Bei der sich anbahnenden Energiekrise zähle jede eingesparte Kilowattstunde, sagt Andreas Ehlert.

Bei der sich anbahnenden Energiekrise zähle jede eingesparte Kilowattstunde, sagt Andreas Ehlert. (Foto: © kebox/123RF.com)

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Gasknappheit – Worauf es jetzt ankommt

"Wir müssen uns auf eine echte Gasknappheit einstellen – mit allen negativen Folgen", sagt NRW-Handwerkspräsident Andreas Ehlert. Die Politik bereite sich vor, aber noch fehle ein schlüssiges Gesamtkonzept.

Die hohe Abhängigkeit von russischem Gas wird uns in diesen Tagen noch einmal dramatisch vor Augen geführt. Zwar ist die Pipeline Nord Stream 1 nach Ende der Wartungsarbeiten wieder in Betrieb gegangen – allerdings wurde die Auslastung willkürlich auf gerade einmal 20 Prozent abgesenkt. Deutschland steuert damit auf unsichere Zeiten zu. Ob Russland den Gashahn nicht spätestens im Winter ganz zudreht, kann niemand vorhersagen.

Gasknappheit droht

Andreas Ehlert Foto: © Ingo LammertAndreas Ehlert Foto: © Ingo Lammert

Deshalb ist klar: Wir müssen uns auf eine echte Gasknappheit einstellen – mit allen negativen Folgen für unsere Wirtschaft, die privaten Haushalte und unseren Wohlstand. Die Bundesregierung setzt zurzeit zahlreiche Hebel in Bewegung, um unser Land auf diesen Ernstfall vorzubereiten. Trotzdem fehlt ein schlüssiges Gesamtkonzept und vor allem auch die letzte Konsequenz.

Handwerk will Impulse setzen

Das Handwerk ist Experte fürs Energiesparen. Rund 30 unserer Gewerke vom Anlagenmechaniker bis zur Schornsteinfegerin arbeiten jeden Tag in der Praxis an der Energieeffizienz unserer Gebäude. Als Ausrüster und Kompetenzträger der Energiewende kann und will das Handwerk deshalb wichtige Impulse in die aktuelle Debatte einbringen. Drei Punkte, auf die es aus unserer Sicht jetzt ankommt:

1. Alle Einsparpotenziale nutzen

Die schrittweise Umstellung der Energieversorgung ist notwendig und überfällig. Trotzdem werden russisches Gas nicht von heute auf morgen ersetzen können. Kurzfristig hilft deshalb nur eins: Energie sparen! Jeder Kubikmeter, den wir jetzt nicht verbrauchen, kann in die Befüllung der Gasspeicher fließen. Und im Falle eines Gasnotstands gilt: Jeder Kubikmeter, den die Privathaushalte sparen, muss in der Industrieproduktion nicht rationiert werden. Gerade im privaten Bereich, der für 30 Prozent des Gasverbrauchs steht, sind die vollen Einsparpotenziale noch längst nicht ausgeschöpft.

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Deshalb wäre eine politische Deckelung der Gaspreise jetzt der falsche Weg. Denn hohe Preise haben immer auch eine Lenkungsfunktion und bieten einen starken Anreiz, Energie einzusparen. Eine Deckelung würde dieses Preissignal aushebeln. Zudem kann die Politik die Gaspreissteigerungen nicht vollständig und dauerhaft für alle durch staatliche Eingriffe auffangen. Stattdessen sollte sie Menschen mit geringem Einkommen notfalls durch weitere Zuschüsse unterstützen und sich vor allem darauf konzentrieren, die Ursachen der Knappheit schnellstmöglich zu beseitigen. Heißt konkret: Alternative Energien nutzen und neue Lieferquellen erschließen.

Beim Energiesparen sollte ein Anreizsystem mit finanziellen Prämien für besonders sparsame Haushalte im Mittelpunkt stehen. Ein solches Modell, wie es etwa die Ökonomin Veronika Grimm vorschlägt, überzeugt durch seine Einfachheit. Wer seinen Gasverbrauch um einen vorgegebenen Prozentsatz reduziert, bekommt die Prämie. Und wer spart, aber die Schwelle zur Prämie nicht erreicht, darf sich trotzdem über eine geringere Gasrechnung freuen. In jedem Fall entsteht eine konkrete Motivation, alles auf den Prüfstand zu stellen und wo immer möglich einzusparen. Denn genau das brauchen wir jetzt: Lust aufs Energiesparen und viele kreative Sparideen!

2. Technologieoffene Lösungen

Um von fossilen Energieträgern aus Russland weg zu kommen, forciert die Bundesregierung derzeit den Einbau von Wärmepumpen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will ab 2024 eine halbe Million neuer Wärmepumpen pro Jahr. Zur Einordnung: 2021 wurde gerade einmal 150.000 Wärmepumpen in Deutschland installiert. So gut und richtig diese Offensive auch ist, so ist die Wärmepumpe nicht immer die beste Lösung. Denn vor allem im Bestand bietet nicht allein die Wärmepumpe, sondern vor allem die energetische Sanierung der Gebäudehülle die größten Einsparpotenziale.

Neue Fenster und eine moderne Dämmung senken den Energiebedarf sofort und nachhaltig. Und gerade bei Bestandsbauten – dem schlafenden Riesen der Klimawende – können durch kluge Maßnahmen die stärksten Effekte erzielt werden. Hinzu kommen massive Lieferprobleme bei Wärmepumpen. Wer heute bestellt, hat Glück, wenn er in sechs Monaten beliefert wird. Primär auf Wärmepumpen zu setzen, ist deshalb eindeutig zu kurz gesprungen. Es sollte immer ein Fachmann technologieoffen über individuelle und passgenaue Maßnahmen entscheiden. Genau hier liegt die Stärke des Handwerks: Vor Ort mit Sachverstand die effizienteste Lösung für jedes Gebäude zu finden.

3. Keine Denkverbote

In einer Krise darf es keine Denkverbote geben. Eine Verweigerungshaltung aus rein parteipolitischen Gründen ist zurzeit fehl am Platz – das Gebot der Stunde heißt Pragmatismus. Es ist deshalb richtig, dass die Bundesregierung kurzfristig wieder stärker auf Kohle und Öl zur Stromproduktion setzt, um den Gasverbrauch zurückzufahren. Das allein reicht aber nicht. In einer Ausnahmesituation muss alles, was hilft, auf den Tisch. Dazu gehört ein befristetes Tempolimit genauso wie die temporäre Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke oder die Umrüstung der historischen Gaslaternen in Düsseldorf auf LED-Technologie.

Es ist doch verrückt, dass sich die Landeshauptstadt aus Nostalgie noch immer 14.000 Gaslaternen mit jeweils mehr als 1.100 Watt für Licht im öffentlichen Raum leistet, während man mit LED-Technik mit nur 24 Watt exakt den gleichen Effekt erzielen kann. Für mich ist klar: Wenn es hart auf hart kommt, zählt jede Kilowattstunde. Und jeder muss seinen Beitrag leisten.

Der Autor ist Präsident von Handwerk.NRW

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Text: / handwerksblatt.de

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