbieten", so Esser. "Dies ist vor allem auch im Sinne der Pandemiebekämpfung geboten. Nur in professionellen Salons sind Friseurdienstleistungen heutzutage sicher."
Kfz-Gewerbe ist enttäuscht
Thomas Peckruhn Foto: © ProMotor"Mit der Verlängerung des Lockdowns wird die Schraube wieder ein Stück weitergedreht und erhöht den wirtschaftlichen Druck auf die mittelständisch geprägten Automobilhändler“, erklärt Thomas Peckruhn. "Wir benötigen jetzt aber sehr schnell eine Perspektive für das existenziell wichtige Frühjahrsgeschäft“, so der Vizepräsident des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe.
Es sei momentan kaum möglich, das Volumen der Fahrzeugbestellungen für das Frühjahrsgeschäft zu kalkulieren. "Bleiben die Händler auf georderten Autos sitzen, reden wir hier bundesweit über drohende finanzielle Belastungen in Milliardenhöhe", warnt Peckruhn. Er fordert zusätzliche Entschädigungen für den Autohandel. Noch sinnvoller sei es jedoch, die Autohäuser schnell wieder zu öffnen.
Handwerker bevorzugt impfen
Garrelt Duin Foto: © Arne Schröder / Handwerkskammer zu KölnGarrelt Duin, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer zu Köln, fordert eine Bevorzugung von Handwerkern, die eine systemrelevante Tätigkeit ausüben, bei der Impfung. "Wer sich in theoretischen Diskussionen übers Homeoffice verliert, verkennt, dass kaum ein Handwerksbetrieb diese Möglichkeit praktisch in Anspruch nehmen kann: Wenn die Heizung ausfällt, nützt eine Videokonferenz herzlich wenig – und das Brot kann der Bäcker auch nicht am heimischen Ofen backen"
Spätestens bei der Priorisierung weiterer Impfungen müsse die Politik diejenigen bevorzugen, die systemrelevante Tätigkeiten ausführen: "Unsere Handwerkerinnen und Handwerker stehen jeden Tag ihre Frau und ihren Mann, auch im Sinne des Gemeinwohls. Dies muss durch eine frühere Impfung als bei denen, die sicher zu Hause arbeiten, auch belohnt werden.“
Konsequenter Gesundheitsschutz weiter nötig
Berthold Schröder Foto: © HWK DortmundEs komme auch weiterhin auf konsequenten Gesundheitsschutz an, sagt Berthold Schröder. Dass es zunächst nicht zu einem kompletten Wirtschafts-Lockdown kommt, ist eine wichtige Nachricht für viele Handwerker. Dennoch bringt die Verlängerung des Lockdowns unsere Betriebe zunehmend in Existenznot", erklärt der Präsident der Handwerkskammer Dortmund.
Auch im bisher relativ stabilen Bau- und Ausbaubereich würden die Auftragspolster dünner. Schröder begrüßt daher die angekündigten Verbesserungen der Überbrückungshilfen III. "Die Unternehmen müssen sich auf die Unterstützung der Politik in dieser schwierigen Zeit verlassen können. Ebenfalls benötigen die Betriebe eine klare Perspektive für die kommenden Monate. Das angekündigte Konzept für eine sichere und gerechte Öffnungsstrategie ist hierfür der richtige Ansatz.“
Öffnungsstrategie nicht nur von der Inzidenz abhängig machen
Das Handwerk in Baden-Württemberg ist froh, dass es vorerst nicht zu einem kompletten Lockdown für die Wirtschaft kommt. "Andererseits bedeuten sie für die bereits geschlossenen oder mittelbar betroffenen Betriebe weitere Wochen harter Einschnitte und Existenzangst", sagt der Präsident des Baden-Württembergischen Handwerkstags (BWHT), Rainer Reichhold.
Deswegen sei die angekündigte Öffnungsstrategie wichtig für die Betriebe. "Es darf aber nicht sein, dass die Umsetzung einer solchen Strategie alleine von einer Inzidenz unter 50 abhängig gemacht wird, wie es im Beschluss heißt. Kammern und Verbände haben der Landesregierung bereits angeboten, an einer Exit-Strategie für die Wirtschaft mitzuarbeiten", so Reichhold.
Maßnahmen auf Wirksamkeit prüfen
"Statt ständig Maßnahmen zu verschärfen und zu hoffen, dass die Infektionszahlen zurückgehen, sollten die bestehenden Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit untersucht werden", fordert Michael Wippler, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks. "Viele Innungsbäcker sind durch die staatlich angeordnete Schließung der Cafés und Außenbereiche extrem belastet. Das bringt die Betriebe zunehmend in eine wirtschaftliche Schieflage", erläutert Daniel Schneider, Hauptgeschäftsführer des Verbands.
Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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